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Gemünden
"Das macht man mit einem Mandanten nicht"
Ein Rechtsanwalt aus dem Landkreis wurde am Donnerstag am Amtsgericht Gemünden vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Ohne eine scharfe Rüge kam er dennoch nicht davon.
Michael Fillies
Michael Fillies
 |  aktualisiert: 02.04.2019 15:19 Uhr

Straffrei ist ein vermutetes Schwarzes Schaf der Anwaltszunft am Donnerstag am Amtsgericht Gemünden davongekommen. Zwar hatte der Oberstaatsanwalt am Ende des fünfstündigen Verfahrens eine Geldstrafe für den Rechtsanwalt wegen Untreue gegenüber einem Mandanten beantragt, dem aber vermochte Einzelrichterin Karin Offermann nicht zu folgen - zu ihrem Bedauern, wie sie ausdrücklich in der Urteilsbegründung bekundete.

Zuvor hatte der angeklagte 58-jährige Jurist die Geduld des Gerichts mit wortreichen, sich wiederholenden Erklärungsversuchen seines Tuns strapaziert, wobei jede folgende Erläuterung den Fall immer weiter verschleierte. "Der war sehr verschachtelt", meinte der Angeklagte: Er hatte 2013 das Mandat für einen Arbeiter übernommen, der eine Leistung seiner Unfallversicherung bekommen wollte, und hatte dafür sowohl dem Mann als auch dessen Rechtsschutzversicherung eine Rechnung über 668,30 Euro gestellt. Obwohl die Rechtsschutzversicherung nach anfänglicher Weigerung zahlte, beließ der Anwalt den Arbeiter zunächst im Glauben, sie weigere sich weiter, und nahm später noch einen Gerichtskosten-Vorschuss von 208 Euro.  

Gelder erstattet

Zur Gerichtsverhandlung kam es nie, erfuhr der Arbeiter Ende 2015 - aber nicht vom Anwalt, der ihn immer mit Ausflüchten hingehalten habe, sondern vom Gericht, bei dem er sich nach dem Stand seiner Sache erkundigt hatte. Daher, schilderte der Mann vor Gericht, schaltete er zur Klärung eine Rechtsanwältin ein, die das Geschäftsgebaren ihres Kollegen durchleuchtete. Letztlich ging es um insgesamt 1100 bis 1200 Euro, die ihr Kollege nach einigem Schriftwechsel und einem Zivilverfahren dem Arbeiter in Teilbeträgen erstattet habe, berichtete die Anwältin als Zeugin dem Gericht.

Ein ums andere Mal stellte der Angeklagte die Vorgänge als normal bzw. der mangelnden Mitarbeit des Mandanten und der widerspenstigen Rechtsschutzversicherung geschuldet dar. Zu deren Geldüberweisung sagte er beispielsweise: "Ich bestreite die Zahlung nicht, aber ich habe sie damals nicht wahrgenommen." Später führte er aus, die Auszüge der verschiedenen Bankkonten seiner Ein-Mann-Kanzlei nur unregelmäßig abzuholen und dann unsortiert in einer Schublade zu verwahren. Dem Oberstaatsanwalt platzte mehrfach der Kragen: "Entweder haben Sie komplett die Übersicht verloren oder Sie sind kriminell. (...) Wenn ich sagen würde, was ich denke, wäre ich wegen Beleidigung dran."  

"Lächerliche Kröten"

Am Ende kam der Ankläger zu dem Schluss, dass die Angelegenheit als Untreue zu werten sei, denn hätte sich der Arbeiter nicht an die Rechtsanwältin gewandt, hätte er nie sein Geld zurückbekommen. Gänzlich anders sah es der Beschuldigte, der sein Monatsnettoeinkommen mit 1500 Euro angab, in seinem Plädoyer: Über eine halbe Stunde schwadronierte er über die Schattenseiten seines Berufs,  "500 Euro sind ein paar lächerliche Kröten" für sechs oder acht Stunden Arbeitsaufwand und dafür, dass man dem "Terrorprinzip" und den "terroristischen Akten" der Rechtsschutzversicherung ausgeliefert sei. Der Oberstaatsanwalt und die Richterin fielen dem Anwalt hierbei ins Wort und verbaten sich den Terror-Vergleich und die Bezeichnung einiger 100 Euro als Kröten - für den Arbeiter sei das schließlich viel Geld.

Im Urteil erkannte Karin Offermann auf Freispruch, denn es sei dem 58-Jährigen nicht nachzuweisen, dass er die Mandantengelder dauerhaft habe einbehalten wollen. In der Urteilsbegründung aber las sie ihm die Leviten: "Ihr Verhalten war unter aller Kanone! Das macht man mit einem Mandanten nicht. (...) Deswegen aber kann ich Sie nicht verurteilen." Dass er seinen Mandanten über den Stand des Verfahrens nicht auf dem Laufenden gehalten hat, "ist eine Frechheit, schlampig!" Als der Gerügte zu einer Erwiderung ansetzte, verließen alle - Gericht und Zuhörer - den Saal. Eine Kommentierung durch den Angeklagten ist in der Prozessordnung nicht vorgesehen, sagte Offermann noch knapp.

 
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  • G. J.
    Gut gemacht Frau Offermann !
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