Vor Weihnachten kommt die Zeit des großen Schmückens: Lichterketten und Sterne zieren Fenster, Figuren werden auf Simse und Fensterbänke gestellt und leuchtende Rentiere und Weihnachtsmänner in den Vorgärten angeknipst. Pünktlich zum ersten Advent muss alles fertig sein. Anders die Weihnachtskrippe, die eigentlich erst zum Heiligabend stehen soll. Außer bei Sigi und Werner Kistner, die bereits Mitte November die Kisten für ihre imposante Krippenlandschaft herausholen und den aufwändigen Aufbau starten.
Der heute als Gartengestalter tätige Kistner erinnert sich gerne an seine Kindheit zurück, als die Eltern für die Großfamilie eine kleine Krippe unter dem Weihnachtsbaum aufstellten. Später haben seine Schwester Martina und er sich derart von Krippen inspirieren lassen, dass sich gar ein kleiner Wettbewerb um das jeweils schönste Exemplar entwickelte. Da wurden schon die ersten Krippenställe und Figuren im bajuwarischen Stil dazugekauft. Vor ungefähr 25 Jahren sind Kistner die normalen Krippendimensionen zu klein geworden und er vergrößerte die "Arbeitsplatte" auf satte sechs Quadratmeter, wodurch jedes Jahr die Möbel im Esszimmer des Hauses weichen müssen.
Allein der Bau des Untergestells ist eine Herausforderung, um möglichst die gesamte Fläche des Eckenausschnitts im Zimmer nutzen zu können. Als Grundmodell modellierte Werner Kistner unter Mithilfe seiner Gattin Sigi eine drei mal zwei Meter große Hügellandschaft aus Holz und Styropor und zeichnete die Erschließung mit Wegen grob vor. Dann war die Kreativität der beiden gefragt: Es musste der Platz für den eigentlichen Krippenstall festgelegt werden – denn die Anzahl der Gebäude hat sich im Laufe der Jahre um eine Schmiede, zwei Schafställe, einen Backofen, eine Schänke und Unterstände erweitert. Die gesamte Landschaft überzogen die beiden mit einer dünnen Moosschicht, um den später folgenden Tieren und Menschen trotzdem einen sicheren Stand zu gewährleisten.
220 Figuren sind um die Krippe zuhause
Während die aufwändigen Ställe und Gebäude sowie die Figuren für Mensch und Tier gekauft werden, verwirklicht Kistner jedes Jahr neue Ideen: Im Hochsommer baut er neue Brunnen, sammelt Steine für die Wegbefestigung oder seltene Flechten beim Wandern, knüpft Strohballen oder gestaltet Sandsteinmauern und Feuerstelle neu. "Eigentlich ist unsere Krippe nie fertig", treffen die beiden Enthusiasten den Nagel wohl auf den Kopf.
Sie finden auf Streifzügen durch entsprechende Fachgeschäfte plötzlich ein Schnäppchen, ergattern auf dem Flohmarkt in Fulda ein passendes Teil oder entdecken beim Naturspaziergang einen interessanten Stein oder eine verschlungene Wurzel, die ihres Einsatzes für die Weihnachtskrippe harren. Jeder der beiden bringt immer wieder einmal neue Ideen mit und Erlebnisse aus dem Alltag werden zuhause nachgebaut.
Kistner verlegt dann die entsprechenden Beleuchtungskabel von den Trafos zu den Ställen, Hütten oder Feuerstellen, um dem "Kunstwerk" die rechte Atmosphäre zu bieten. Runde 220 Figuren, Tiere und Wägen müssen an den richtigen Orten platziert werden. Neben den Jesuskind in der Krippe, Maria und Josef sowie Ochse und Esel findet der Betrachter Schafe, Enten, einen Schwan, Hühner. Auch Bienenstöcke, Rehe, Wildschweine sowie Frösche und Biber bewohnen die Krippenlandschaft der Kistners.
Christkind kommt erst an Heiligabend
Wenn die kleinen Steinchen zur Wegbegrenzung verlegt oder neu erworbene Zypressen integriert werden müssen, ist Fummelarbeit angesagt. Und wenn der natürliche Arm für die richtige Platzierung zu kurz ist, schafft die lange Greifzange Abhilfe. Kunststoff oder Plastikmaterialien sind bei ihrer Krippe verpönt, stellen die Kistners unisono fest.
In der Woche vor dem ersten Advent beginnt für die beiden "die heiße Phase" des Aufbaus ihrer Krippe, die bis Mitte Januar stehen bleibt. "Die Heiligen Dreikönige mit ihrem Elefant und Kamel stehen zwar jetzt schon auf dem Weg und bewegen sich täglich ein paar Schritte vorwärts Richtung Krippe", erklärt Sigi Kistner. "Das Christkind wird jedoch erst am Heiligabend in die Krippe gelegt."