
Der Neubau des Klinikums Main-Spessart in Lohr steht noch lange nicht, aber die Zentralisierung schreitet zielstrebig voran. Ab 1. April wird der Landkreis alle seine Operationen am Hauptstandort in Lohr zusammenziehen.
Im Kreiskrankenhaus Marktheidenfeld wird dann nicht mehr operiert. Auch die externen Neurochirurgen ziehen nach Lohr um; sie halten aber noch Sprechstunden in Karlstadt und Marktheidenfeld.
In Karlstadt operieren allein noch die Belegärzte
Im Kreiskrankenhaus Karlstadt operieren nur noch die Belegärzte. Das Angebot von Hand- und plastischer Chirurgie durch die Uniklinik Würzburg in Karlstadt läuft ersatzlos aus. Sie hatte einen Verlust von 4500 Euro pro Patient verursacht. Im Jahr kam ein gutes Dutzend – mehr nicht.
Zentrale in Lohr: Alle anderen Notaufnahmen schließen

Gravierender: Zu alledem werden die Notaufnahmen von Karlstadt und Marktheidenfeld noch im ersten Halbjahr 2017 ans Kreiskrankenhaus Lohr verlagert; dort entsteht gerade eine Zentrale Notaufnahme. Das erläuterte Klinikreferent Gregor Bett am Dienstagmittag in einem Pressegespräch nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Kreistag-Werkausschusses und nach Personalversammlungen in Karlstadt, Lohr und Marktheidenfeld. In Marktheidenfeld bleibt die Innere Medizin.
Die Akutgeriatrie und die geriatrische Reha werden aufgestockt, denn die Altersmedizin soll an diesem Standort ausgebaut werden. In Karlstadt wird die Innere Medizin – wie die Chirurgie – ab April allein von den Belegärzten angeboten.
Ausbau in Lohr noch vor dem Neubau
Das Kreiskrankenhaus Lohr erhält bis April einen Linksherzkatheter, so dass Herzinfarkt-Patienten künftig auch im Landkreis versorgt werden können. Dazu wird eine Einheit aufgebaut, die sich mit Brustschmerzen befasst (Chest-Pain-Unit) und somit Herzinfarkte im Vorfeld erkennen und verhindern soll.
Alle Disziplinen an einem Ort
Ebenfalls neu in dieser Form wird ein Diagnostikzentrum, das alle vorhandenen Disziplinen vereint. Unabhängig von diesen Plänen des Klinikums wird die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns ihren Bereitschaftsdienst für den Main-Spessart-Kreis ab Sommer im Erdgeschoss des Kreiskrankenhauses Lohr zentralisieren.
Klinikreferent Bett begründete die umfassenden Schritte einer weiteren schnellen Zentralisierung ausführlich: Als ersten Beweggrund nannte er, eine „exzellente stationäre Medizin“ im Landkreis bieten zu wollen. Gerade mit Blick auf die Notaufnahmen in Karlstadt und Marktheidenfeld argumentierte er: „Im Notfall kann der Patient maximal nur in Lohr versorgt werden.“ Der medizinische Fortschritt und im Laufe dieses Jahres erwartete Gesetzesänderungen würden über kurz oder lang sowieso eine Zentralisierung erfordern. Deshalb wolle er rechtzeitig die Weichen stellen. Bett erklärte dazu, dass die Aufrechterhaltung einer Rund-um-die-Uhr-Notfallaufnahme schon heute schwer mit qualifiziertem Personal zu stemmen sei. In Marktheidenfeld sei zwar ein Assistenzarzt im Dienst, aber nicht ständig ein Facharzt.
Galoppierendes Defizit zwingt zum Handeln
Ein zweiter Grund, der den Landkreis zwingt, so schnell wie möglich seine stationären medizinischen Leistungen zu zentralisieren, ist das galoppierende Defizit. Für 2016 und für 2017 rechnet Bett mit jährlich über zehn Millionen Euro Verlust im Klinikum. Der Betrieb selbst war 2016 für ein Defizit von sechs Millionen verantwortlich. Dazu kommen rund vier Millionen Investitionen, vor allem in einen verbesserten Brandschutz im Kreiskrankenhaus Lohr.
Das reine Betriebsdefizit wird 2017 auf acht Millionen Euro steigen, vor allem verursacht durch tarifliche Steigerungen, aber auch durch neue medizinische Angebote.
Beachtlich sind die Verluste pro Patient nach Standorten gerechnet: In Lohr zahlt das Klinikum für jeden Fall 281 Euro drauf, in Karlstadt 667 Euro und in Marktheidenfeld gar 842 Euro, bilanzierte der Klinikreferent. Der Grund: Obwohl die Häuser unterschiedlich ausgelastet seien, müsse in allen dreien die entsprechende Infrastruktur aufrecht erhalten werden.
Was die Zukunft bringt
Wie wird es weitergehen? Bett zufolge wird Karlstadt nur noch als reines Belegkrankenhaus existieren können; der Landkreis zieht sich von dort zurück. Außerdem verlangt er künftig von den Belegärzten, dass sie die Kosten für die zurzeit sechs Assistenzärzte übernehmen, die bislang der Landkreis bezahlte. Sie sind immer dann im Krankenhaus im Dienst, wenn die Belegärzte in ihren Praxen arbeiten. Die Kosten dafür: momentan eine halbe Million Euro im Jahr.
Zentrum für Altersmedizin
In Marktheidenfeld sollen die Innere Medizin, die Akutgeriatrie und die Geriatrische Reha bis zur Neubau-Eröffnung 2023 bleiben. Dann sollen Innere und Akutgeriatrie nach Lohr umziehen. Noch in diesem Jahr werden die frei werdenden 27 Betten der Chirurgie der Geriatrie zugeschlagen.
Damit verliert Marktheidenfeld keines seiner 85 Betten. Der Ausbau der Altersmedizin schreitet also voran. Außerdem wird mittelfristig das Kreis-Seniorenheim Betten benötigen, weil der Gesetzgeber nach einer Übergangsfrist verlangt, dass das Heim zu drei Vierteln Einzelzimmer anbieten muss.