Enorme Gewinnspannen sind im so genannten Restpostengeschäft an der Tagesordnung. Teile aus Überproduktion oder nach Modellwechseln lassen sich mit teileweise mehr als 1000 Prozent Aufschlag weiterverkaufen. Auch in der Automobilbranche. Ein derartiges Geschäft brachte jetzt einem Autoteilehändler eine Anklage wegen gewerblicher Hehlerei ein. Letzlich ging die Verhandlung glimpflich für ihn aus.
"Es gibt in Deutschland über 100 derartige Händler", skizzierte der 51-jährige Main-Spessarter die Händlerszene für Autoteile und Autozubehör. Sie kaufen, so wie er, etwa bei VW Teile auf, um sie sofort weiter an andere Händler oder Werkstätten zu verkaufen. Oder sie lagern sie ein und warten auf den Zeitpunkt für einen Verkauf, der mehr Gewinn verspricht.
Riesige Gewinnspannen bei Autoteilen
Wie lukrativ so ein Geschäft sein kann, machten der Angeklagte und sein Verteidiger an einigen Beispielen deutlich. Demnach verkauft VW über eine Gesellschaft Schaltgetriebe, die beim Händler etwa 10 000 Euro kosten, für 195 Euro. Turbolader wechseln statt für 1512 Euro für 99 Euro den Besitzer. Sollte ein VW-Fahrer eine neue Scheinwerfereinheit brauchen, zahlt er rund 665 Euro. Die Restpostenhändler erhalten ihn bereits für 30 Euro. "Diese Preise sind sogar noch verhandelbar", berichtete der Angeklagte.
Im März 2019 wurden dem Mann aus dem Landkreis, der sich auf Motorteile von VW spezialisiert hat, etwa 400 komplette Schalthebelabdeckungen zum Kauf angeboten, die für VW in der Türkei gefertigt worden waren. Der Stückpreis im Angebot lag bei 23 Euro, der Endpreis dann bei 193,50 Euro. Über das Internet suchte der Angeklagte nach Interessenten. Er versandte entsprechende Angebote an Händlerkollegen und Werkstätten. Auch die Firma "VW Classic-parts" erhielt so ein Angebot mit Fotos der Teile, auf denen auch das Fertigungsdatum zu sehen war.
Schalthebelabdeckungen waren wohl gestohlen
Die Fotos ließen bei VW die Alarmglocken schrillen, denn nur zwei Woche alte Teile werden im Regelfall nicht zum Verkauf angeboten. "Mindestens drei bis vier Monate alte Teile", berichtete ein von der Zentrale angereister Mitarbeiter, werden zum Kauf angeboten. Er hatte nach dem ungewöhnlichen Angebotseingang sofort die Konzernsicherheit eingeschaltet. Diese fand heraus, dass die angebotenen Teile aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Transportweg gestohlen worden waren.
Die vorgeworfene gewerbliche Hehlerei konnte dem Händler aus dem Landkreis nicht nachgewiesen werden, da es nicht zum Kauf und Verkauf der Schalthebelabdeckungen gekommen war. Aus diesem Grund beantragte sein Verteidiger auch eine Einstellung des Verfahrens gegen seinen Mandanten. Strafrichter Dr. Sven Krischker und auch die Staatsanwältin zeigten sich bereit, diesen Weg mitzugehen. Allerdings nur gegen eine Geldauflage.
Mit Zustimmung des Angeklagten und seines Verteidigers wurde das Verfahren schließlich vorläufig eingestellt. Die Geldauflage in Höhe von 1000 Euro kommt der Lohrer Tafel zugute.