
So ganz sicher ist sich Klaus Fischer von der Mittelschule Marktheidenfeld im Vorfeld nicht, wie die zweitägige Veranstaltung der Initiative Junge Forscherinnen und Forscher (IJF) bei seinen Schülern ankommen wird. „Ich freue mich, wenn bei dem ein oder anderen etwas hängen bleibt“, erklärt der Lehrer seine eher gedämpfte Erwartungshaltung.
Über eine Fortbildung der IJF für naturwissenschaftliche Lehrkräfte hat der Pädagoge, der seit 30 Jahren unter anderem Physik, Chemie und Biologie, kurz PCB, lehrt, von den IJF-Schulbesuchen gehört.
Es ist das erste Mal, dass die vom Europäischen Sozialfond (ESF) getragene zweitägige Veranstaltung in der Mittelschule zu Gast ist. Entsprechend gespannt sind Schulleiterin Annette Hettiger und Klassenleiter Klaus Fischer an diesem Mittwochvormittag. Ziehen die Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren bei den Experimenten mit? Lassen sie sich von den beiden IJF-Dozenten Matthias Gerhard und Martin Klaas für Bionik, Leichtbau und Universalgelehrte wie Leonardo da Vinci begeistern?
Mit Eifer und Teamwork dabei
Beim einleitenden Theorievortrag schwankt das Interesse der Schüler zwischen neugierig und zurückhaltend. Lebhafter wird es in den Klassen 9 ma und 9 mb der Mittelschule Marktheidenfeld, als die eben gelernte Theorie in die Praxis umgesetzt wird. Denn nun geht es darum, Experimente zu Bionik und Leichtbau in Gruppen von drei bis fünf Schülern durchzuführen.
„Durch die Gruppendynamik werden die Jugendlichen richtig ehrgeizig“, so Chemie-Doktorand Matthias Gerhard über seine Schulbesuche. „Gerade beim Brücken-Experiment gibt es viele verschiedene Strategien, die sich die Schüler ausdenken und bei denen sie sich ausprobieren können.“
Das Konstruieren einer Papierbrücke ist eines der Experimente, das die Schüler austüfteln und probieren dürfen. Dafür sind Kreativität und Gruppenarbeit gefragt. Jedem Schüler-Team stehen dafür zehn DIN A4-Blätter mit 30 cm Länge, eine Rolle Klebstreifen, eine Schere und ein Lineal zur Verfügung. Aus Papier und Klebstreifen sollen sie eine Papierkonstruktion basteln, die zwei hölzerne Brückenpfeiler über mehr als 30 cm verbindet. Zudem muss die Konstruktion mittig ein Gewicht von 500 Gramm tragen.
Ein falscher Jubel
Eifrig werden erste Entwürfe diskutiert, Streifen geschnitten, mit Klebeband verbunden und auch mal bei der Nachbargruppe geschaut, wie die das Problem lösen möchte.
Nach gerade einmal zehn Minuten kommt plötzlich großer Jubel auf. Eine Gruppe mit drei Jungen reißt triumphierend die Arme nach oben. Die Mitschüler schauen auf und sind beeindruckt: Das 500 Gramm Gewicht steht bombenfest in der Mitte einer wenig professionell wirkenden Papierverlängerung.
Dozent Matthias Gerhard wirft einen kurzen Blick auf die Konstruktion, um dann lachend abzuwinken. „Jungs, nehmt das Lineal aus dem Papier“, lautet sein lapidarer Kommentar. „Denkt Ihr, wir machen das Experiment heute zum ersten Mal?“, wirft er schmunzelnd hinterher. Das Suchen nach der richtigen Lösung geht also in die nächste Runde.
Mehr als 100 Schulbesuche 2016
Über 100 Schulbesuche absolvierten die IJF-Mitarbeiter 2016, sagt Eva Hildebrandt, die die kostenlosen Angebote koordiniert. Das in Würzburg ansässige Projektteam besucht seit 2010 wöchentlich Grundschulen und weiterführende Schulen in ganz Bayern. Über 56 000 Interessierte konnten seitdem geschult werden.
Die naturwissenschaftliche Bildungsarbeit in Mittelschulen ist neu und läuft erst seit September. Sie hat ihren Schwerpunkt noch in Unterfranken. Bionik, erneuerbare Energien, Leichtbau und Nanotechnologie sind die Themen, die die IJF lehrt. Ziel sei es, die Jugendlichen für innovative Technologien zu begeistern und einen verantwortungsvollen Umgang mit neuer Technik zu vermitteln.
Als „sehr abwechslungsreich“ haben die beiden Klassen den zweitägigen IJF-Unterricht erlebt, zieht PCB-Lehrer Klaus Fischer im Nachgang ein positives Feedback.
Die Lösung bleibt geheim
Die ersten schummelfreien Brückenmodelle gibt es in der 9ma nach gut einer Stunde: Eine Gruppe aus Mädchen und Jungs hat den Dreh raus. Kursleiter Gerhard hat unterdessen die optimale Brückenversion mit geringem Eigengewicht gebaut, die er am Ende der Stunde vorstellen wird.
Wie die aussieht, wird nicht verraten. Schließlich wird das IJF-Team in den kommenden Monaten auch Schulklassen in Gemünden und Miltenberg besuchen und dort – neben anderen Experimenten – Brücken aus Papier bauen lassen.