"Das ist mein Eldorado für die Seele", sprudelte es Bernard Esposito über die Lippen, als er 2013 erstmals mit seiner Ehefrau Birgitta Böhme die ausgetretenen Sandsteinstufen des über 400 Jahre alten "Fronhofer Schlösschens" in der Burgsinner Kreuzgasse hochstieg und durch das reich verzierte Eingangsportal die ehrwürdige Hallen betrat. Obwohl sich das Gebäude nicht nur wegen Wasserschäden und mehreren Bränden in einem katastrophalen Zustand befand, hatte sich das in Paris lebende Ehepaar sofort in den Renaissancebau verliebt. Beide wollen nach der nötigen, umfangreichen Sanierung im Innern des Schlosses das ältere Ambiente erhalten und das Kleinod am liebsten mit Möbeln aus der Zeit des 17., 18. und 19. Jahrhunderts ausstatten.
Der 60-jährige Franzose Bernard und seine 55-jährige Ehefrau Birgitta hatten schon immer die Idee, ein altehrwürdiges Gebäude zu retten und dann selbst darin zu wohnen. Gegen ein Objekt in ländlicher Gegend hatten sie nichts, doch sollte die Infrastruktur vorhanden sein, damit ein Einkauf der kurzen Wege möglich wäre. Außerdem sollte die Gartengröße überschaubar sein, da für beide die Bewirtschaftung eines Riesenparks im Alter unmöglich ist.
Blick durch die "rosarote Brille"
Obwohl Frankreich mit renovierungsbedürftigen Schlossobjekten reich gesegnet ist, befanden sich diese oft "weit vom Schuss" und die Restkriterien konnten ebenfalls nicht erfüllt werden. Dann suchte man einfach im Internet im Heimatland der gebürtigen Schwäbin und wurde mit dem "Fronhofer Schlösschen" fündig.
Beim ersten Besuch war Bernard Esposito sofort von der mächtigen Sandsteinfassade der Vorderfront beeindruckt. "Wie ein Dornröschenschloss hat es auf mich gewirkt." Außerdem ist die hiesige Gegend ähnlich der seiner Heimat und die vielen Wälder rund um Burgsinn für ausgedehnte Wanderungen gefallen dem Ehepaar ausgezeichnet. Ehefrau Birgitta schmunzelt, dass ihr Bernard das desolate Gebäude nur durch die "rosarote Brille" sah und träumend vor seinen Augen schon die fertig möblierten Räume wahrnahm.
Seit 1993 nicht mehr Thüngen'sch
Aus einer Zwangsverwaltung kaufte das in Paris wohnhafte Ehepaar Anfang 2014 das Schloss, das sich seit Anfang der 1990er Jahre im Besitz eines Frankfurter Anwalts befand. Dieser ließ zwar einige Sanierungsmaßnahmen durchführen, das Gebäude blieb bis auf Ausnahmen unbewohnt. 1970 ließ Ruth Freifrau von Thüngen das Dach des Treppenturms erneuern, da es undicht geworden war. Die vergangenen 20 Jahre war das Schloss unbewohnt.
Die neuen Eigentümer schätzen sehr wohl die lange Geschichte des ehemaligen Adelssitzes, den 1607 Werner II. von Thüngen als Witwensitz für seine Gemahlin Philippina Agatha von Thüngen, geborene von Stein, erbauen ließ. Seit Januar 1993 befindet sich das Schlösschen nicht mehr im Eigentum der Burgsinner Adelsfamilie.
Mit dem Statiker ging es los
Die Denkmalliste Burgsinn beschreibt das "Fronhofer Schlösschen" als freistehenden zweigeschossigen Satteldachbau mit Schweifgiebeln sowie Bodenerker, halbrundem Treppenturm mit Zeltdach, Putzmauerwerk mit Sandsteinrahmungen und Wappenstein. Die Einfriedungsmauer besteht aus einem unverputzten Bruchsteinmauerwerk aus dem 17./18. Jahrhundert.
Dass der aktive Start der Sanierungsarbeiten sich so lange verzögerte, ist den intensiven Untersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege und dem Statiker geschuldet, da die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war. Die langwierige Arbeit des Tragwerkgutachters war die Basis für den Architekten, überhaupt eine annähernde Schätzung der Baukosten vornehmen zu können. Hierbei galt es, viele Kompromisse zwischen den Kosten abzuwägen, was das Denkmalamt haben möchte und die Eigentümer zu übernehmen bereit sind.
Esposito und Böhme bezeichnen es als Glücksfall, dass sie das auf alte Baudenkmäler spezialisierte Architekturbüro Gruber/Hettiger/Haus (Karlstadt) als Hauptplaner gewinnen konnten. Bei all ihren bisherigen "Arbeitsbesuchen" in Burgsinn schätzten die beiden Bauherren die spontane, zutrauliche, sympathische und hilfsbereite Nachbarschaft.
Eichenbalken müssen ausgetauscht werden
Das imposante Baugerüst rund um das Schlösschen signalisiert den Beginn der Sanierungsarbeiten. Mächtige Eichenbalken in den drei nur von außen zugänglichen Kellern, allesamt noch aus den Zeiten des Baus von 1607, müssen teilweise ausgetauscht werden. Der Wasserschaden Mitte der 1990er Jahre hatte ganze Arbeit geleistet. Die Bodengefache werden mit modernen Dämmmaterialien ausgefüllt, während die Lehmgefache der Wände nostalgisch mit Holzstaken, Lehm und Strohhäckseln ausgebessert werden. Ein mächtiger Stahlträger quer durch das Gebäude garantiert die künftige Tragsicherheit.
Inzwischen sind alle Kellerräume, die teilweise bis zu 80 Zentimeter hoch aufgeschüttet waren, mühselig in Handarbeit ausgegraben worden. Birgitta Böhme vermutet, dass im Laufe der Jahrhunderte immer wieder das Flüsschen Aura bei Hochwasser die Kreuzgasse hochstieg und den Sand in die tieferliegenden Keller des Schlösschens spülte.
Für Bernard ist heute schon klar: "Der knapp 60 Quadratmeter größte Gewölberaum wird einmal mein Weinkeller werden." Als nächstes steht die Dachsanierung an: Die Original-Dachpfetten werden erhalten, nur die Eindeckung wird mit nostalgischen Biberschwänzen erneuert. Ebenso wird das Dach aufwändig gedämmt.
In loser Folge werden wir die Sanierungsarbeiten begleiten. Bernard Esposito und Birgitta Böhme planen die Fertigstellung und den Einzug im Jahr 2021.