"Als hätte man einen Schalter umgelegt – die Besucher waren auf einmal voll des Lobes", erinnerte sich Erika Pott, die Patientenfürsprecherin des Klinikums Main-Spessart, an den Tag der offenen Tür des Krankenhauses Lohr im September 2017. Sie übt die ehrenamtliche Tätigkeit seit November 2012 aus und berichtete dem Kreistag über die Jahre von 2016 bis 2018.
Dabei stellte sie heraus, dass sie das Jahr 2017 anders herausforderte als die vier davor. Gab es im Frühjahr doch "Paukenschläge": Erst die Schließung der Chirurgie in den Krankenhäusern Karlstadt und Marktheidenfeld, am 31. März 2017 wurden auch noch die Notaufnahmen an beiden Krankenhäusern geschlossen. Da machten sich viel Bürger und ehemalige Patienten Luft. Die laufenden Arbeiten in Sachen Brandschutz in Lohr führten zu "ausgelagerten Patienten" in Stationen anderer Fachgebiete, was schon 2016 viele Patienten kritisiert hatten. Auch das Entlassungsmanagement klappte nicht immer perfekt – manchen Patienten kommt die Entlassung zu kurzfristig, andere vermissten das Abschlussgespräch mit dem Arzt. Allerdings wurden manche Abschlussgespräche auch nicht als solche erkannt.
Mit eingewachsenem Zehennagel in die Notaufnahme
Kritisiert wurde 2017 die Wartezeit in der zentralen Notaufnahme in Lohr, dazu gab es sieben Gespräche mit der Patientenfürsprecherin. Als ehemalige Pflegedirektorin weiß diese allerdings auch, dass die Notaufnahme manchmal missbraucht wird – bis hin zum eingewachsenen Zehennagel.
Doch dann kam der Tag der offenen Tür am Krankenhaus Lohr und es gab viel Lob. Der dritte Paukenschlag ließ aber nicht lange auf sich waren. Im Sommer 2017 wurde die onkologische Tagesklinik im Krankenhaus Lohr geschlossen. Die Schließung des Krankenhauses Karlstadt verlief dagegen erstaunlich ruhig. In den letzten Monaten des Jahres wurden die Gespräche mit Patienten wieder positiver. Den Abschluss bildete der positive Paukenschlag, dass das Klinikum akademisches Lehrkrankenhaus der Uni Würzburg wird.
Manche Patienten rauchen den ganzen Tag
Generell ähnelt sich die Kritik der Patienten in jedem Jahr. Für 2016 nannte Erika Pott auch je fünf Gespräche über die Kommunikation Arzt und Patient sowie der Versorgung durch Pflegedienste. Neun Patienten fehlte das Wissen zu den normalen Abläufen in einem Krankenhaus oder einer Rehaklinik. In sieben Gesprächen ging es um die Patientenbetreuung in der Klinik und danach, ein Problem besonders bei Urlaubern, die in die Klinik müssen. Fünfzehn mal konnte die Fürsprecherin Missverständnisse ausräumen, vier mal klärte sie über Patientenrechte und -pflichten auf. So gebe es Patienten, die praktisch den ganzen Tag draußen beim Rauchen seien.
Praktisch keine Kritik, sondern oft Lob gibt es zum Essen in der Klinik. Auch in den Fragebögen, die bei der Entlassung ausgefüllt werden können, gibt es sehr häufig Lob. Persönliches Lob (per Telefon, namentlich oder anonym) kam 2016 von 38 und 2018 von 42 Patienten. Wie bei den Beschwerden sei zu bedenken, dass jedes Jahr zwischen 10 000 und 12 000 Patienten stationär behandelt werden. Zu sehen bekommt Erika Pott nicht alle Fragebögen, sondern nur solche mit individuellen Anmerkungen (Lob oder Kritik).
Grippewelle führte zu Überbelegung
Im Frühjahr 2018 führte die Grippewelle zu mehr Beratungs- und Aufklärungsbedarf, manche Patienten wurden per "Zusatzbett" in die Krankenzimmer geschoben, was für Unzufriedenheit zud viele Gespräche sorgte. Andererseits handhabten das damals viele Krankenhäuser so und etliche hatten bereits Aufnahmestopp.
Im Rahmen der MSP-Expo und der Fragebogen-Aktion "Ihre Meinung ist gefragt" hätten sich viele informative Gespräche ergeben. Besonders interessant findet Erika Pott, was sich junge Menschen bei einem Krankenhausaufenthalt wünschen.
"Wir sind gut vernetzt", berichtete sie von den jährlichen Tagungen in den Gesundheitsministerien in München (Bayern) und Berlin (Bundesebene). Abschließend hob sie die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Klinikleitung, dem Direktorium, den Geschäftsleitungen, Chefärzten und Mitarbeitern vor Ort hervor. Dadurch konnte sie gut zwischen den Patienten samt Angehörigen und dem Klinikum vermitteln.
Am Ende sprach Landrat Thomas Schiebel für alle Kreisräte: "Sie füllen diese Aufgabe hervorragend aus und ich habe den Eindruck, das hält Sie auch jung."
Zustände der KVB-Praxis in Lohr "nicht zumutbar"?
Als "kurze Anfrage" bemerkte Heinz Nätscher, er vermisse einen Bericht zur Bereitschaftspraxis in Lohr. Die derzeitigen Zustände seien nicht zumutbar und dürften vom Kreistag nicht hingenommen werden. Landrat Thomas Schiebel versprach, bei der kassenärztlichen Vereinigung um einen Erfolgsbericht anzufragen.
Anmerkung der Redaktion: Pott ist ehemalige Pflegedirektorin, nicht Klinikärztin. Die falsche Angabe wurde nachträglich korrigiert.