"Der Widerstand gegen P43, eine 380-kv-Wechselstromleitung, auch Fulda-Main-Leitung genannt, muss stärker wahrgenommen werden." Dies war der Tenor aller Redner beim Mahnfeuer und Protestaktion des Marktes Obersinn gegen den geplanten Verlauf der "Monstertrasse" durch das Sinntal über Gemünden in Richtung Bergrheinfeld. "Die Bürger müssen klar registrieren, dass wir bei der P43 über eine mächtige Freileitung mit einer 100 Meter breiten Schutztrasse und von 80 Meter hohen Masten reden, die nicht wie bei SüdLink in die Erde kommen". Bürgermeisterin Lioba Zieres und ihr Marktgemeinderat als Initiator hatten bewusst das "Dreiländereck" bei Dittenbrunn als Treff gewählt, da hier die Landkreise Main-Kinzig, Bad Kissingen und Main-Spessart zusammentreffen.
Bedingt durch die aktuelle Corona-Lage wurde auf eine große öffentliche Werbeaktion verzichtet. Rund 30 Aktivisten demonstrierten mit Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten und Bürgern aus Gemeinden im Altkreis Gemünden, der hessischen Nachbargemeinde Altengronau und Besuchern aus Zeitlofs Geschlossenheit. Zieres, Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert und Altengronaus Ortsvorsteher Winfried Maienschein versuchten die Bevölkerung aufzurütteln, da vielen das Szenario P43 und besonders deren, die Natur vernichtende Spur nicht bekannt ist.
Zieres: Hektarweise Wald müsste gerodet werden
Zieres zeichnete die Kulisse der bereits von der Bundesnetzagentur bestätigten Hochspannungsleitung P43, deren Trassenkorridor entlang der ICE-Strecke führen könnte. "Von Zeitlofs kommend durchschneidet sie auf gewaltigen Masten den Wiesengrund der Gemeinde Sinntal, Altengronau und Jossa, überschreitet ohne Rücksicht auf FFH-Gebiete bei Obersinn die Landesgrenze, verläuft in einer breiten Schneise durch den Wald über Mittelsinn, Burgsinn, Rieneck bis nach Gemünden. "Hektarweise müsste Wald massiv gerodet werden und das in einer Zeit, in der immer mehr Wald verschwindet und lokale Ökosysteme Klimaanker sind", so Zieres.
Interessant sei die Tatsache, dass der für das Projekt verantwortliche Netzbetreiber Tennet die Berechnung des künftigen Strom- und Leitungsbedarfs selbst durchgeführt und der Bundestag abgesegnet hat. Tennet bezeichnet die 130 Kilometer lange Fulda-Main-Leitung, die Verbindung der Umspannwerke Mecklar bei Fulda mit dem Umspannwerk Bergrheinfeld als "Versorgungssicherheit und zukunftssicheren Abtransport der norddeutschen Windenergie".
Eigentlich, so Lioba Zieres, sei die Fulda-Main-Leitung eher eine Stromtrasse für die Versorgung des Rhein-Main-Gebietes. Die direkte Verbindung in den Ballungsraum wurde jedoch von der hessischen Landesregierung verworfen. Nach Zieres' Worten könne die Monstertrasse P43 keinesfalls durch die beiden Trassenkorridore Sinntal und Gräfendorf-Karsbach geführt werden. "Wir leben in einer wertvollen Naturlandschaft mit FFH- und Vogelschutzgebieten, selten gewordenen Tieren und Pflanzen und setzen uns seit Jahrzehnten für deren Erhalt ein. Wir fordern eine ergebnisoffene Prüfung aller Schutzgüter hier im Sinntal und -grund".
Lippert: "Müssen die Bürger aufwecken und sensibel machen"
Bürgermeister Jürgen Lippert erinnerte, dass Gemünden und Zeitlofs bei beiden Trassenführungen betroffen wären. "Mit solchen Aktionen wie heute müssen wir die Bürger aufwecken und sensibel machen. Wir müssen alles dafür tun, damit die P43 hier nicht gebaut wird. Wehren Sie sich, dass unsere schöne Landschaft nicht durch eine solche Trasse durchschnitten wird".
Lippert verlas auch eine Stellungnahme des Öko-Kreises Gemünden. "Je mehr Strom regional erzeugt und verbraucht wird, desto geringer ist der Stromtransport-Bedarf und der dazugehörige Netzausbau. Außerdem könnte die P43 mod durch zusätzliche Stromleiterseile so aufgerüstet werden, dass kein Trassenneubau notwendig wäre. Eine neutrale, volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Berechnung fehlt bis heute".
Altengronaus Ortsvorsteher Winfried Maienschein erinnerte an Aktionen und installierte Banner gegen die P43 in den Regionen Main-Kinzig, Bad Brückenau und Rhön. Viele Bürger hätten die neuen Planungen mit dem Südlink verwechselt. Da für die Wechselstromtrasse keine unterirdische Leitung möglich sei, müssen riesige Korridore durch Wälder geschlagen werden. "Wir haben kaum Industrie - die Natur ist unser Kapital. Stromtrassen bedeuten den Tod für jeglichen Tourismus in unserer Region". Er sagte auch: "Lassen Sie sich nicht alles gefallen – stehen Sie auf".