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GEMÜNDEN
Das Gemündener Gymnasium pflegt eine einzigartige Partnerschaft
Reger Schulaustausch: Walter Fronczek (FLG-Schulleiter), Sigrid Machann (Lehrerin am FLG), Jürgen Schwarzbach (Loyola-Gymnasium), Pater Walter Happel (Schulleiter Loyola-Gymnasium) und Jürgen Endres (Lehrer am FLG).
Foto: Ferdinand Heilgenthal | Reger Schulaustausch: Walter Fronczek (FLG-Schulleiter), Sigrid Machann (Lehrerin am FLG), Jürgen Schwarzbach (Loyola-Gymnasium), Pater Walter Happel (Schulleiter Loyola-Gymnasium) und Jürgen Endres (Lehrer am FLG).
Das Gespräch führte Ferdinand Heilgenthal
 |  aktualisiert: 19.10.2020 11:07 Uhr

Die meiste Zeit des Jahres lebt der Jesuitenpater Walter Happel im Kosovo, wo er in Prizren vor sieben Jahren das Loyola-Gymnasium mit einem Internat für Mädchen und Jungen gegründet hat. Kürzlich besuchte der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Schuldirektor zum ersten Mal das Friedrich-List-Gymnasium (FLG) in Gemünden, das mit dem Loyola-Gymnasium seit drei Jahren eine Partnerschaft mit Schüleraustausch pflegt. Schuldirektor Pater Happel ist ein guter Kenner der jungen Republik Kosovo und informiert über die Schule und die Situation im Land.

Frage: Etwas provokant gefragt: Warum sollte eine Schule in Deutschland eine Partnerschaft mit einer Schule im Kosovo pflegen?

Pater Walter Happel: Warum nicht? Für uns hat der Schüleraustausch mit dem Friedrich-List-Gymnasium einen hohen Stellenwert: Er gibt unseren Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, zu reisen und damit eine andere Kultur kennenzulernen. Es ist unglaublich, aber aufgrund geltender Visabestimmungen ist dies sonst nahezu unmöglich. Umgekehrt weiß ich auch aus den Gesprächen mit deutschen Teilnehmern der Vorjahre, dass sie von diesem kulturellen Austausch sehr profitiert haben.

Mit wie vielen Schulen pflegen Sie Partnerschaften und Austausch?

Pater Happel: Wir haben noch eine andere Schulpartnerschaft mit dem Thomas-Morus-Gymnasium in Oelde. Hier liegt das Hauptaugenmerk allerdings auf der Fortbildung von Lehrkräften. Der Schüleraustausch mit dem Friedrich-List-Gymnasium ist so gesehen einzigartig.

Gibt es auch andere Schulen im Kosovo, die Partnerschaften in Deutschland und in anderen Ländern unterhalten?

Pater Happel: Meines Wissens nach sind wir die einzige Schule, die einen solchen Kontakt pflegt.

Wie kann man Sie und ihre Schule unterstützen?

Pater Happel: Es ist wie überall: Ohne Geld geht nichts. Wir sind auf Stipendien und Spenden angewiesen, um Schülern, deren Eltern sich den Schul- oder Internatsbesuch nicht leisten könnten, bei uns aufzunehmen. Noch wichtiger scheinen mir aber Beziehungen, die Kreise ziehen. Man muss das Kosovo und die Menschen, die dort leben, ins Bewusstsein holen.

Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung am Loyola-Gymnasium?

Pater Happel: Ja. Unsere Schülerzahlen steigen. Wir haben eine unbefristete Lizenz für die Schule erhalten, worin sich auch die Wertschätzung durch den Staat ausdrückt. Dank einer Ausbildungsinitiative konnten wir auch die Nachsorge verstärken. All dies macht unsere Schule attraktiv im Land. Besonders hervorheben möchte ich zudem das Wir-Gefühl im Kollegium.

Wie beurteilen Sie die aktuelle politische Lage und wohin geht die Entwicklung des Landes?

Pater Happel: Fortschritte lassen sich leider nur an der Oberfläche erkennen. So flossen viele Mittel etwa in die Verbesserung der Infrastruktur. Wirtschaftlich hingegen muss man nach wie vor von Stillstand sprechen. Auch die Korruption ist ein anhaltendes Problem.

Wie groß ist der politische Einfluss anderer Nicht-EU-Länder wie Serbien, Türkei, Russland?

Pater Happel: Serbien hat keinen Einfluss, obwohl ein Großteil der Lebensmittel von dort und aus der Türkei kommt. Nicht unbedeutend hingegen ist der Einfluss der islamisch-arabischen Welt: Seit Ende des Krieges wurden mit Mitteln von dort über 200 Moscheen errichtet, in einem Land, das weniger als zwei Millionen Einwohner zählt. Auch über Koranschulen hält diese Einflussnahme an.

Wie werden das Engagement Deutschlands und Ihr Einsatz im Besonderen im Kosovo bewertet?

Pater Happel: Alles, was deutsch ist, ist in der Einschätzung der Kosovaren gut. Das Ministerium und die Elternschaft bringen uns eine hohe Wertschätzung entgegen. Wir gelten als „die deutsche Schule“, obwohl wir das gar nicht sind. Leider erleben wir aber auch Anfeindungen aus islamischen Kreisen. Im Islam zählt die Gemeinschaft, am Loyola-Gymnasium versuchen wir, die Schüler zu eigenständig denkenden Individuen zu erziehen. Die Bildung von Mädchen liegt mir besonders am Herzen.

Was müsste die Politik in Deutschland und Europa für das Kosovo tun?

Pater Happel: Statt in bester Absicht Milliarden in Infrastrukturmaßnahmen und Antikorruptionskampagnen zu stecken, bei denen das Geld anschließend versickert, sollte mehr in die Bildung investiert werden. Dabei geht es mir in erster Linie nicht um das Loyola-Gymnasium. Man muss bedenken: Das Durchschnittsalter im Kosovo liegt bei gerade mal 25 Jahren. Ein Großteil dieser jungen Menschen hat wegen fehlender Qualifikationen keine Chance auf einen Arbeitsplatz. Benötigt werden deshalb in erster Linie streng subventionierte Bildungsprogramme.

Wie stehen die Aussichten auf anhaltenden Frieden, was kann man von außen dazu beitragen und wie lange kann der Abbau der Feindseligkeiten und des Misstrauens unter den Volksgruppen dauern?

Pater Happel: Wie lange hat es gedauert, bis aus den alten Feinden Frankreich und Deutschland gute Freunde wurden? Wie lange dauerte es, bis sich die Deutschen mit der Oder-Neiße-Grenze abfinden konnten? Ich denke, dass momentan die KFOR psychologisch sehr wichtig für das Kosovo ist. Sie wirkt stabilisierend – nach innen und nach außen.

Spendenaktion für das Loyola-Gymnasium

Seit 2009 bestehen Kontakte zwischen dem FLG und dem Loyola-Gymnasium in Prizren (Kosovo). Zur Unterstützung der kosovarischen Schüler, die sich den Besuch des Gymnasiums, eine Unterbringung im von Franziskanerinnen geleiteten Internat oder die Teilnahme am Austausch mit der Gemündener Schule nicht leisten könnten, sammelt das Friedrich-List-Gymnasium gegenwärtig Spenden im Kollegium und bei den Schülern.

Das Durchschnittseinkommen im Kosovo beträgt zurzeit nur 250 Euro, der Schulbesuch am Loyola-Gymnasium in der 170 000 Einwohner zählenden Stadt Prizren kostet monatlich 80 Euro, die Unterbringung im Internat, das für Mädchen und Jungen offen steht, 170 Euro.

Wer helfen möchte, kann unter dem Kennwort „Gemünden hilft – Kosovo“ an das Friedrich-List-Gymnasium (Kontoinhaber) spenden. Auf Wunsch werden Spendenquittungen erteilt. Dazu sollte die Anschrift auf dem Überweisungsträger angeben werden: Kontonummer 380 010 348, BLZ 790 500 00 bei der Sparkasse Mainfranken Würzburg.


Erstes Treffen: Marina Fischer (Vierte von links) und Julius Mayer (Vierter von rechts) vom Gemündener FLG mit Schülern des Loyola-Gymnasiums  (in Schuluniform) bei dem ersten Besuch der Partnerschule in Prizren.
Foto: Sigrid Machann | Erstes Treffen: Marina Fischer (Vierte von links) und Julius Mayer (Vierter von rechts) vom Gemündener FLG mit Schülern des Loyola-Gymnasiums (in Schuluniform) bei dem ersten Besuch der Partnerschule in Prizren.
Moderne Schule: das 2005 gegründete Loyola-Gymnasium in Prizren, die Partnerschule des Friedrich-List-Gymnasiums im Kosovo.
Foto: Sigrid Machann | Moderne Schule: das 2005 gegründete Loyola-Gymnasium in Prizren, die Partnerschule des Friedrich-List-Gymnasiums im Kosovo.
 
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