Da saß die Maus schon direkt vor der Schnauze, doch die Katze war zu langsam. Die Katze steht in diesem Bildnis für das Finanzamt, die Maus ist ein heiß begehrter Bürobau schräg gegenüber des Amtsgebäudes in der Rexrothstraße: ein Gebäude mit 1000 Quadratmetern Nutzfläche und Platz für 62 Mitarbeiter – geradezu ideal gelegen für das Finanzamt in Lohr, das von Raumnöten geplagt wird. Doch die Mühlen der bayerische Immobilien-Verwaltung mahlten offenbar zu langsam: Das Gebäude schnappte der Glasofenbauer Sorg dem Finanzamt vor der Nase weg.
Vorher waren rund 60 Mitarbeiter der Bosch-Rexroth-Abteilungen Einkauf und Entwicklung in dem Gebäude. Diese waren im Mai ins Technologiezentrum oberhalb von Sackenbach umgezogen.
Behörden auch Herbergssuche
Seit der verpassten Chance ist "Immobilien Freistaat Bayern" auf Herbergssuche für das Finanzamt Lohr, das erhebliche Platzprobleme hat. Ein Anmietgesuch steht seit Juli im Internet: Gut 800 Quadratmeter "in räumlicher Nähe" zum Finanzamt, Mietbeginn "baldmöglichst", Mietdauer sieben bis zehn Jahre. Angebote bis Jahresende erbeten. Es seien auch einige eingegangen, bestätigte Finanzamtsleiter Frank Beifuß auf Nachfrage der Redaktion. Auch das jüngste sei aus wirtschaftlichen Gründen "keine Alternative" gewesen. Seit Jahresanfang heißt es nun in der Ausschreibung: "Angebote alsbald erbeten".
In dem 1992 erbauten Finanzamtsgebäude ist es eng geworden. Als Beifuß seinen Posten vor vier Jahren antrat, war er für rund 170 Mitarbeiter zuständig. Heute sind es 178, verteilt auf vier Standorte: jeweils rund 30 in den Außenstellen Karlstadt und Marktheidenfeld, knapp ein Dutzend Betriebsprüfer im Vermessungsamt und die Stammmannschaft im Haupthaus in Lohr. Gravierend ist aber die Zahl der Anwärter, die noch oben drauf kommen: Diese hat sich laut Beifuß seit seinem Amtsantritt von zwölf auf jetzt 47 erhöht, also nahezu vervierfacht. Damit beschäftige das Finanzamt Lohr "so viele Anwärter wie nie zuvor". Der Grund: ein Generationswechsel steht an.
Warum das Gebäude jetzt nicht mehr ausreicht
Dass der Platz im Hauptgebäude nicht mehr reicht, hat aber auch zwei weitere Ursachen: Zum einen wurde die Behördenverlagerung, die der damalige Finanz- und Heimatminister Markus Söder im Februar 2015 eingeleitet hatte, relativ flugs umgesetzt. Die Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts Nürnberg-Zentral mit 13 Stellen wurde bereits im Januar 2017 installiert.
Hinzu kommt schließlich noch, dass Betriebsprüfer, die bislang im Vermessungsamt ausgesiedelt sind, anderweitig untergebracht werden sollen: Sie sollen Platz machen für das BayernLab, das dort unter der Obhut des Vermessungsamts – heute offiziell "Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung – eingerichtet werden soll.
Da noch keine Lösung in Sicht ist, wird dessen Leiter Erhard Glaab quasi ausgebremst. Um dennoch voranzukommen, setzt er jetzt auf einen Zwei-Stufen-Plan: Er wird zunächst nur mit reduzierter Mannschaft in einem Teil der vorgesehenen Räume an den Start gehen.
Praxis für Ergotherapie zieht um
Ab Februar stehen dafür 270 Quadratmeter im Hochparterre zur Verfügung: Maria Baser, die mit ihrer Praxis für Ergotherapie nahezu 20 Jahre dort eingemietet war, ist diese Woche mit ihrer kompletten Mannschaft umgezogen. Die insgesamt fünf Ergotherapeuten, der Mototherapeut und der Logopäde Wolfgang Finke gehen ihrer Arbeit seit Montag in der Vorstadtstraße 16 nach, wo die 58-jährige Geschäftsführerin 190 Quadratmeter im ersten Stock angemietet hat.
Das Raumkonzept fürs Lohrer BayernLab – von den 13 geplanten in Bayern sind bislang sechs eröffnet, darunter auch das zweite unterfränkische in Bad Neustadt – liegt schon in München zur Unterschrift bei Finanz- und Heimatminister Albert Füracker. "Ich warte täglich auf Antwort", sagt Glaab. Dann könne das Staatliche Bauamt in die Detailplanung gehen und die Stelle des Leiters ausgeschrieben werden. Der soll dann auch mitreden bei der Besetzung zweier weiterer Stellen, die die Informationszentrale in Sachen Digitalisierung mit Leben erfüllen.
BayernLab kommt in zwei Etappen
Mit dem Umbau solle "möglichst noch heuer" begonnen werden, wünscht er sich, sodass das BayernLab "zeitig im Jahr 2020" eröffnet werden könne. Wobei der Umbau etwas verzwickter und aufwändiger werden dürfte, weil Glaab das Amtsgebäude in der Erthalstraße im Zuge dieser Arbeiten auch barrierefrei zugänglich machen will. Die beiden restlichen Personalstellen werden voraussichtlich erst dann besetzt, wenn weitere 150 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Dort sind dann drei Büros - eines davon für Gäste - und ein Raum für Workshops vorgesehen. Doch wann die Finanzbeamten ausziehen, steht derzeit noch in den Sternen.
Fläche für einen Anbau wäre da
Sollte sich auf dem Mietmarkt nicht noch ein geeignetes Objekt finden lassen, käme freilich auch ein Anbau in Frage. Das jetzige Finanzamtsgebäude beansprucht rund 1130 Quadratmeter des insgesamt 9300 Quadratmeter großen Areals. Auf seiner Südseite zur Bundesstraße 26 hin stünden noch gut und gerne 2000 Quadratmeter unbebaute Fläche zur Verfügung. Selbst wenn man noch weitere Parkplätze vorsehen müsste, könnte das für eine Erweiterung ausreichen.
Ist dies vielleicht eine Alternative zur weiteren Suche auf dem überschaubaren Lohrer Mietmarkt? "Das ist eine andere Frage", drückt sich Finanzamtschef Beifuß um eine klare Antwort, um dann doch zurückhaltend zu signalisieren: "Aus meiner Laiensicht gäbe es doch eine andere Lösung." Doch dafür sei zunächst das Staatliche Bauamt zuständig. "Der Prozess geht weiter."