„Das ist Teufelszeug, das brauchen wir nicht“, bis hin zum Jubel gehen die Meinungen über die geplanten Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA). Über den Sachstand, Befürchtungen und Hoffnungen konnten Interessierte in einer Veranstaltung mit dem Gemündener SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel und der Münchener SPD-Bundestagsabgeordneten Claudia Tausend diskutieren.
„Doudrü g?hört geredt – ein Gesprächsabend mit Menschen, die etwas zu sagen haben“. Bereits zum zweiten Mal führte Rützel das Bürgerforum zu einem aktuellen politischen Thema durch. An die 100 Zuhörer waren dazu nach Langenprozelten ins Hotel „Zum letzten Hieb“ gekommen.
„Handelsabkommen gab es schon immer“, führte Bernd Rützel in die Thematik ein. Allein die Bundesrepublik Deutschland hat 138 derartige Abmachungen mit einer Reihe von Staaten getroffen. Doch so umstritten wie die geplanten europäischen Abkommen mit Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika war noch kein Vertragswerk.
Dabei erwies sich Claudia Tausend als kompetente Gesprächspartnerin. Bei der vergangenen Bundestagswahl zusammen mit Bernd Rützel zum ersten Mal ins Parlament eingezogen steht sie als Berichterstatterin im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union für den Bereich Handelspolitik tief in der Materie“.
„CETA ist schon seit dem vergangenen September fertig“, erklärte die Gastrednerin zum geplanten Vertragswerk mit Kanada. „Das ist kein reines Handelsabkommen sondern ein gemischtes Abkommen“, so Tausend. Weil noch von der SPD vorgeschlagene Änderungen eingearbeitet wurden und auch der Wechsel in der EU-Kommission stattgefunden hat, hat sich der Start des Abkommens verzögert. Rund 15 Monate beträgt die Verspätung. Einzurechnen ist noch der parlamentarische und bürokratische Weg.
„Die Verhandlungen gehen überhaupt nicht zügig voran“, informierte die Handelspolitikerin über den Stand des TTIP-Abkommens mit den USA. „Ich kann Ihnen die Sorge nehmen, dass alles so kommt, wie es in der Öffentlichkeit beschrieben wird“, sah Claudia Tausend keinen Grund zur Panikmache. Für die USA stehen jetzt erst einmal die Vorbereitungen zur Präsidentschaftswahl an erster Stelle. Auch im nächsten Bundestagswahlkampf wird „das nicht das Top-Thema der SPD sein“. Bis dahin haben die Verhandlungspartner noch eine Menge Arbeit zu bewältigen. So werden „Positiv- und Negativlisten“ erstellt, deren Punkte in einem späteren Abkommen ihren Niederschlag finden sollen. Während vor allem die Automobilindustrie und spezialisierte Mittelstandsbetriebe in Europa und Deutschland die Gewinner sein werden, sind Landwirte weniger an dem Abkommen mit den USA interessiert.
„Das wird mit Sicherheit nicht kommen“, mit diesen Worten gab Claudia Tausend Entwarnung für Befürchtungen, der deutsche Markt könnte mit „Hormonfleisch“ aus den USA überflutet werden.
Bedenken wurden von den Veranstaltungsteilnehmern insbesondere wegen der bisher stets geheim geführten Verhandlungen vorgebracht. Auch befürchteten einige die Beibehaltung der Trinkwasserversorgung in kommunaler Hand könnte dem Abkommen geopfert werden. In der harten Kritik stand auch die immer wieder durchgesickerte Unkündbarkeit des Vertrages. „Es gibt keine Ewigkeitsklausel“, gab in diesem Punkt Claudia Tausend Entwarnung.
„Die USA haben derzeit ein Außenhandelsdefizit von 750 Milliarden US-Dollar im Jahr. Das werden die hier in Europa nicht noch vergrößern wollen“, sah ein Besucher „nichts Gutes für uns“ im vorgesehenen Abkommen. Seiner Meinung nach werden durch den Vertrag in Europa nicht mehr Arbeitsplätze entstehen. So wurde aus dem Publikum heraus auch gewarnt, bei „solchen politischen Kaffeefahrten Werbung für Abkommen zu machen, bei denen eine Handvoll Konzerne die Gewinnen schaufeln und sich gegenseitig in den Hals schieben“. So stehen über den Abkommen noch sehr viele „Soll, Wenn, Aber, Sollte und Dürfte“.