"Zwei Shows zu einem Preis" hat der Mannheimer Komiker Bülent Ceylan am Mittwoch in der bis auf einige Restkarten ausverkauften Lohrer Stadthalle abgeliefert. Den über 700 Besuchern bot er neben seinem aktuellen Comedyprogramm "Luschtobjekt" einen Vorgeschmack auf seine zweite Karriere als Sänger, die gerade in den Startlöchern steht. Ein Lohrer Gastronom postete hinterher stolz, dass Ceylan zum wiederholten Mal bei ihm eingekehrt sei.
"Luschtobjekt" heißt im Mannheimer Dialekt natürlich Lustobjekt, und von diesen gibt es viele – von Bäumen, an denen sich "Ökosexuelle" reiben, bis hin zur Rohrzange von Hausmeister Mompfred Bockenauer, einem der vielen Alter Egos Ceylans auf der Bühne. Auch der Komiker selbst ist ein Luschtobjekt, auch wenn sich während der Corona-Zeit am Bauch "der Muskel etwas 'rausgedrückt hat".
Schon beim Warmreden, denn in der Garderobe hat es die für öffentliche Gebäude vorgeschriebenen 19 Grad, nimmt Ceylan intensiven Kontakt mit dem Publikum auf. Da steht ein begnadeter Entertainer auf der Bühne, der redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. So entwickelt sich im Laufe des Abends eine Mischung aus dem eigentlichen Programm und spontanen Einfällen des Komikers, die bei jedem Auftritt andere sein dürfte.
Geburtstagsständchen für Holger
Für Holger, der seinen 50. Geburtstag in der Stadthalle verbringt und von seinen Nichten verpfiffen wird, singt er ein "deutsch-türkisches Happy Birthday". Hildegard und Hermann, die seit über 30 Jahren verheiratet sind, bekommen eine Tüte mit Merchandisingartikeln und eine Rose geschenkt, die Hermann mit Kuss seiner Frau überreicht, alles mit der Publikumskamera eingefangen und auf die Großleinwand übertragen.
Viel redet Bülent Ceylan über seine Kindheit und seine Eltern, die katholische deutsche Mutter Hilde und den türkischen muslimischen Vater Ahmet, die ihn spürbar geprägt haben. Nur religiös nicht: Er ist evangelisch. Auch von seinen Kindern erzählt er gerne, mehr aber nicht. "Ich poste keine Fotos von ihnen auf Instagram", sagt er unter Beifall des Publikums.
Neben Hausmeister Mompfred sind auch die schnippische Pelzgeschäftsbesitzerin Anneliese und der goldkettchenbehangene Hassan wieder dabei, eine Parodie auf Türken in Deutschland. In dieser Rolle singt er mit Gucci-Täschchen einen Rap gegen die Zumutung, dass er einen Kombi fahren soll, "das gleiche Auto wie ein Bestatter", weil Freundin Corinna Zwillinge zur Welt gebracht hat.
Gott Thor mit Mannheimer Dialekt.
Eine neue Bühnenfigur mit blonder Perücke und Hammer ist Gott Thor mit dem Mannheimer Dialekt. Seine Mutter wollte ihn eigentlich Viktor nennen, was seinem Vater zu lang war. Deshalb musste sie sich für eine der beiden Silben entscheiden. Dumm ist nur, dass sich Ceylan den Muskelanzug krumm angezogen hat, "ich seh' ja aus wie nach einer einseitigen Rückenbehandlung".
Eigentlich habe er Opernsänger werden wollen, hat Ceylan bereits vor Jahren durchblicken lassen, und bereits vor der Pause beweist er mit einem Auszug aus Franz Schuberts "Winterreise", dass er dazu durchaus Chancen gehabt hätte. 2020 zeigte er sein musikalisches Können in der Fernsehshow "The Masked Singer". In Deutschland setzt sich nach seinen Worten die Erkenntnis immer mehr durch, dass Komiker nicht immer Komisches machen müssen, sondern beispielsweise auch ernsthaft Musik.
Dem Lohrer Publikum verrät er, dass er am Montag einen Plattenvertrag für eigene Lieder mit deutschen Texten mit der Universal Music Group abgeschlossen hat. Nach der Pause nimmt die Musik mit "Sweet dreams" von Marilyn Manson, "Engel" von Rammstein, "Father and son" von Cat Stevens (alle aus "The Masked Singer") und "Nothing else matters" von Metallica breiten Raum ein.
Ceylan gefiel es wieder einmal in Lohr
Spätestens da merkt man, dass Ceylan eigentlich nicht von der Bühne runter will, weil es ihm in Lohr, wo er nicht zum ersten Mal auftritt, gefällt. Mit "Freiheit" von Marius Müller-Westernhagen, das er zusammen mit dem Publikum für die Menschen singt, die weltweit unter Kriegen zu leiden haben, gibt es einen emotionalen Schlusspunkt. "Das war ein geiler Abend für mich", bekennt der Künstler, "ab heute bin ich Unterfranke."