
Ein musikalisches Großereignis, mit annähernd 100 Mitwirkenden und hochklassiger Besetzung hatte die Katholische Pfarreingemeinschaft St. Michael in Lohr für den Samstagabend in der Stadtpfarrkirche versprochen. Bravorufe am Schluss und minutenlanger Applaus der 400 Besucher bestätigten dann des Paulus-Oratoriums von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Die erstklassige Aufführung trumpfte mit außergewöhnlichen solistischen Darbietungen auf und begeisterte das Publikum rundum.
Kräftiger Bass, warmer Alt
Der kräftige Bass von Johannes Hill beispielsweise ließ das berühmte „Gott, sei mir gnädig“ zu trefflicher Entfaltung im dramatischen Eifer kommen. Tenor Maximilian Argmann, der den erkrankten Andreas Karasiak ersetzte, konnte mit seinem jugendlich klingenden Timbre den Mendelssohn'schen Gesangskosmos gleichfalls souverän, vor allem im Duettino „Barnabas und Paulus“, ausschmücken.
Barbara Buffys warme Altstimme kam im Oratorium mangels fehlender Möglichkeiten leider viel zu selten zur Geltung. Sopranistin Anna Nesyba kannte ihren Paulus ganz offensichtlich bestens, denn sie intonierte sicher und voller Inbrunst. Schließlich liegt ihr besonderer Schwerpunkt in der historischen Aufführungspraxis Alter Musik.
In Musik ausgedrückter Glaube
Seit seiner Uraufführung im Jahr 1836 zählt das Paulus Oratorium opus 36 von Felix Mendelssohn-Bartholdy zu den schönsten Oratorien des 19. Jahrhunderts. Dies würdigte der sichtlich mit Stolz erfasster Stadtpfarrer Sven Johansen, der in seinen in seiner üppig besetzten Kirche einleitenden Worten davon sprach, dass sich der Glaube in Musik ausdrückt: Eben auch in dieser wundersamen Geschichte vom Saulus, der durch göttliche Eingebung zum Kirchenlehrer Paulus wurde. Anhand der Apostelgeschichte zeichnet Mendelssohn seinen Weg nach, was ihm musikdramaturgisch hervorragend gelang.
Der Lohrer Dekanatskantor Alfred Meusert dirigierte mit sichtlicher Freude dieses bewegende Werk, dessen Spannung und Dramatik er nicht nur den Ausführenden, sondern auch dem Publikum mitzuteilen im Stande war. Präzise in den Einsätzen, einzelne Instrumentalgruppen sowie Stimmgruppen des Chores im Blick, aber nie das Ganze aus den Augen verlierend, war sein Dirigat durchsichtig, übersichtlich und anspornend. Dies gelang ihm insbesondere durch die exzellente musikalische Umsetzung des Würzburger Sinfonieorchesters, dem Chor der Kantorei St. Michael und des stimmgewaltigen Einsatzes der vier Solisten.
Die Geschichte des Saulus, der zum Missionar des Christentums wurde, beginnt mit der Steinigung des Stephanus, der die Lehren des Jesus von Nazareth verbreitet. Saulus ist einer von denen, der Steine wirft. Auf dem Weg nach Damaskus erhält er dann aber einen „göttlichen“ Auftrag, sein Leben zu überdenken und zu ändern
Opulentes Finale
Der zweite Teil des Oratoriums, der die Heidenmission zum Inhalt hat und der mit der Steinigung von Paulus endet, lässt den Chor im hasserfüllten „Steinigt ihn!“ mit einem vorwärtsdrängenden Rhythmus und im Schlusschor zum opulenten Finale in imposanter Klangfülle den Lobpreis Gottes erschallen.
Der Chor und das Orchester boten dabei noch einmal allen Gestaltungswillen auf und beendeten dieses beeindruckend schöne Werk. Für diese gesangliche Ausnahmedarbietung erhielt der Chor den lautesten Applaus, dem sich selbst die Musiker anerkennend anschlossen.