
Simon Riethmann weiß, was gutes Backwerk ausmacht: Aussehen, Geruch, Geschmack sind entscheidend. Der 34-Jährige ist der erste Brotsommelier im Landkreis Main-Spessart und versteht sich als Bindeglied zwischen Brotgenuss und Brotgenießer. Grundlage ist sein umfangreiches Wissen über Brot, dessen Geschichte und Herstellungsweise.
"Als Brotsommelier ist man in der Lage, Brot wertig zu beschreiben. Dies manifestiert sich in der Weinheimer Brotsprache", sagt Simon Riethmann im Gespräch mit unserem Medienhaus. Für den Brotsommelier ist ein Brot mehr als "ja, schmeckt".
Perfekt zu Ziegenkäse
Bei der Umschreibung eines Fougasse de Provence kommt der Rechtenbacher so richtig ins Schwärmen: "Das ist eine Backware, die meine Erinnerung an einen Bauernmarkt in der Provence bei beginnendem Tag widerspiegelt", so Simon Riethmann. "Dieses helle, mit Kräutern und getrockneten Tomaten gewürzte Brot, ist die perfekte Ergänzung zu einem Ziegenkäse".
Die zart-weiche, im Farbspiel von Sandgelb bis Rehbraun mit Kräutern gespickte Kruste umschließe das wattig-weiche Innere, das mit einer glänzenden Porung nach dem Aufbrechen zum Vorschein komme. "Schließt man die Augen, trägt dich der erste Biss auf einer Wolke aus Kräutern und sonnengereiften Tomaten davon", beschreibt Riethmann das Brot aus Weizen-Natursauerteig unter Verwendung eines Biga, der italienischen Version eines Hefevorteigs.

Die Ausbildung zum Brotsommelier umfasst rund 500 Stunden im Präsenzunterricht und im Selbststudium. Dabei halfen ihm die Erfahrungen seiner Reise als Bäckermeister durch die Welt, die unter anderem nach Australien und Norwegen führte. Im Rahmen der Weiterbildung muss von den Ausbildungsteilnehmern neues Wissen zu Brot geschaffen werden. Dies wird in einer Projektarbeit mit einem Umfang von 40 bis 60 Seiten niedergeschrieben. Im Fall von Simon Riethmann war es die "Koji-japanische Technik der Fermentation", Basis für eine innovative Rohstoffbearbeitung.
Unvergesslicher Abschluss
Im Detail hat sich Riethmann damit beschäftigt, ob es möglich ist, auf der Grundlage von Koji einen Natursauerteig reifen zu lassen und natürliches Umami zu erzeugen. Neben weiterem brotspezifischem Wissen war der krönende Abschluss die Zeugnisübergabe bei Johann Lafer samt einem Kochkurs. "Ein unvergesslicher Abschluss", schwärmt der 34-Jährige.
Abseits des Regelwerks knüpfe man viele Freundschaften fürs Leben und könne so manchen Tagebucheintrag über die Erlebnisse immer wieder mit einem Schmunzeln lesen, sagt Riethmann. Die Weiterbildung habe viel Zeit und Nerven gekostet und bange Momente mit sich gebracht, doch es habe sich gelohnt.
Geschäft aufbauen
Simon Riethmann baut aktuell sein Geschäft als "Brotsommelier Simon" auf. Er darf er seine eigenen Teige in der Backstube von Bäckermeisterkollege Reiner Merz in Rechtenbach kneten und im Lauf des Jahres seine eigenen Kreationen einem breiteren Publikum zugänglich machen.
