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Rieneck
Das Kaufhaus Welzenbach in Rieneck schließt zum 1. April
Lore und Hermann Welzenbach vor dem Kaufhaus, das ab April nicht mehr 'ihr Geschäft' und zweites Zuhause sein wird.
Foto: K-H. Wiesenfelder | Lore und Hermann Welzenbach vor dem Kaufhaus, das ab April nicht mehr "ihr Geschäft" und zweites Zuhause sein wird.
Karl-Heinz Wiesenfelder
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:23 Uhr

Eine fast 70-jährige Ära des Rienecker Geschäftslebens endet bald: Ab 1. April wird es das Kaufhaus Welzenbach im Stadtkern nicht mehr geben.

Die Besitzer, Hermann und Lore Welzenbach, schließen das Haus neben dem Löwen, dem historischen Eck und der Kirche schweren Herzens. Das Alter von 75 Jahren lässt ihnen keine  Wahl, sagt Hermann Welzenbach. "Doch mir macht es richtig Angst, wenn ich daran denke, in einigen Wochen nicht mehr meinen Tag hier zu verbringen, wie ich es seit fast 50 Jahren tue." War das Kaufhaus in der Obertorstraße 2 sein zweites Zuhause.

Der Laden, der für Lore und Hermann Welzenbach seit 1972 mit zum Lebensinhalt wurde, kommt nun in andere Hände.
Foto: K-H. Wiesenfelder | Der Laden, der für Lore und Hermann Welzenbach seit 1972 mit zum Lebensinhalt wurde, kommt nun in andere Hände.

Für die Nahversorgung in Rienecker zeichnet sich allerdings eine Lösung in dem Laden ab. Der Arbeitskreis Nahversorgung befindet sich in der konkreten Phase der Umsetzung des Plans, darin ein Geschäft im Eigenbetrieb zu etablieren. Eine Bürgerversammlung dazu hat, wie berichtet, in der Kirche stattgefunden, und derzeit zeichnen Bürger Anteile an dem Dorfladen. Zudem haben die Beschäftigten Bereitschaft zur Weiterarbeit signalisiert. So bleibt es voraussichtlich, wenn auch unter anderem Namen und mit einem anderen Betreiber, beim Einkaufstreff  "beim Gretsche Hermann", wo schon Generationen vorher einkauften.

Kleiner Gemischtwarenladen

Oskar Küber betrieb nach dem Krieg an der Stelle des Kaufhauses einen kleinen Gemischtwarenladen, den er 1951 an Kaspar und Margarete Welzenbach verkaufte, die Eltern von Hermann Welzenbach. Die Geschäfte liefen gut und immer besser, sodass zehn Jahre später der Laden vergrößert wurde. Das alte, baufällige Haus wurde abgerissen, und ein Neubau für Lebensmittel im Erdgeschoss und Textilwaren im Obergeschoss errichtet.

"Ich war gerade 18 Jahre alt, aber schon voll gefordert, und schloss daneben noch meine Lehrausbildung als Dekorateur und als Handelskaufmann ab", erzählt Welzenbach. "Vorher, schon mit zehn, elf Jahren half ich nach dem Tod des Vaters im Geschäft, wo es nur ging." 1986 erwarb Hermann Welzenbach, seit 1972 mit Frau Lore Besitzer, das angrenzende Schulzehaus, das Badgassenhaus und die Fingerhutsscheune. Im Oktober 1990 kam ein Studio mit Matratzen, Gardinen und Fußbodenbelägen dazu. Im August 1987 veranstaltete Hermann Welzenbach den ersten Flohmarkt rund um sein Geschäft.

Bis 1951 verkaufte Oskar Küber seine Waren in dem Eckhaus, dann erwarben die Eltern von Hermann Welzenbach das Geschäft, die Ära Kaufhaus Welzenbach begann.
Foto: Sammlung Wiesenfelder | Bis 1951 verkaufte Oskar Küber seine Waren in dem Eckhaus, dann erwarben die Eltern von Hermann Welzenbach das Geschäft, die Ära Kaufhaus Welzenbach begann.

Inzwischen wurde das Angebot reduziert, für Bettwaren und Modeartikel fehlt die Kundschaft. Die Töchter Michaela und Carmen traten in Fußstapfen der Eltern und eröffneten Geschäfte in Marktheidenfeld und Würzburg. Dort, in der Spiegelstraße, sah man Hermann Welzenbach in seinem Matratzenstudio hinter der Ladentheke sitzen.

Voller Erinnerungen

Das Kaufhaus voller Winkel und Regale steckt auch voller Erinnerungen an nette Begebenheiten, Gespräche, Erlebnisse oder Aufregungen. Lachend erzählt er, was er alles für die Kunden besorgt hat, was ihm einen legendären  Ruf einbrachte. So lieferte er einmal eine Packung "Fliegenfänger" in den Irak.  Als der Lurze-Heiner am Stammtisch immer wieder sagte, wenn ich nur Mist für meinen Garten hätte, ließ das den Hermann nicht ruhen, bis er schließlich in Schaippach beim Dietrichs Hugo eine Fuhre besorgte.

Unvergessen ist aus den Anfangsjahren, wie er als Zwölfjähriger den Frauen BHs verkaufte: "Die Größe konnte ich abschätzen, und anscheinend haben sie alle gepasst." Eines Tages wunderte er sich, dass die Kinder der Familie Metz, Bianca, Sandra und Martina, mehrere Tage hintereinander jede Menge Oblaten kauften – sie spielten Messfeier daheim.

Im Stadtkern, am Anfang der Obertorstraße, verlief das Leben früher ruhig. Links der Laden von Oskar Küber.
Foto: Sammlung Wiesenfelder | Im Stadtkern, am Anfang der Obertorstraße, verlief das Leben früher ruhig. Links der Laden von Oskar Küber.

Zur Seite standen ihm stets treue Frauen und Mädchen, manche verbrachten das ganze Berufsleben bei den Welzenbachs im Laden, so wie Gertrud Kunz aus Burgsinn. "Als sie anfing, 1966, kamen vorher ihre besorgten Eltern und nahmen mir das Versprechen ab, dass ich dem Mädchen ja auch jeden Mittag eine warme Mahlzeit gebe", erinnert sich Hermann Welzenbach. Dass die heutige Belegschaft dem Laden, in welcher Form auch immer, weiter die Treue halten will, freut ihn besonders.

Hermann will sich nun mit Lore dem Radfahren, Wandern und Reisen widmen sowie sich um die Enkel und Urenkel kümmern. Wenn die Zeit reicht, will er auch mal in seinem früheren Laden vorbeischauen. Wie man den Hermann kennt, wird er sich diese Zeit gerne und öfter nehmen.

 
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