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KARLSTADT
Bombendrohung im Landratsamt
Von unserem Redaktionsmitglied Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:26 Uhr

Ein 58-Jähriger hat im Februar einem Mitarbeiter des Jobcenters in Karlstadt gedroht: „Wenn morgen mein Geld nicht auf dem Konto ist, geht im Landratsamt eine Bombe hoch.“ Deswegen und weil er vor drei Wochen einen Polizisten beleidigte, musste er sich nun vor dem Amtsgericht Gemünden verantworten. Zum Zeitpunkt der Bombendrohung stand er noch unter Bewährung, weil er im Juli 2006 in der Unterführung am Karlstadter Bahnhof ein Mädchen mit dem Rad umgefahren hatte und geflüchtet war.

Schon früh wurde in der Verhandlung deutlich, dass der 58-Jährige eine tragische Figur ist. Der Angeklagte – Analphabet, Ausbildungsabbrecher, arbeitslos – hat mit einem Alkoholproblem zu kämpfen. Er versuchte vor Gericht zwar, das Problem herunterzuspielen, aber nicht einmal sein Verteidiger wollte ihm Glauben schenken. „Das können Sie alles vergessen, was er erzählt“, sagte der zur Richterin.

Der Angeklagte bekommt sein Leben nur schwer in den Griff. Als Hartz-IV-Bezieher muss er immer wieder Ein-Euro-Jobs annehmen, so auch vergangenen Winter. Weil er aber seine damalige Arbeit als Straßenkehrer offenbar nicht so erledigte, wie er sollte, bekam er vom Jobcenter weniger Geld überwiesen. Das brachte den 58-Jährigen so in Rage, dass er dem Mitarbeiter des Jobcenters am Telefon mit einer Bombe im Landratsamt drohte. „Es war nicht so gemeint“, sagte der Angeklagte vor Gericht und entschuldigte sich. Den Spruch habe er „so losgelassen“, weil er sauer gewesen sei. Er habe da aber lediglich zwei Bier intus gehabt.

Vor drei Wochen dann hat der Angeklagte kurz nach Mitternacht einen Polizisten unter anderem mit „Halt's Maul!“ beleidigt. Es habe ihn gestört, dass ihn der Polizist angehalten und behauptet habe, dass er mit dem Fahrrad „Slalom gefahren“ sei, sagte der geständige Angeklagte. Ein Bier und drei bis vier Gläser Wein habe er zuvor getrunken. „Das stimmt doch nicht!“, fuhr ihm sein Verteidiger da dazwischen. „Ich hab Ihnen gesagt, dass Sie hier nicht rumeiern sollen.“ In der Tat ist kaum glaubhaft, dass so seine 1,5 Promille zustande gekommen sein sollen. „Da setzt man sich eigentlich nicht aufs Fahrrad, das ist gefährlich“, belehrte ihn die Richterin.

Auf sein Alkoholproblem angesprochen, sagte der 58-Jährige, dass er, seit er eine Freundin hat, schon viel weniger Alkohol trinke. Nach einer Therapie vor sechs Jahren sei er jedoch wieder an die falschen Freunde geraten, die täglich tränken. Nun denke er über eine erneute Entziehungskur nach.

Die Richterin konfrontierte den Angeklagten auch mit einem Räumungsverfahren, das im Moment anhängig sei. Der 58-Jährige räumte lediglich ein, mit einer neuen Mieterin Probleme zu haben. „Es gibt massive Beschwerden mehrerer Mieter gegen Sie“, sagte hingegen die Richterin. Es solle beispielsweise im Treppenhaus „ordentlich müffeln“.

Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft, neben der fahrlässigen Körperverletzung an dem kleinen Mädchen wegen weiterer Körperverletzungsdelikte, unter anderem an seiner jetzigen Freundin und ihrem mittlerweile gestorbenen Mann. Außerdem wegen Trunkenheit im Verkehr und wegen einer versuchten Nötigung vor vier Jahren. Damals wollte er eine Frau mit Gewalt küssen, die das aber nicht wollte.

„Sie haben ihn ja miterlebt“, sagte der Verteidiger und brachte ein Gutachten über die Schuldfähigkeit seines Mandanten ins Gespräch. Da offensichtlich war, dass der Angeklagte massive Probleme hat, hielten es auch die Richterin und der Staatsanwalt für angebracht, ein solches Gutachten einzuholen. Die Verhandlung wurde bis dahin ausgesetzt.

 
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