Auch wenn ein Winterquartier ein wenig der Erholung dienen sollte – langweilig gestalteten sich die drei Monate, die der Circus Henry in Zellingen verbrachte, nicht. Bereits kurz nach dem Einzug der Zirkusfamilie Frank auf dem Gelände des ehemaligen Tanzcenters sorgten zwei ausgebüxte Berber-Äffchen für Aufruhr. Eine Woche lang tummelten sie sich rund um das Gelände, bis sie der Hunger wieder in ihren Käfig lockte. Nun, im Februar bringt Kamelmama Tamara ein Kamelbaby auf die Welt. Der Zirkus startet eine öffentliche Namenssuche und tauft es schließlich, der Tierfreundin Hannelore Benkert zum Dank, auf den Namen Hanne.
Am Dienstag nun verlässt der Zirkus samt Affen und Kamelen Main-Spessart wieder. Nicht aber, ohne Danke zu sagen. In einer Gratis-Vorstellung lud der Zirkus am vergangenen Samstag die Menschen noch einmal in sein Zirkuszelt. Bezahlt werden mussten nur fünf Euro für die Tierschau. „Nachdem wir den ganzen Winter über hier gewohnt haben, wollen die Leute wissen: Was kann der Zirkus überhaupt?“, sagt Zirkuschef Georg Frank.
In seinem schwarzen Zirkusdirektor-Anzug mit den goldenen Knöpfen steht er am Eingang des Zeltes und betrachtet die hereinströmenden Gäste. Rund 800 sind es seinen Auskünften nach gewesen, rund 1000 Menschen passen unter die rot-blaue Kuppel, unter der sich wenig später als erste Nummer die sibirischen Steppenkamele präsentieren. „Wir sind stark in der Artistik und in der Tierdressur“, erzählt Georg Frank. Die Großeltern hätten damals schon für Zirkus Krone dressiert. Und auch die Tiere im Circus Henry folgen beinahe alle aufs Wort oder auf den Peitschenknall. So machen nicht nur die sibirischen Kamele vor den Zuschauern einen Knicks, sondern auch Friesenhengst Artus. Die Vorderhufe auf einem Höckerchen beugt er den Kopf sogar tief zwischen die Beine. Die Krönung aber liefert Cowboy-Pferd Jolly Jumper nach der Pause. Nachdem sich das Pferd auf Anweisung von Robin Frank schlafend in die Manegen-Mitte legt, macht dieser mit ihm, was er will. Ein gemütliches Nickerchen nachahmend lehnt sich der Sohn des Zirkusdirektors zunächst nur an das Pferd an, lässt sich dann, ein Hinterbein im Nacken, in Schaukelstuhlposition wiegen, um es sich zuletzt ganz auf dem Bauch des Tieres bequem zu machen. „Jolly ist von uns als Fohlen mit der Flasche groß gezogen worden und ein Beweis, wie weit man es in der Dressur mit einer guten Freundschaft zwischen Mensch und Tier bringen kann“, erklärt Zirkuschef Frank nach der Nummer.
Endlich wieder unterwegs
Ob sich die Familie auf die neue Saison freut? „Ich kann nicht früh genug raus aus dem Winterquartier“, sagt Georg Frank. „Endlich wieder unterwegs sein und Kulissenfieber genießen.“ Denn auch wenn die Nummern routiniert erscheinen: „Die Ungewissheit, hoffentlich staunen die Leute, hoffentlich lachen sie, ist jedes Mal da“, so Frank.
Und ging der Samstag mit der Premiere auch gut vorüber, wartet immer noch die Vorstellung am Sonntag und mit ihr der Muskelkater bei allen Beteiligten. „Das Winterquartier hat zwar ausgereicht, wir hatten genug Platz und eine Wiese für die Tiere – ideal war es aber nicht, denn uns hat eine Fläche zum Üben gefehlt“, beschreibt Georg Frank. Somit hatten Zirkusaktive wie auch Tiere einen Winter lang Pause. In der Vorstellung am Sonntag wird davon niemand etwas merken, so Frank. Denn Zirkus heißt auch: Zähne zusammenbeißen und lächeln.
ONLINE-TIPP
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