
Die Büros des digitalen Gründerzentrums Starthouse Spessart in Lohr sind ausgelastet. Das hat die Leiterin des Starthouses Anja Güll dem Ausschuss für Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in öffentlicher Sitzung im Rathaus mitgeteilt. Außerdem berichtete sie dem Stadtratsgremium von positiven Entwicklungen im Bereich Netzwerkpartner und Raumbuchungen. Damian Berghof stellte als Gründer des im Starthouse ansässigen Unternehmens Nicerecs das Konzept der Firma vor. Nicerecs ist eines der 38 Start-ups in Bayern, die 2022 eine Förderung aus dem Programm "Start?Zuschuss!" erhalten.
Der durch die Erweiterung des Gründerzentrums im Gebäude der Energieversorgung Lohr-Karlstadt zum Jahreswechsel dazugewonnene Platz ist laut Starthouse-Leiterin Anja Güll bereits vergeben. Acht Gründerinnen beziehungsweise Gründer lasteten derzeit die Büros aus und hätten entsprechende Nutzungsverträge. Drei Nutzer hätten ihre Verträge im ersten Halbjahr 2022 auslaufen lassen, weil sie entweder keinen Platzbedarf mehr hatten oder ihr Gründungsprojekt ruht. Neue sind dazu gekommen. Gut angenommen wird laut Güll das neu geschaffene Angebot flexibler Nutzung über Tagespässe oder Schnupperkarten, was zusätzliche Einnahmen von gut 500 Euro bedeutet. Außerdem habe es sei Jahresbeginn 25 Raumbuchungen von Netzwerkpartnern gegeben für Konferenzen, Workshops und Besprechungen. Bis Ende Juli nehme das Gründerzentrum dadurch 1800 Euro ein.
Als Netzwerkpartner aus der Wissenschaft ist dem Bericht zufolge die Technische Hochschule Aschaffenburg neu dabei. Aus dem Bereich Wirtschaft sind es acht Unternehmen, die einen Jahresbeitrag von 3000 Euro zahlen. Sie kommen alle aus der Region. Damit nähert sich das Gründerzentrum der mit dem Fördergeber – dem bayerischen Wirtschaftsministerium – vereinbarten Zielvorgabe bis Jahresende: Bis dahin sollen es 20 zahlende und fünf weitere Netzwerkpartner sein.
161.000 Euro zur Verfügung
Laut Güll sind es zum 1. Juli des Jahres 19 zahlende Partner und fünf Unterstützer. Durch die Neuzugänge verbuche das Starthouse 23.500 Euro an Einnahmen, durch die Förderung verdoppelt sich der Betrag. Für das gesamte Jahr betragen die Einnahmen von den Wirtschaftspartnern 80.500 Euro. Einschließlich der Förderung stehen somit 161.000 Euro für Netzwerkaktivitäten zur Verfügung.
Erfolge verbucht Güll auch bei den Veranstaltungen, von denen sie eine Auswahl vorstellte, darunter die Start-up Competition im April mit 72 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Aufgrund des Erfolgs soll sie nächstes Frühjahr wieder ausgetragen werden. Seinen ersten Auftritt auf Landkreisebene hatte das digitale Gründerzentrum im Mai in Frammersbach. Das Starthouse Spessart wird gemeinsam betrieben von der Stadt Lohr und dem Landkreis Main-Spessart.
Positive Rückmeldungen
Laut Bürgermeister Mario Paul gibt es positive Rückmeldungen von den Netzwerkpartnern. Innovationen würden vorangetrieben, wie Studierende und Unternehmer bestätigten. "Ideen in die Umgebung bringen", nannte Güll als Ziel des Gründerzentrums. Entsprechend gebe es auch Angebote und Impulse für die Teams, zum Beispiel in Workshops. Auf dem Programm stehe der Kontakt zu Schulen und die Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit.
Stadtrat Eric Schürr vom Bürgerverein wollte wissen, was die Stadt Lohr anbieten könne, damit Start-ups in der Stadt bleiben, wenn sie aus dem Gründerzentrum herausgewachsen sind. Paul antwortete, dass über das Leerstands-, Standort- und Citymanagement nach passgenauen Lösungen gesucht werde. Güll sieht Gründungsförderung seit jeher im Bereich der Wirtschaftsförderung. Digitale Geschäftsmodelle bräuchten in der Regel keine riesigen Gewerbeflächen.
Damian Berghof informierte das Gremium über das Geschäftsmodell der Firma Nicerecs. Das Start-up war in der Öffentlichkeit bekannt geworden, weil es gemeinsam mit anderen eine kostenlose Plattform für aus der Ukraine geflüchtete Menschen in der Region geschaffen hat. So sollen diese und potenzielle Arbeitgeber in der Umgebung zusammenfinden. Auch außerhalb dieses ehrenamtlichen Engagements beschäftigt sich der Dienstleister aus dem Starthouse mit dem Vermitteln von Arbeitskräften beziehungsweise von Arbeitgebern.
Stärker in Mainfranken
Laut Berghof geht es hierbei nicht um klassische Bewerbungsverfahren. Mithilfe künstlicher Intelligenz würden passende Interessierte zusammengebracht. So könne schnell ein direkter Kontakt, das sogenannte Matching, erfolgen. Das Unternehmen agiere europaweit, diene aber auch dazu, in strukturschwache Regionen zu vermitteln, die über bestehende Bewerbungsplattformen oft wenig Aufmerksamkeit erhielten.
Er wolle in Zukunft stärker in Mainfranken aktiv werden, teilte Berghof mit. Um sich weiterzuentwickeln, suche man Investoren. Nicerecs ist seit zwei Jahren im Starthouse in Lohr tätig. An der Stadt schätzt der Gründer die kurzen Wege. Seiner Meinung nach ein Vorteil, den es bekannter zu machen gelte.
SPD-Stadtrat Sven Gottschalk erfuhr auf seine Nachfrage, dass sich das Start-up von anderen Plattformen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz unterscheide. In die ähnliche Richtung fragten auch Eric Schürr und CSU-Stadtrat Matthias Schneider. Sie erfuhren von Berghof, dass ein weiterer Vorteil die Zielgruppenschärfung und Spezialisierung sei.