Borkenkäfer sind winzige Lebewesen, die in unseren Wäldern gigantische Schäden anrichten können. Deshalb sagen die Bayerischen Staatsforsten im Spessart den Insekten jedes Jahr den Kampf an – mit einem schnellen Frühwarnsystem und mit Hightech, wie es im Frammersbacher Revier zu sehen ist.
Während sich manch einer über die Regentage im Juni geärgert hat, wo doch nun die Freibäder wieder geöffnet sind, hatte Jochen Raue Grund zur Freude darüber. "Der Regen und die Kälte jetzt zu Beginn des Sommers war Gold wert, da dies die Vermehrung der Borkenkäfer deutlich verlangsamt", freut sich der Revierleiter der Staatsforsten in Frammersbach.
Die Borkenkäferpopulation schätzt er etwa zehnmal höher als normal ein. Doch aufgrund des im Verhältnis zu anderen Regionen recht feuchten Klimas im Ost-Spessart sei die Situation noch überschaubar. Bei den befallenen Bäumen handle es sich meist um Einzelfälle, während in vielen anderen deutschen Waldgebieten ganze Flächen wegen Käferbefalls abgestorben sind.
Jeder befallene Baum ein Punkt
Damit es bei Einzelfällen bleibt, arbeiten die Bayerischen Staatsforsten mit einem ausgeklügelten Frühwarnsystem, welches Raue erklärt: Etwa dreimal im Jahr begeben sich Forstwirte und Revierleiter auf Borkenkäfersuche. Mit der App "ZE-Insekt" markieren die Sucher per Smartphone befallene Bäume punktgenau per GPS. Diese werden so bald wie möglich gefällt, bevor die Käfer auf Nachbarbäume springen können. In der App werden die Schadstellen als beseitigt markiert.
Damit die Forstleute wissen, wann der nächste Schwärmflug der Borkenkäfer beginnt, stellen die Revierleiter vor Ort Fallen auf. Dadurch lässt sich feststellen, wann die Borkenkäferpopulation erheblich steigt. Außerdem veröffentlicht das Landesamt für Wald- und Forstwirtschaft rechtzeitig einen Newsletter, der, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierend, vor einem bevorstehenden regionalen Borkenkäferflug warnt.
Holz nur mit Verlust verwertbar
"Zwar können wir das Holz der Bäume verkaufen. Doch der Einsatz an sich ist normalerweise für uns ein Verlustgeschäft", erklärt der Förster. "Das ist zwar sehr aufwendig, aber wir sind schon stolz, wie effektiv und schnell wir damit die Brandherde aus dem Verkehr ziehen und Schlimmeres verhindern." Wie schnell ein enormer Schaden entstehen kann, zeigte sich vor nicht allzu langer Zeit in einem Privatwald in der Nähe von Habichtstal, wo ein Borkenkäfernest unbemerkt blieb. Am Ende mussten über drei Hektar Wald gerodet werden, erzählt Raue.
In der Region gibt es fast ausschließlich die Fichtenborkenkäfer "Buchdrucker" und "Kupferstecher" – wegen ihrer Fraßbilder so genannt. Befallene Bäume wehren sich mit Harz gegen die Schädlinge. Doch bei Trockenheit können die Fichten nicht genug Wasser zur Harzbildung aufnehmen. Die Insekten vermehren sich in dieser Zeit exponentiell und suchen sich an anderen Bäumen neue Nahrung.
Vielfalt von Baumarten hilft
Nicht nur deshalb wird dieser Nadelbaum im Frammersbacher Revier schon lange nicht mehr gepflanzt und häufig gefällt. "Die Fichte ist dem Klimawandel sehr schlecht angepasst, da sie zu viel Wasser braucht, um zu gedeihen", erklärt Raue. Doch auch die Lärche sei zunehmend vom Borkenkäfer befallen. Allerdings vermehren sich Lärchenborkenkäfer weniger stark, da die Lärche meist nur einzeln vorkommt.
Generell strotzt Raues Revier nach jahrzehntelanger Arbeit geradezu vor Biodiversität, was bei einer Tour durch den Wald sofort ins Auge fällt. "Oft wachsen an einer Stelle junge Bäume von bis zu 15 verschiedenen Baumarten von ganz allein heran", freut sich der Revierleiter. Gegen Schädlinge wie den Borkenkäfer ist das langfristig der beste Schutz.