In besonders schwierigen Zeiten kommt man manchmal auf außergewöhnliche Ideen. Eine davon setzte die Klasse 5a des Lohrer Gymnasiums in diesem Schuljahr um. Die Schüler schrieben im Rahmen des Englisch-Unterrichts Briefe in englischer Sprache an Bewohner eines Altenheims in Brixham. Sie wollten damit den dort wegen der Einschränkungen durch die Pandemie weitgehend isoliert lebenden älteren Menschen eine Freude machen und ein positives Zeichen setzen. Die Antworten zahlreicher Adressaten zeigten, dass ihnen dies gelungen ist.
Angeregt und auf den Weg gebracht hatte Oberstudienrätin Kathrin Emrich das Briefprojekt. Sie hatte von anderen Schulen gehört, die in der Vorweihnachtszeit persönliche Grüße an Bewohner von Altenheimen gesendet hatten. Diese soziale Geste im Rahmen des Unterrichts mit einer praktischen Übung im Fach Englisch zu verbinden, war allerdings eine neue Idee. "Als ich das der Klasse vorschlug, waren alle sofort begeistert", beschreibt die Englischlehrerin den Einstieg in das für alle ungewöhnliche Vorhaben.
Bestehende Kontakte genutzt
Bevor es losgehen konnte, musste die Klasse erst einmal ein Seniorenheim für die Briefaktion gewinnen. "Da haben uns die persönlichen Kontakte geholfen, die wir über viele Jahre im Zusammenhang mit dem Schüleraustausch zwischen dem Lohrer Gymnasium und der Torquay Girls' Grammar School in Devon aufbauen konnten", erklärt Kathrin Emrich. So konnte das Seniorheim Three Corners in Brixham als Ansprechpartner gefunden werden. "Die Heimleitung freute sich über unser Angebot und verteilte unsere Briefe unter Einhaltung der dortigen Hygienevorschriften an die Bewohner", berichtet die Gymnasiallehrerin.
Sofort nach der Zusage aus England schrieben alle Kinder ihre Briefe, in denen sie sich vorstellten und von sich, ihren Familien, Hobbys und der unterfränkischen Heimat berichteten. So übten sie genau das, was der Lehrplan vorsah. Damit es auch wie eine persönliche Geste wirkte, verfassten die Schüler ihre Briefe von Hand auf Briefpapier und verzierten sie mit Zeichnungen und Fotos. Der Entwurf eines solchen Schreibens, an dem sich jeder orientieren konnte, wurde von der Englischlehrerin der Klasse vorgelegt, denn sie sollten ja ganz nebenbei auch ihre Fremdsprachenkenntnisse anwenden und erweitern. Eine Hilfestellung war jedoch kaum nötig, denn die Schüler machten eine großartige Arbeit, so das Lob ihrer Lehrerin.
92-Jähriger antwortete
Richtig spannend wurde es für die Kinder, die eine Antwort auf ihr Schreiben per Post aus England erhielten. Damit hatten sie gar nicht alle gerechnet. Der Schüler Yannis Imhof aus Sendelbach schon. Er wartete ein paar Wochen auf einen Brief aus dem britischen Altenheim und war richtig stolz, als dieser wirklich ankam. Besonders freute es ihn, dass er darin für sein exzellentes Englisch gelobt wurde. Bei ihm bedankte sich der mit 92 Jahren älteste Heimbewohner mit einem ausführlichen Schreiben.
Darin schilderte er dem Lohrer Schüler die Geschichte seines bewegten Lebens, das ihn von Kanada nach England geführt hatte. Der offenbar noch sehr vitale Großvater und Urgroßvater war lange Zeit ein leidenschaftlicher Segler und ebenso sport- wie reiselustig. Er hatte sehr gerne gelesen, was Yannis so alles interessiert und in seiner Freizeit treibt. Der 92-Jährige legte ihm auch ein Foto von sich bei.
Elke Imhof, die Mutter von Yannis, bewertet dieses Briefprojekt rückblickend sehr positiv, "weil es eine Aufgabe war, von der sich die fünfte Klasse herausgefordert sah". Außerdem sei es eine Aktion, "die Generationen verbindet und diese Begegnung mit dem Erlernen einer Sprache verknüpft". Unabhängig davon seien Initiativen, die den Alltag von alten Menschen auflockern, auch wenn sie direkten zwischenmenschlichen Kontakt nicht ersetzen können, gerade in dieser Zeit sehr wertvoll.