
„Handel im Wandel“ lautete der Titel einer Führung im Rahmen des Maimarktes in Marktheidenfeld. Christian Knittel vom Historischen Verein Marktheidenfeld hat gründlich in den Archiven recherchiert und einen spannenden Vortrag ausgearbeitet. Leider fand sich nur eine kleine Gruppe von sieben Interessierten zusammen, die den Ausführungen von Knittel gebannt folgte.
Zu jedem Haus rund um den Marktplatz wusste er zu berichten, wann wer mit welchen Produkten in welchem Gebäude ansässig war. Die Namen Lermann, Väthjunker, Liebler oder Bernstein tauchen in unterschiedlichstem Zusammenhang immer wieder auf. Neben ein paar trockenen Daten wusste Knittel auch viele spannende und lustige Geschichten zu erzählen.
Scharfe Granate als Türstopper
Die Bäcker zum Beispiel hatten früher ein Schaufenster zur Straßenseite, das mit einem geteilten Laden versehen war. Zum Verkauf von Brot wurde der untere Teil heruntergeklappt, wenn alles weg war wieder nach oben. So entstand der Begriff „Ladenöffnungszeiten“. Beim Schuhhaus Leininger wurde jahrelang eine Granate als Türstopper verwendet - bis festgestellt wurde, dass diese noch scharf war!
Neben der Metzgerei Pfister befindet sich ein massives Tor mit der Inschrift „Weißenberger“, der Name des ursprünglichen Metzgers. Just als die kleine Gruppe vor dieser Tür stand, kam Karl Weißenberger heraus.
Anekdoten aus der Kindheit
Spontan schloss sich der Zeitzeuge der Führung an und bereicherte Knittels Ausführungen mit Anekdoten aus seiner Kindheit am Marktplatz. Neben dem Drogeriemarkt Müller habe sich früher die Milchhalle befunden. Ab und zu habe er sich als Schulbub für fünf Pfennige dort eine Buttermilch geleistet. Was für ein Genuss! Knittel wusste daraufhin zu berichten, dass 1955 auf der Laurenzi ein Weck mit Bratwurst fünfzig Pfennige gekostet hat. Allerdings habe ein durchschnittlicher Stundenlohn auch nur siebzig bis achtzig Pfennige betragen.
Die Sparkasse hat in den 1930er Jahren das Gebäude errichtet, in dem sich heute das Hotel Löwen befindet. Das alte Gasthaus stand dort, wo in den 1950er Jahren die Sparkasse nach dem Grundstückstausch und dem Abbruch des Altbaus neu gebaut hat. Das Steinbild über der Tür wurde umgearbeitet, aus der Spardose zwischen den beiden Figuren wurde ein Löwe. Der Tausch von Gebäuden oder ein Durchgangsrecht durch die Tore, die die Innenhöfe miteinander verbinden, sei durchaus üblich gewesen. So verlaufen auch heute noch vielfach die Keller unter den Gebäuden hindurch. Als besonders spannende Lektüre wurde das Gästebuch vom Gasthof Anker empfohlen.
Auf dem Rückweg vom Kontrollrat in Frankfurt bot sich damals Marktheidenfeld als Raststation an. Politiker wie Franz-Josef Strauß oder Alois Hundhammer zählten zu den Stammgästen. Viele kleine Lebensmittler, einige Vollsortimenter, sechs Brauereien und viele handwerkliche Betriebe sorgten im Gegensatz zu heute für eine bunte Mischung an Angeboten.
Noch lange hätte man den beiden Herren zuhören können, so viel mehr hätten sie noch zu erzählen gewusst.