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Partenstein
Burg Bartenstein: Umkämpfte Festung um die Vormachtstellung
Aus der Geschichte Main-Spessarts (25): Von der Burg Bartenstein bei Partenstein sind nur noch Mauerreste zu sehen. Einst war sie eine umkämpfte Festung um die Vormachtstellung in der Region. Hatte der Dichter Wolfram von Eschenbach eine Verbindung zu dieser Burg?
Der Kupferstich von Johann Eckard Löffler aus dem Jahre 1623 zeigt eine detailreiche Darstellung von Burg Bartenstein. Auch die Grundmauern eines hier abgebildeten Türmchens mit Schießscharten wurden bei den Grabungen entdeckt.
Foto: Björn Kohlhepp | Der Kupferstich von Johann Eckard Löffler aus dem Jahre 1623 zeigt eine detailreiche Darstellung von Burg Bartenstein.
Theodor Ruf
 |  aktualisiert: 27.04.2023 10:35 Uhr

Partenstein? Bartenstein? Barthenstein? Oder Bardenstein? Das erste ist der heutige Ortsname, das zweite der gebräuchliche Burgname, die dritte Version entspricht dem ersten schriftlichen Dokument, die vierte Schreibung ist falsch.

Wie alt die Siedlung selbst ist, lässt sich nur vermuten: 1233 erscheint sie erstmals, und hier trägt sie schon den Namen der Burg: Barthenstein. Es gibt eine Quelle des 12. Jahrhunderts, die den Namen Cunisbach und in einer Variante Kunengesbach  verzeichnet und die eventuell auf Partenstein bezogen werden kann, also den ursprünglichen Siedlungsnamen gebraucht. Sicher ist, dass das Lohrtal als wichtige Verbindung in den Nordspessart und den Raum Aschaffenburg schon im Frühmittelalter Besiedlung aufweist.

Die Streitaxt die findet sich auch als Helmzier und Wappen bei Wolfram von Eschenbach.
Foto: Codex Manesse | Die Streitaxt die findet sich auch als Helmzier und Wappen bei Wolfram von Eschenbach.

Das immer noch in den Köpfen vorhandene Bild vom menschenleeren Urwald Spessart, der erst im Hochmittelalter erschlossen worden wäre, trifft nicht zu. Der Burgname verweist auf die Barte, die Streitaxt. Eine solche findet sich als (fiktives?) Wappen und als Helmzier Wolframs von Eschenbach (ca. 1160–1220), Dichter unter anderem des „Parzival“, in der Manessischen Liederhandschrift. Wolfram stand wohl zeitweise in Verbindung mit den Grafen von Wertheim, und dass sein Geschlecht auch etwas mit der Burg Bartenstein zu tun hatte, ist nicht völlig auszuschließen. 

1233 streiten sich die Grafen von Rieneck mit dem Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, ob und wie weitere Rodungen durchgeführt werden sollen. Das Stift hat seit Jahrhunderten Besitz im Spessart. Details wie der Ausgang der Sache bleiben unklar. Jedenfalls dürften es die Grafen gewesen sein, die in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts mit dem Ausbau einer „Burg“-Anlage begannen, die bereits lange zurückreichen kann. Der Ort an der Mündung des Aubachs in die Lohr kann die Wegeverbindung kontrollieren.

Rienecker wollen ihre Macht ausbauen

Dies ist vor allem deswegen wichtig, weil die Rienecker um diese Zeit daran gehen, ihre Macht im Spessart massiv auszubauen. Freilich scheitern sie letztlich. Am Ende dieser Auseinandersetzungen steht 1272 ein Heiratsvertrag mit den Herren von Hanau, der diese in den östlichen Spessart bringt, besonders in den Bereich des Biebergrundes. Um 1300 will Ludwig V. von Rieneck-Rothenfels sein Erbe, unter anderem Partenstein, den Hanauern vermachen, falls er ohne Nachkommen stirbt.

Siegel des Grafen Ludwig von Rieneck. Ausgestellt im  Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg.
Foto: Theodor Ruf | Siegel des Grafen Ludwig von Rieneck. Ausgestellt im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg.

Mit der Lohrer Verwandtschaft versteht er sich äußerst schlecht, häufig kommt es zu Auseinandersetzungen, und auch die Bewohner der Orte Lohr und Partenstein sind sich nicht grün und streiten über Fisch- und Waldrechte und Rodungsgebiete. Diese Klagen nehmen erst im 19. (!) Jahrhundert ein Ende. Ludwig hat in späten Jahren doch eine Tochter und versucht, aus dem Vertrag mit Hanau herauszukommen.

Wohl oder übel muss er sich auch mit der Lohrer Linie einigermaßen vertragen und verkauft ihr unter anderem die Burg Bartenstein. Als er 1333 stirbt, ist der Konflikt natürlich da, und die Hanauer, zusammen mit den auch am Erbe beteiligten Herren von Hohenlohe, nehmen unter anderem Bartenstein ein. Bei den Ausgrabungen gefundene Brandschichten könnten mit diesem Ereignis zusammenhängen.

Es entsteht das Amt Partenstein

Den Kämpfen folgen jahrelange juristische Auseinandersetzungen: Mainz (als Lehensherr der Burg) will ganz Bartenstein behalten. Am Ende wird die Burg zwischen Mainz und Hanau hälftig geteilt. Zur Burg gehören aber auch Pertinenzien, das heißt etliche Dörfer in verschiedenen Teilen des Spessarts. Auch hier wird geteilt, und der Besitz wird von der Burg aus verwaltet, es entsteht das „Amt Partenstein“, dem auch weit entlegene Orte im Spessart verwaltungsmäßig zugeordnet werden.

Heutzutage ist es kaum mehr verständlich, was in den nächsten Jahrzehnten geschieht: Hanau wie Mainz setzen Amtmänner ein, meist für eine nur kurze Zeit. Immer wieder wird die Burg verpfändet, an die unterschiedlichsten Mitglieder des Niederadels der Region. Letztlich versucht jeder, aus dem Besitz Geld herauszuholen. 1381 versuchen auch die Rienecker nochmals, die Burg gewaltsam zu erobern, und es gelingt ihnen. Graf Ludwig VI. erklärt als Verteidigung, die Hanauer hätten ihm und seinen Eltern so viel Unrecht zugefügt, dass er sein Vorgehen für gerechtfertigt halte.

Es geht hin und her, gegen Ende des 15. Jahrhunderts schafft es einer der Grafen nochmals, auch den mainzischen Teil zurückzukaufen – wogegen sich das Mainzer Domkapitel wehrt, gegen die Wünsche seines eigenen Erzbischofs. Man merkt hier nochmals, dass die Burg als wichtiges Element der Territorialherrschaft angesehen wird. 1489 scheiden aber die Rieneck endgültig aus der Mitherrschaft aus. 1500 erwirkt der Erzbischof eine Marktverleihung für den Ort, doch scheint sich die Wirtschaftsstruktur dadurch nicht zu verbessern. Die Kraft des benachbarten Frammersbach ist einfach stärker, doch das ist eine andere Geschichte.

1525 wird der Ort in den Strudel des Bauernkriegs gerissen. Dieser läuft im Spessart zwar vergleichsweise harmlos ab, aber auch Partensteiner sind beteiligt. Für das Jahr 1550 liegt eine Quelle vor, welche die Besitzverhältnisse der beiden Herrschaften detailliert schildert, und für 1553 gibt es sogar ein Vermögensverzeichnis mit Nennung der 79 Haushaltsvorstände und ihres Besitzes. Im Vergleich mit anderen Quellen dieser Zeit zeigt sich, dass die Gemeinde einerseits eine relativ breite vermögende Schicht hat, andererseits eine relativ breite arme Schicht. Händler und Handwerker auf der einen, Kleinbauern und Tagelöhner auf der anderen Seite: die Landwirtschaft gibt nicht viel her.

Burg im 16. Jahrhundert in einem desolaten Zustand

Als mit Philipp III. von Rieneck 1559 das Ende der Grafschaft kommt, bedeutet dies für Partenstein nicht viel. Die Burg ist in einem ziemlich desolaten Zustand, sie hat ihre Funktion weitgehend verloren. Nicht nur wegen der veränderten Waffentechnik, sondern weil es hier keine Territorialkonflikte mehr gibt, jedenfalls keine, die zu den Waffen rufen würden. Mainz und Hanau streiten regelmäßig darüber, wer welche Reparaturen durchzuführen hat.

Diese Zeichnung aus dem Staatsarchiv Würzburg zeigt die Burg Bartenstein, wie sie im Jahre 1621 ausgesehen haben könnte.
Foto: Staatsarchiv Würzburg | Diese Zeichnung aus dem Staatsarchiv Würzburg zeigt die Burg Bartenstein, wie sie im Jahre 1621 ausgesehen haben könnte.

Und im Dorf streiten sich die Anhänger der katholischen Religion mit denen des neuen evangelischen Glaubens. Die verwickelten Territorialverhältnisse bringen es mit sich, dass in Partenstein der evangelische Glaube, im Gegensatz zu den umliegenden Orten, dominiert. Erst 1684 zieht sich Hanau aus dem Amt Partenstein zurück, überträgt seinen Teil an Mainz. Streitigkeiten in Religionsangelegenheiten werden aber noch lange nicht beigelegt. Auch das Alltagsleben im Dorf bietet reichliche Konfliktanlässe, nicht anders als anderswo. Die Archive in Würzburg und Marburg bieten besonders für das 17. Jahrhundert noch viel interessantes und unveröffentlichtes Material.

Im Dreißigjährigen Krieg ziehen schwedische Truppen durch Partenstein und richten Verwüstungen an, auch auf der Burg, selbst wenn diese keine militärische Bedeutung mehr hat. Für kurze Zeit werden die mainzischen Teile an den Ämtern Rieneck, Partenstein, Lohrhaupten und Biebergrund sogar von Gustav Adolf an die Hanauer übertragen. In den späteren Zeiten benutzten die Partensteiner Bewohner die Burg als Steinbruch, was man ihnen nicht verübeln kann. Schließlich mussten sie die Steine einst hinaufschleppen.

Dieses Modell der Burg wurde bei Burgfesten, Ausstellungen und Umzügen gezeigt. 
Foto: Uwe Breitenbach | Dieses Modell der Burg wurde bei Burgfesten, Ausstellungen und Umzügen gezeigt. 

Bis um 1980 war die Burg fast in Vergessenheit geraten, man musste schon genau hinsehen, um noch ein paar Mauerreste erkennen zu können. Aber dann kam das Jahr 1983, und plötzlich erinnerte man sich: Oh, da gibt es doch eine Urkunde von 1233, die die Burg und den Ort nennt, wir werden also 750 Jahre alt! Aber die Zeit war günstig: es gab eine Reihe von Wissenschaftlern, die sich in den 1980er Jahren verstärkt mit der Geschichte des Spessarts beschäftigten, und so konnte 1985 ein Band vorgelegt werden, der erstmals umfangreich die Geschichte des Ortes behandelte, und in diesem Jahr fand, mit zwei Jahren Verspätung, ein großes Fest statt.

Durch Grabungen auf der Burg Bartenstein in Partenstein wurde die umlaufende Ringmauer freigelegt.
Foto: Björn Kohlhepp | Durch Grabungen auf der Burg Bartenstein in Partenstein wurde die umlaufende Ringmauer freigelegt.

Es kommt selten vor, dass ein Ort so plötzlich ins Licht der heutigen Geschichte gerissen wird. In den letzten Jahren ist das Archäologische Spessartprojekt daran, die Burg zu ergraben und die Befunde zu sichern. Leider verhindern die Auflagen des Denkmalschutzes noch ausgedehntere Grabungen, das mag man verstehen oder nicht, doch jedenfalls gibt es auch in der Zukunft sowohl in Archiven als auch im Gelände genug zu entdecken.

Literatur: 750 Jahre Partenstein. Ein Dorf im Wandel der Zeiten. Partenstein 1985;  Historischer Atlas von Bayern. Hg. v. d. Kommission f. bay. Landesgeschichte; Teil Franken. Heft 34: Lohr am Main, bearb. v. Günter Christ. München 2007; Ottersbach, Christian: Die Burgen der Herren und Grafen von Hanau (1166-1642). Hanauer Geschichtsblätter 51, Hanau 2018.

Zum Autor: Dr. Theodor Ruf ist Kreisheimatpfleger für den Altlandkreis Lohr, er schrieb zahlreiche Beiträge zur Geschichte der Region Main-Spessart.  Seine Dissertation verfasste der Historiker über die „Die Grafen von Rieneck“.

Hinweis der Redaktion: In einem Kommentar wurde angemerkt, dass der Kupferstich von Johann Eckard Löffler bei Wikipedia zur Bebilderung des Artikels zum Schloss Bartenstein im Landkreis Schwäbisch Hall benutzt wird. Unsere Recherchen haben ergeben, dass der Kupferstich eindeutig Burg Bartenstein im Spessart zeigt. Auch bei Wikipedia findet sich die korrekte Angabe zu dem Kupferstich, hier im Eintrag zum Kupferstecher Johann Eckard Löffler.

Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter www.mainpost.de/geschichte_mspL.

 
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Kommentare
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  • R. Z.
    Lieber Klayer21330512,

    unsere Recherchen haben ergeben, dass der Kupferstich eindeutig Burg Barteinstein im Spessart zeigt. Auch bei Wikipedia findet sich die korrekte Angabe zu dem Kupferstich, hier im Eintrag zum Kupferstecher Johann Eckard Löffler. Wir haben den Artikel um einen entsprechenden Hinweis ergänzt.

    Herzliche Grüße

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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    Die Eppsteinschen Lehensverzeichnisse und Zinsregister des 13. Jahrhunderts erwähnen:
    Kunengesbach, Cunisbach (Königsbach?) Lage unbekannt.
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    Ist die Bartenstein-Abbildung von 1654, die von Partenstein, oder die von Bartenstein, heute Stadtteil von Schrozberg im Landkreis Schwäbisch Hall?
    https://de.wikipedia.org/wiki/Herrschaft_Bartenstein
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