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MARKTHEIDENFELD
Brücken zwischen Nationen und Religionen bauen
Großartige Aufführung: Die Werke „The Armed Man – A Mass for Peace“ und „Gloria“ des walisischen Komponisten Karl Jenkins, dargeboten von der Katholischen Kantorei unter Leitung von Hermann Grollmann, konnten die Zuhörer in der voll besetzten Pfarrkirche St. Josef in Marktheidenfeld erleben.
Foto: MARTIN HARTH | Großartige Aufführung: Die Werke „The Armed Man – A Mass for Peace“ und „Gloria“ des walisischen Komponisten Karl Jenkins, dargeboten von der Katholischen Kantorei unter Leitung von ...
Von unserem Mitarbeiter MARTIN HARTH
 |  aktualisiert: 11.12.2019 20:02 Uhr

Einen großartigen musikalischen Appell für mehr Verständnis unter den Religionen und einen eindringlichen Aufruf für den Frieden erlebten am Samstagabend die Gäste in der Marktheidenfelder Pfarrkirche St. Josef. Zum Jahreswechsel bot die Katholische Kantorei unter ihrem künstlerischen Leiter Hermann Grollmann zwei Werke des walisischen Komponisten Karl Jenkins (*1944).

Zur Aufführung von „The Armed Man – A Mass for Peace“ hatte man Mezzosopranistin Cornelia Lanz (Stuttgart) und die junge Sophie Graf (Urspringen) als Solistinnen gewinnen können. Der instrumentale Part lag bei der in Marktheidenfeld inzwischen sehr geschätzten Russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg mit ihrem Dirigenten Juri Gilbo, bei einem Percussion-Ensemble um Peter Sebold und bei Johannes Klüpfel (Helmstadt) am Synthesizer.

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Mit Gebeten und Rezitationen beteiligten sich der neue Imam der Türkisch-Islamischen Gemeinde Marktheidenfeld, Yasin Günes, Irmgard Winter (Arabisch), Pater Jacob Chamakalayil (Indisch/Sanskrit) und Fa Zhou (Chinesisch).

Dekan Hermann Becker warb zur Begrüßung mit einem Zitat aus der Erklärung über das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren für mehr gegenseitige Akzeptanz. Jenkins' Friedensmesse „The Armed Man“ zeige den Irrsinn des Kriegs. Kennenlernen, Austausch und Partnerschaft hätten in vergangenen Jahrzehnten viel bewegt und Brücken gebaut. Als Beispiele erwähnte der katholische Geistliche Marktheidenfelds lebendige Städtepartnerschaften zu Montfort in Frankreich und Pobiedziska in Polen.

Als ein ausgesprochen effektvolles und komplexes Werk zeigte sich im Anschluss „The Armed Man – A Mass for Peace“. Es wurde wie frühere Schlachten mit Trommel und Flöte im Marschrhythmus und dem französischen Lied „L'homme armé“ aus dem 15. Jahrhundert eröffnet.

Jenkins verbindet traditionelle liturgische Sätze mit vertonten biblischen, religiösen, historischen und literarischen Texten über Krieg und Gewalt. So kommen Rudyard Kipling und Jonathan Swift neben Psalmen und dem alt-indischen Epos Mahabharata zu Wort. Eindrucksvoll wirkte auch die Klage von Toge Sankichi, einem japanischen Augenzeugen und Opfer des Atombombenabwurfs auf Hiroshima im Jahr 1945.

In Kriegszeiten komponiert

Das im Jahr 2000 uraufgeführte Werk von Jenkins erfreut sich größter Beliebtheit. Es wurde zur Zeit des Kosovo-Krieges komponiert, weshalb der islamische Aufruf zum Gebet „Allahu Akbar“ von Imam Yasin Günes zu Beginn einen zentralen Stellenwert vor dem wunderbar von Sophie Graf gesungenen Kyrie hatte. Jenkins Werk steigerte sich, angetrieben durch die Rhythmen von Peter Sebolds Percussion-Ensemble, im Gesang der Kantorei über schrille Disharmonien bis zu einer veritablen Kakophonie des kriegerischen Unheils, die von einem Moment der Stille und der Besinnung abgelöst wird.

Hermann Grollmann gelang es mit Nachdruck, die vielen einzelnen Komponenten des Gesamtensembles zusammenzuführen und die unterschiedlichen Stimmungen und Charaktere der Sätze auf das Publikum wirken zu lassen. Schließlich schwiegen nach dem „Agnus Dei“ die Waffen. Nach schmeichelndem Zusammenspiel von Cello und Querflöte im Orchester siegte am Ende die Einsicht, dass der Frieden besser sei als bewaffnete Konflikte. So verkündete es das Glockenspiel zum Gesang des Chors und der glänzend artikulierenden Sängerin Cornelia Lanz.

Mit ganzer Leidenschaft

Nach einer Pause setzte die Kantorei das Anliegen des Abends mit dem „Gloria“ von Karl Jenkins aus dem Jahr 2010 fort. Auch dieses, weit harmonischer orientierte Werk knüpft an eine traditionelle Form geistlicher Musik an und konfrontiert bekannte biblische Texte mit Grundlagen fremder Religionen. So wird aus der Bhagavad Gita als einer der zentralen Schriften des Hinduismus gelesen wie aus der buddhistischen Diamant-Sutra. Der Psalm 150 „Lobt Gott in seinem Heiligtum“ erklingt mit rhythmisch geklatschter Steigerung in hebräischer Sprache.

Nach einer Lesung zur rechten Lebensweise aus der Lehre des Tao in chinesischer Sprache schuf Mezzosopranistin Cornelia Lanz in Begleitung der Kammerphilharmonie mit dem Song „I'll Make Music“ einen brillanten, fast revuehaften Lobpreis auf die Musik. Nach der Rezitation der ersten Sure des Korans „al-Fatiha“ mündete Jenkins' Werk in einen lateinischen, begeisterten Lobpreis Gottes, der am Ende dem Chor, den Musikern und ihrem künstlerischen Leiter nochmals das ganze Können und die ganze Leidenschaft abverlangte.

 
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