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MARKTHEIDENFELD
Bürgerversammlung zum Bad: Im Großen zufrieden – im Kleinen kritisch
Ginge es nach der Bürgerversammlung zum „neuen Maradies“, dann wäre dem Stadtrat die Zustimmung für die Partnerschaft mit dem Bäderunternehmen Interspa wohl schon sicher. Kritik gab es überwiegend nur noch an den Details des Wonnemar-Konzepts.
So viele Besucher wie seit Jahren nicht mehr hatte die Marktheidenfelder Bürgerversammlung zum Neubau des Bades Maradies. Rund 220 Zuhörer waren gekommen, um sich das Konzept für ein „Wonnemar“ der Stuttgarter Firma Interspa anzuhören und um zu diskutieren.
Foto: FOTO Andreas Brachs | So viele Besucher wie seit Jahren nicht mehr hatte die Marktheidenfelder Bürgerversammlung zum Neubau des Bades Maradies.
Von unserem Redaktionsmitglied Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 26.04.2023 10:41 Uhr

Bürgermeister und Stadtrat haben ihre Entscheidung bereits getroffen: Sie wollen das Wonnemar, so wie es das Stuttgarter Bäderunternehmen Interspa auf die Marktheidenfelder Verhältnisse zugeschnitten hat. Doch sie machen einen Vertrag vom Votum der Bürger abhängig – eine Erfahrung aus der Niederlage im „Kristallbad“-Bürgerentscheid.

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Am Montagabend stellte Bürgermeister Leonhard Scherg zusammen mit den Fachleuten das Badkonzept für den Nachfolger des Maradies in einer Bürgerversammlung im Pfarrheim St. Laurentius vor. Dabei legte man den rund 220 Besuchern großteils die Zahlen, Fakten und Pläne vor, die auch schon in einer öffentlichen Stadtratssitzung zur Sprache kamen (wir berichteten ausführlich). Die Vertreter von Interspa, Projektentwickler Nathanael Over und der Leiter der Planungsabteilung Peter de Wit, betonten, dass Interspa sich finanziell an dem 25-Millionen-Euro-Projekt beteiligen werde. „Normalerweise finanziert sich ein Bad komplett aus dem Zuschuss der Stadt. – Wir können und wollen selbst zehn Millionen investieren“, erklärte Over. Dass dieses Geld nicht von Interspa selbst, sondern von bislang unbenannten Investoren stammt, sagte er allerdings nicht.

„Jährlich 200 000 Euro investieren“

Überdies werde das Unternehmen, wie mit der Stadt vertraglich vereinbart, jährlich mindestens weitere 200 000 Euro investieren, um das Bad instand und attraktiv zu halten.

Das liege in beiderseitigem Interesse, so Over. Der Projektentwickler erklärte auch, dass Vereine und Schulen das Bad außerhalb der Öffnungszeiten von 10 bis 22 Uhr allein und während der Öffnung zum Teil parallel nutzen könnten. Interspa werde alle bisherigen Mitarbeiter übernehmen, insgesamt aber etwa 60 Beschäftigte – inklusive Aushilfen – einstellen. Nach der einstündigen Präsentation konnten die Bürger eineinhalb Stunden lang Fragen stellen. Durch die längsten und teilweise bis in spitzfindige Details gehende Redebeiträge fielen die Vertreter der ehemaligen Bürgerinitiative „Besorgte Bürger“ gegen das Kristallbad, Adi Krebs und Werner Fertig, auf. Sie wurden mehrfach vom Publikum unterbrochen und aufgefordert, sich kurz zu halten. Krebs bezweifelte die prophezeiten Besucherzahlen. Er führte einen Vergleich mit dem Wonnemar Ingolstadt an: Dort seien statt erwarteter 480 000 Besucher nur zirka 350 000 pro Jahr gekommen. Er zweifelte das Vertrauen in den Investor an. Krebs zog wegen Überschneidungen und der Konkurrenz anderer Bäder das Fazit: „Für Marktheidenfeld ist dieses Bad nicht nur eine Nummer, sondern mehrere Nummern zu groß.“

Bürgermeister Scherg, der an dem Abend so engagiert wie lange nicht mehr auftrat, hielt dagegen: Die Stadt sei nicht in der Lage, allein ein attraktives Schwimmbad zu halten bzw. zu bauen. Auf Dauer könne man sich nur ein Hallenbad leisten – „kein Freibad, keine Therme, keine Sauna!“ Seine rhetorische Frage „Wollen wir einen Schritt zurückgehen oder suchen wir einen Partner, der bewiesen hat, dass er es kann und es sich zutraut und eigenes Kapital investiert?“, beantwortete er selbst: „eine ideale Situation!“ Er forderte die Bürger zu einem „beherzten Schritt nach vorn“ auf. Auf die Frage von Krebs nach den Folgen einer Insolvenz erklärte Interspa-Vertreter Over, dass dann Sauna und Therme abgeschaltet und Hallen-/Freibad getrennt davon betrieben werden könnten.

„Ein Bad für Auswärtige“

Werner Fertig kritisierte, dass er keine Attraktivitätssteigerung für die Einheimischen erkennen könne, sondern vor allem für die Auswärtigen. Scherg bestätigte ihm, dass man davon ausgehe, dass die rund 180 Parkplätze vor dem Bad ausreichten, sie aber künftig nur noch für Maradies-Besucher offen stünden. Die Stadt werde jedenfalls keine neuen bauen.

Jens Kerkhoff von der die Stadt beratenden Ingenieur-Gesellschaft Constrata, Bielefeld, die auf Bäder spezialisiert ist, ergänzte auf Nachfrage, dass in Deutschland derzeit rund 8000 Schwimmbäder im Beratungsstau stünden. „Sie wurden in guten Zeiten gebaut, und heute weiß niemand mehr, wie man sie bezahlen soll.“ Er könne daher die Ängste der Bürger verstehen, sprach sich aber wie Scherg für das Interspa-Konzept aus.

Fehlende Attraktionen für Kinder und Jugendliche, wie zum Beispiel Wasserrutschen, bemängelten einige Eltern. Dazu klärte Scherg die Prioritäten: Rutschen seien nicht Bestandteil der Ausschreibung gewesen, sehr wohl aber die großen Schwimmerbecken im Freien und in der Halle, um den TV-Schwimmern und der Wasserwacht gute Trainingsmöglichkeiten zu bieten. Man könne das Geld nur einmal ausgeben: „Das Bad ist kein Wunschkonzert.“

Gleich mehrere Redner brachen eine Lanze für das neue Bad, darunter der scheidende Stadtrat Otto Liebler, der laut Scherg viele Bäder in Deutschland kenne, und der künftige Stadtrat Ernst Weißenberger. Günter Martin freute sich über das „relativ kleine Risiko“ für die Stadt und die auf 30 Jahre festgeschriebenen laufenden Kosten. Er richtete einen Appell an die Gegner: „Man sollte aufeinander zugehen.“

Bürgermeister Scherg forderte abschließend dazu auf, das Badkonzept im Bürgerentscheid zu unterstützen: „Wir brauchen Ihr Votum!“

Ausführliche Informationen, Daten, Fakten und Bilder zum geplanten neuen Bad finden Sie auf den Internet-Seiten der MAIN-POST unter www.mainpost.de/lokales/mainspessart/marktheidenfeld/maradies und auf neuen Seiten der Stadt Marktheidenfeld unter www.maradies.de

 
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