Die Streichung des Förderprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Bauherren trifft auch den Caritas-Kreisverband Main-Spessart: Die Planung für das zwölf Millionen Euro teure Cari-Zentrum in Lohr muss eingestellt werden, bis die Finanzierung klar ist. Der stellvertretende Vorsitzende Manfred Goldkuhle spricht mit dieser Redaktion nun über Details. Dem Caritas-Verband fehlt aktuell durch den Förderstopp eine Million Euro.
Die Energieberater Ruf aus Lohr hatten sogar über Weihnachten gearbeitet, damit die Pläne, die in der Vorstandssitzung am 24. Januar abgesegnet worden waren, rechtzeitig bis Ende Januar eingereicht werden konnten. Einen Tag zuvor wurde der Förderstopp bekannt. Goldkuhle reagiert sauer: Die Entscheidung, das Förderprogramm zu stoppen, sei ein noch nie da gewesener Vorgang in der Bundesrepublik.
Für den Karlstadter ist klar: Die Bundesregierung müsse nachsteuern, weil sie sich Klimaschutz auf die Fahne geschrieben habe. Der Caritas-Vertreter ist trotzdem zuversichtlich, dass es im Herbst mit dem Bau des Cari-Zentrums in Lohr losgeht. Man müsse schauen, wie der Verband die fehlende Förderung kompensieren könne. Zwei Mitinvestoren hätten sich bislang schon gemeldet, nun sei man auf der Suche nach weiteren.
36 Wohnungen geplant
Für Goldkuhle ist gewiss: Der Bedarf an Wohnraum ist da, die Leute würden auch danach fragen. Im Cari-Zentrum sind 36 Wohnungen geplant für betreutes Wohnen, Pflegekräfte und eine Wohngemeinschaft für Senioren. Tagespflege, Physiotherapie und eine Bäckerei mit Café ergänzen das Projekt.
"Durch so eine Entscheidung fehlen schnell mal ein, zwei, drei Millionen Euro. Solche Finanzierungslücken sind doch nicht vorhersehbar gewesen", sagt Ulrike Hahn. Sie ist Bereichsleiterin für Senioren und Reha bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Unterfranken. Die Awo will eine vollstationäre Einrichtung mit 93 Plätzen samt Tagespflege hinter dem Aloysianum in Lohr bauen. Eigentlich sollte die Einrichtung schon längst stehen, doch es gab Verzögerungen, weil der Projektierer gewechselt hatte und man noch das Genehmigungsverfahren abwarten muss.
Obwohl die fehlende Förderung nicht ursächlich für die Verzögerung ist, findet es Hahn dennoch sehr ärgerlich, wenn nun auch deshalb die Finanzierung neu überdacht werden müsse. "Wenn man erst am Anfang steht, muss man mit weniger finanziellem Schaden rechnen, aber wenn man schon in Vorleistung getreten ist, wird es schwierig", sagt sie.
Empörte Mails an Politiker
Laut dem CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann habe der abrupte Stopp der KfW-Förderung durch Wirtschaftsminister Robert Habeck zu massiver Verunsicherung und großem Ärger geführt. "Von dieser Hau-Ruck-Aktion waren nicht nur potenzielle neue, sondern auch alle bereits fristgerecht gestellten, aber noch nicht bewilligten Anträge betroffen", lässt Hoffmann über seinen persönlichen Referenten Michael Dominik mitteilen.
Der Bundestagsabgeordnete aus Retzbach habe unmittelbar nach Verkündung des Förder-Stopps zahlreiche E-Mails und Briefe von empörten Bürgern, Handwerkern und Firmenvertretern erhalten. Hoffmann berichtete in den Sitzungen der CSU-Kreistagsfraktion und des Kreisvorstands, dass der Förder-Stopp hohe Wellen geschlagen hat.
Planungssicherheit gefordert
Die CSU/CSU-Bundestagsfraktion habe bereits in der zurückliegenden Sitzungswoche mit einem sogenannten Entschließungsantrag die Ampel-Regierung aufgefordert, den Förderstopp sofort rückgängig zu machen. Bereits gestellte Förderanträge sollten zügig bearbeitet und bewilligt werden, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfüllen, sagt Hoffmann. Darüber hinaus müsse ein Programm für klimaeffizientes Bauen aufgelegt werden. Der Christsoziale fordert, schnell wieder Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen, Handwerk und Immobilienwirtschaft zu schaffen.
Neben dem Caritas-Zentrum in Lohr gibt es laut Hoffmann auch einige Eigenheim-Projekte in den Landkreisen Main-Spessart und Miltenberg, die betroffen sind. Der Abgeordnete möchte diese konkreten Fälle an das Bundeswirtschaftsministerium weiterleiten und zeigen, was der abrupte Förder-Stopp angerichtet hat. Eine Liste mit konkreten Summen liege noch nicht vor – sie wäre ohnehin unvollständig, betont der Christsoziale. 2021 hat die KfW allein im Landkreis Main-Spessart mit fast 50 Millionen Euro genau 476 Projekte im Bereich "Energieeffizientes Bauen und Sanieren" gefördert, teilt das Büro des Bundestagsabgeordneten mit.
Von Kurzfristigkeit überrascht
Auch den SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel aus Gemünden hat die Kurzfristigkeit des Förderstopps überrascht. "Den Unmut der vielen Bauwilligen und der Bauwirtschaft, der mich in zahlreichen Mails erreicht hat, kann ich daher sehr gut nachvollziehen", sagt er. In seiner Konsequenz sei das Aussetzen der Förderung aber offensichtlich notwendig gewesen, da die eingegangenen Anträge bis Januar die bereitgestellten Mittel bei Weitem überstiegen hätten, so Rützel.
Der Sozialdemokrat hätte sich eine bessere und zeitnahe Kommunikation noch von CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gewünscht. "Denn schon im November 2021, als eine starke Zeichnung der attraktiven Effizienzhaus-55-Neubauförderung sichtbar war, hatte die alte Bundesregierung ein Auslaufen dieser Förderung bis Ende Januar 2022 beschlossen." Die darauf folgende Antragsflut sei sicherlich absehbar gewesen.
Direkt nach Bekanntwerden des Förderstopps habe sich Bernd Rützel nach eigenen Angaben mit den zuständigen Stellen und den Experten der SPD-Fraktion in Verbindung gesetzt. Die SPD-Bundestagsfraktion habe sich entsprechend für eine rasche und verträgliche Lösung eingesetzt: Alle Anträge für Sanierung, Effizienzhaus (EH) 40 und EH 55, die bewilligungsreif bis zum 24. Januar 2022 gestellt wurden, werden weiterhin bearbeitet und entschieden.
Die Programme für EH 40 und Gebäudesanierungen würden gerade überarbeitet und sollen unter geänderten Bedingungen gefördert werden. Die EH 55, die den Bauanforderungen ohnehin entsprechen, werden dagegen nicht mehr gefördert.
Einzelfall prüfen
Wie die Möglichkeiten für Projekte wie das Cari-Zentrum in Lohr sind, könne er vor diesem Hintergrund aktuell nicht bewerten. Für sinnvoll halte er es aber, dass solche Vorhaben und Pläne noch einmal im Einzelfall und Detail angeschaut und geprüft würden, so Rützel.