Gemüsesaft gab's ja schon in meiner Kindheit, aber der hatte den Charme von welkem Brokkoli. Jetzt ist alles anders: Es gibt die Smoothies. Die kommen aus Amerika, und was von dort kommt, ist mega-coooool. Das war schon mit den guten alten Rollschuhen so, die von den ganz anderen Rollerskates abgelöst wurden.
Smoothies – die „Sanften“ – mögen natürlich ganz besonders die Damen, vielleicht weil der Kerl daheim so gar nicht sanft sein mag. Andererseits ist Gemüse bekanntlich so arg gesund, und es sieht schon ganz schön blöd aus, wenn die Friseuse zwischen zwei Kundinnen schnell mal an einer Lauchstange herumknabbert oder eine Handvoll grünen Salat reinwürgt. Da ist ein Gemüsedrink natürlich eleganter, coooool eben.
Nahrung zu schreddern, ist ja auch nichts Neues, und Seniorenresidenzen wissen ein Lied davon zu singen, wenn die Zähne nicht mehr kraftvoll zubeißen können und das Steak per Schnabeltasse gereicht werden muss. Doch die Smoothie-Fans tun das freiwillig, obwohl das Gebiss meist noch in Ordnung ist. Es gibt ja wirklich traumhafte Rezepte dafür. Wer kann schon einem „Mangomix“ aus Orange, Mango und einer großen Handvoll Spinat widerstehen.
Nicht weniger spannend ist „African Cole“ mit Spitzkohl, Banane, Datteln und Ingwer. Natürlich müssen zwei Teelöffel Himalaya-Salz dazu. Das ist dann ebenso exotisch wie Erdbeerpizza oder Tomateneis.
Im Winter sind Smoothies leider etwas problematisch, weil Mango, Datteln, Guanabanana oder Papaya ökologisch unkorrekt vom andern Ende der Welt transportiert und womöglich von armen Arbeitern oder gar Kindern geerntet werden müssen. Jetzt im heraufziehenden Frühling ist alles anders. Überall grünt und blüht es. Da sind Eigenkreationen mit Gänseblümchen, Brennnesseln, Löwenzahn und anderen Kräutlein leicht zu verwirklichen. Angeblich sollen Hardcore-Smoothisten auch vor der Heuernte oder dem Rasenschnitt in Nachbars Garten nicht zurückschrecken.
Wer Smoothie-Selfis liebt, muss sich natürlich in der Natur auskennen, einen gesunden Magen sein eigen nennen und optisch belastbar sein.
Er muss Bärenklau, Bärwurz und Bärlauch zu unterscheiden verstehen und beim „Glowing Green“-Rezept der Veggie-Drink-Queen Kimberly Snyder den Baby-Spinat maßvoll in den Mixer hauen, sonst mag das Ergebnis womöglich an den Inhalt einer Pampers erinnern. Einen unglaublichen Vorteil haben Gemüse-Smoothies allerdings: Wenn sie eine Weile gestanden haben und eingetrocknet sind, kann man sie immer noch als Brotaufstrich verwenden.
Vor dem Genuss aber unbedingt die botanische Ausbeute noch schreddern. Der Mixer macht im Nu kurzen Prozess aus Banane, Spinat und Rosenkohl, und mit Wasser oder Cocosmilch wird das dann auch wirklich cremig, eben smooth.
Nur Vorsicht: Wenn sich die Pampe plötzlich rot färbt, war womöglich ein Wiesenfrosch Teil der Heuernte – die Smoothen haben doch einen deutlichen Hang zum veganen Leben. Doch haben die schon mal überlegt, wie viel Leben sich in einem Heuaufguss tummelt? Um einer möglichen Fleischvergiftung vorzubeugen, muss man eben noch einen tüchtigen Schoppen Silvaner dazugeben. Dann ist der Geschmack ausgewogener, und wenn man dann noch Bratwurst und Kraut dazu reicht, sind das Smoothies, die Franken lieben. So wird auch der ruppigste Franke smooth zu seiner Fränkin.
1976: "Kind, mit dem Essen spielt man nicht!"
2016: Green Smoothie, 4 Euro fuffzich.