Dass diese Entscheidung Konfliktpotenzial in sich birgt, war im Vorfeld klar. Und tatsächlich: Das Votum des Stadtrates, die letzte große freie Gewerbefläche im Industriegebiet Süd an den Lohrer Glasofenbauer Sorg zu vergeben, sorgt im Nachgang für einigen Wirbel. Nun kritisiert die Lohrer CSU die Kommunikation des Rathauses in dieser Sache.
Der in Lohr mit der Glashütte präsente Gerresheimer-Konzern hatte seiner Verärgerung über die Stadtratsentscheidung bereits vor einigen Tagen Luft gemacht. Er kündigte an, nun eine für 2020 in Lohr geplante Investition im höheren zweistelligen Millionenbetrag zu überdenken, da die Stadt den Zuschlag nicht der Gebr. Mayer GbR erteilt habe. Mayer hätte auf der Fläche eine Lagerhalle für Gerresheimer bauen und auch Dienstleistungen in der Nachsortieren anbieten wollen.
Nicht zum Zug gekommen war auch das Autohaus Grampp, das die Fläche unter anderem für die Auslieferungslogistik und Autoaufbereitung verwenden wollte.
Die Lohrer CSU kritisiert nun die Art, wie das Rathaus im Vorfeld und im Nachgang der Entscheidung gegenüber den drei beteiligten Unternehmen kommuniziert hat. Die Stadt habe die Entscheidung für Sorg der Presse mitgeteilt, noch bevor die betroffenen Unternehmen im Bilde gewesen seien, so die CSU. Zum Teil hätten Bewerber aus der Zeitung von der Entscheidung erfahren. »So geht man nicht mit Lohrer Unternehmen um«, wird Matthias Schneider, der CSU-Fraktionsvorsitzende, zitiert. Das Rathaus widerspricht dieser Darstellung.
Der Stadtrat hatte seine Entscheidung am Montagabend, 22. Juli, in nichtöffentlicher Sitzung getroffen. Die Entscheidung für Sorg war dabei überdeutlich. Das Gremium beauftragte die Verwaltung mit entsprechenden Verhandlungen.
Der Redaktion war bekannt, dass die Entscheidung anstand. Am nächsten Tag fragte sie daher im Rathaus nach. Pressesprecher Dieter Daus gab dabei keine Auskunft zum Ausgang der Entscheidung. Man müsse erst die Unternehmen informieren, so sein Argument. Bei einer neuerlichen Nachfrage eine Woche später, am 29. Juli, teilte Daus der Redaktion dann mit, dass Sorg den Zuschlag erhalten habe. Auch schilderte er in groben Zügen die Kriterien der Vergabe.
Wie Daus nun auf Nachfrage erklärte, hat die Stadt an alle drei Bewerber am Donnerstag, 25. Juli, Briefe verschickt. Darin sei über die Entscheidung informiert worden. Nachweislich hätten diese Nachrichten am Montag, 29. Juli, bei den Firmen vorgelegen, so Daus, also an dem Tag, an dem die Entscheidung auch der Redaktion mitgeteilt worden war. »Die Kritik von Stadtratsmitgliedern ist deshalb nicht gerechtfertigt«, so Daus.
Um mehrere Bewerber befriedigen zu können, regt die CSU in ihrer Pressemitteilung ein Aufteilen der 1,8 Hektar großen Fläche im Industriegebiet an. Im Stadtrat habe die CSU diese Idee »kurz angesprochen«, so Dirk Rieb, Bürgermeisterkandidat der CSU.
Rathaus-Sprecher Daus sagt dazu, dass die genaue Aufteilung der Fläche »selbstverständlich« Bestandteil der Verhandlungen mit Sorg sein werde. Dies sei auch im Stadtrat so besprochen worden. Auch habe man in den Schreiben an die nicht zum Zug gekommenen Unternehmen angekündigt, dass die Stadt versuchen werde, deren Flächenbedarf anderweitig in Lohr zu decken, so Daus.
Die CSU und ihr Bürgermeisterkandidat Rieb sind unterdessen der Ansicht, dass das Rathaus nicht genug mit örtlichen Unternehmen spricht. »Wir dürfen die Säulen unserer Wirtschaftskraft nicht wie Bittsteller behandeln«, sagt er. Natürlich seien in der Lohrer Talkessellage die Möglichkeiten neuer Gewerbeflächen begrenzt. Doch es sei »mit Kreativität vieles möglich«, sagt Rieb und nannte für mögliche neue Gewerbeflächen die Wiese unterhalb der Bahnlinie zwischen Sackenbach und Lohr oder auch das schon länger von der Stadt ins Auge gefasste Sandfeld neben dem Obi-Markt im Lohrer Süden. In beiden Fällen geht es nach Ansicht Riebs und der CSU zu schleppend voran.