Umständlich ist dieses Wort: Bundesfreiwilligendienst. "Bufdi" lautet der Spitzname für Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren, oft sind es junge Erwachsene vor dem Eintritt ins Studium oder Arbeitsleben. Thomas Endrich aus Arnstein hat dagegen mit Mitte 50 ein soziales Jahr im Mehrgenerationenhaus Binsfeld geleistet. Bürgermeister Franz-Josef Sauer und MGH-Leiterin Steffi Heßdörfer loben den großen Einsatz des "Oldie-Bufdis".
Zwei Tage pro Woche hat Endrich in der Küche des MGH geholfen, einen Tag hat er Büroarbeiten erledigt und einen Tag in der Woche war er nominell der Arnsteiner Schule zugeteilt. So hat er 25 Wochenstunden absolviert von April 2021 bis Ende März 2022. Aber warum hat der 58-jährige Arnsteiner überhaupt ein freiwilliges soziales Jahr geleistet?
Vorruhestandsangebot für Beamte
Endrich erklärt: "Ich habe bei der Telekom gearbeitet, war aber Beamter, weil ich noch zu Zeiten der Post angefangen habe." Das zuständige Bundesamt für Post und Telekommunikation habe Mitarbeitern nach 40 Dienstjahren den Vorruhestand mit vollen Pensionsbezügen angeboten – unter der Voraussetzung, dass sie 1000 Sozialstunden oder ein Jahr im Bundesfreiwilligendienst absolvieren. Das war für Endrich ein attraktives Angebot.
"Ich hatte einen guten, aber auch stressigen Job bei der Telekom", berichtet er. "2015 wurde mein Arbeitsplatz von Würzburg nach Nürnberg verlegt. Das war viel Gefahre auf der Autobahn." Also ging er auf das Vorruhestandsangebot ein, ohne genau zu wissen, welche soziale Arbeit er übernehmen würde. "Ich dachte anfangs, ich könne erstmal die Pandemie aussitzen." Als ihm klar wurde, dass das nicht so leicht möglich sein würde, schaute er sich um und fand das Mehrgenerationenhaus.
"Ich wusste vorher nicht genau, was hier alles passiert", gibt Endrich zu. Im MGH Binsfeld arbeiten 20 Hauptamtliche, die rund 70 Mädchen und Jungen in der Kindertagesstätte und am Nachmittag betreuen sowie rund 40 Senioren besuchen, mit Haushaltshilfe und Demenzbetreuung unterstützen sowie mit in der MGH-Küche zubereitetem Essen versorgen. Jüngere Bufdis arbeiten häufig im Kindergarten, aber MGH-Leiterin Steffi Heßdörfer hat auch mit Bufdis in etwas höherem Alter schon gute Erfahrungen gemacht. "Sie bringen einen großen Schatz an Lebenserfahrung mit", sagt sie.
Viel Abwechslung und viel zu tun
Deshalb bemüht sich Heßdörfer darum, ältere Bufdis – soweit möglich – gemäß ihrer Fähigkeiten einzusetzen. Gut, die zwei Tage pro Woche als Küchenhilfe entsprachen nicht zwingend Thomas Endrichs bisheriger Expertise. "Meistens habe ich gespült. Es hat mir Spaß gemacht, mal den Kopf abzuschalten", sagt Endrich. Mit Küchenchefin Margit Balling habe er sich gut verstanden.
Sein technisches Verständnis aber hat das MGH vorangebracht. Arbeitszeit und Fahrten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden nun in einer Handy-App erfasst, die Endrich installiert hat. Generell hat er die Digitalisierung der Büroarbeiten verbessert. "Eine große Erleichterung", sagt Steffi Heßdörfer. Außerdem hat er Senioren in einer Art Sprechstunde bei Problemen mit Handys, Tablets, Computern oder dem Internetzugang geholfen.
Endrich hat der Stadt viel Geld gespart
Vor allem aber hat sich Bürgermeister Franz-Josef Sauer als Vorsitzender des Johannisvereins, der das MGH betreibt, Endrichs Fachkenntnis in Sachen Telekommunikation zunutze gemacht. "In den Ferienwochen habe ich die Arnsteiner Schulen und andere Einrichtungen mit W-Lan ausgestattet", so Endrich. Bei der Telekom habe er derartige Arbeiten seit Jahren nicht mehr erledigt. Aber mit Hilfe des Bauhofs hat er in seinem Bufdi-Jahr die Mittel- und Grundschule Arnstein, die Grundschule Schwebenried, die Musikschule, das Schwimmbad und einige Turnhallen mithilfe des Bauhofs mit W-Lan ausgestattet. "Wir haben etwa sieben, acht Kilometer Kabel verlegt."
Dafür hat er nur die Aufwandsentschädigung im Freiwilligendienst erhalten und der Stadt einen ganzen Batzen Geld gespart, den eine Installation durch ein Unternehmen gekostet hätte. "Es war schon besonders, was Herr Endrich bei uns geleistet hat", betont Steffi Heßdörfer. Thomas Endrich sagt: "Ich hab's gerne gemacht. Ich fand die Abwechslung erfrischend; ich hätte nicht fünf Tage die Woche Büroarbeit machen wollen." Er habe sich zudem mit den Menschen im MGH sehr gut verstanden. Und nun hat er sich den Vorruhestand verdient.
Steffi Heßdörfer hofft derweil, dass sich weitere lebenserfahrene Menschen im Mehrgenerationenhaus einbringen möchten – als ehrenamtliche Helfer oder als Bufdi. "Die Leute haben eine Schatztruhe an Talenten, die wir nutzen können", sagt sie. "Und viele genießen auch das Gefühl, hilfreich und nützlich zu sein." Endrich nickt. "Stimmt. Deswegen werde ich auch als Pensionär weiterhin ehrenamtlich im MGH tätig sein."