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LANGENPROZELTEN
Blutspende: Nervosität ist kein Grund zu kneifen
So geht Blutspenden: Ruhig bleiben und entspannen. Das Foto zeigt allerdings nicht unseren Autor, denn der bediente die Kamera.
Foto: Kristian Lozina | So geht Blutspenden: Ruhig bleiben und entspannen. Das Foto zeigt allerdings nicht unseren Autor, denn der bediente die Kamera.
Kristian Lozina
Kristian Lozina
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:48 Uhr

Gerade für Unfallopfer können Bluttransfusionen zwischen Leben und Tod entscheiden. Um auf dieses Thema aufmerksam zu machen, wird am 14. Juni der Weltblutspendetag begangen.

In den letzten Jahren ist in ganz Bayern die Zahl der Blutspenden deutlich zurückgegangen – sei es aus Bequemlichkeit, Kritik am Roten Kreuz oder Furcht. Zeit also, mal selbst Erfahrungen zu machen – bei der Blutspendeaktion des BRK in Langenprozelten.

Vor Spritzen habe ich eigentlich keine Angst. Aber die Tatsache, dass mir gleich ein halber Liter Blut aus dem Arm gepumpt wird, löst in mir ein sehr mulmiges Gefühl aus. Ich habe mir schon öfter Gedanken über eine Blutspende gemacht. Doch sei es aus Angst oder Bequemlichkeit, bislang konnte ich mich dazu nicht aufraffen.

Ein halber Liter in acht Minuten

Diesmal habe ich es geschafft. In der Sporthalle des TSV Langenprozelten werde ich ganz freudig von den Ehrenamtlichen des BRK begrüßt. Zunächst heißt es für mich Personalausweis vorzeigen, Infomaterial lesen und Formulare ausfüllen. Ich beantworte Fragen zu Urlaubsaufenthalten, ob ich Medikamente nehme und Vorerkrankungen habe – alles mögliche Ausschlusskriterien.

Es geht weiter zum Arztgespräch. Da ich auf meinem Formular fast überall „Nein“ angekreuzt hatte, geht es recht schnell. „Wie viel haben Sie heute getrunken?“, werde ich gefragt. „Etwa zwei Liter“ antworte ich. Das sei schon mal sehr gut, erklärt mir der Mediziner.

Er überprüft meinen Personalausweis, misst Temperatur und Blutdruck. Ich solle mich doch etwas entspannen. Blutdruck und Puls seien etwas hoch. Für den Kreislauf nicht unbedingt ideal. Es ist das erste Mal, dass meine Nervosität auch medizinisch dokumentiert wird.

Kein Grund zu kneifen

Nervosität ist natürlich kein Grund zu kneifen. Es geht daher weiter zu einer Krankenschwester. Sie piekt mir ins Ohrläppchen, um meinen Hämoglobinwert zu testen und überprüft noch mal meine Personalien – inklusive Personalausweis. „Alles in Ordnung. Suchen Sie sich einfach einen Platz aus.“ Ich nehme tief Luft und setze mich auf eine Liege in der Ecke. Sieben Leute sind bereits am Spenden. Sie sehen gut aus, niemand ist ohnmächtig, und es wird getratscht.

Ein junger Mann mit weißem Kittel kommt auf mich zu. Christian Neubert steht auf seinem Namensschild. Er ist Rettungssanitäter und hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Blutspendedienst gGmbH. Den Personalausweis muss ich nicht noch mal vorzeigen. Er erklärt mir das Prozedere, fragt, wie es mir geht und wie viel ich getrunken habe.

Der Pieks in den rechten Arm ist schnell gemacht. „Einfach entspannen. Genießen Sie ihre erste Spende“, sagt Neubert und macht sich auf den Weg zum nächsten Spender. Rechts von mir sehe ich, wie sich langsam der durchsichtige Beutel mit meinem Blut füllt. Eine elektronische Anzeige zeigt mir genau auf, wie viel Milliliter mir bereits abgenommen wurden. 500 ist die magische Zahl, dann habe ich es geschafft.

Warten auf das Ende

Zuerst starre ich auf die Decke, tippe mit der linken Hand auf meinen Bauch, dann mache ich die Augen zu. Meine Beine fangen an zu kribbeln, doch ich weiß nicht, ob das von der Spende kommt, oder von meiner Nervosität.

„Stell Dich nicht so an“, denke ich mir und knete mit meiner rechten Hand den kleinen roten Gummiball, den mir der Rettungsassistent gegeben hat. Damit geht die Blutabnahme schneller. Das Gerät neben mir fängt plötzlich an zu piepen: Nach nicht einmal acht Minuten ist alles vorbei.

Neubert kommt zurück, nimmt die Nadel aus meinem Arm und legt rasch einen Druckverband an. Es zeigt sich, dass dieser unangenehmer ist als die Blutabnahme. Auch das Kribbeln in meinen Beinen ist plötzlich verflogen. Für den Kreislauf bleibe ich noch ein wenig liegen, dann heißt es aufstehen und ein paar Minuten im Ruhebereich verweilen.

Den Kreislauf wieder ankurbeln

Die ehrenamtliche Helferin serviert mir Kaffee, Kuchen und Würstchen. Appetit habe ich keinen, aber sie packt mir das Essen ein. Gleichzeitig unterhalte ich mich mit anderen Spendern.

Eine von ihnen ist Katja Keßler aus Partenstein. Sie ist schon zum fünften Mal dabei. „Man hofft es ja nicht. Aber jeder kann mal in die Situation kommen, dass man eine Spende braucht“, sagt die 30-Jährige. Daher wolle auch sie helfen. Ihre Worte nehme ich mir zu Herzen, denn im Grunde kann man ihr nicht widersprechen.

Am Ende waren es 72 Blutspender, darunter ich als einziger Erstspender. Eine durchwachsene Bilanz. Elisabeth Wirth, Organisatorin des BRK Langenprozelten, erklärt mir, dass die Spendebereitschaft früher größer war.

Keine Ohnmacht und auch kein Zombie

In der Vergangenheit wurde das BRK auch kritisiert. Denn für jede Spende erhält der Blutspendedienst Geld. „Wir sind ein gemeinnütziges Unternehmen. Der Überschuss geht nicht an irgendwelche Leute, sondern in das Fachgebiet Blutspende“, erklärt mir Rettungsassistent Neubert. Allein mit ehrenamtlichen Kräften sei der Blutspendedienst nicht zu schaffen.

Immer weniger Spender: In Langenprozelten waren es nur 72.
| Immer weniger Spender: In Langenprozelten waren es nur 72.

Ich bin bei meiner Spende weder in Ohnmacht gefallen, noch laufe ich wie ein ausgesaugter Zombie durch die Gegend. Im Grunde spüre ich überhaupt keine Auswirkungen. Außer dem Gefühl, mich ohne Grund verrückt gemacht zu haben. Meine Furcht wird mich daher sicher nicht mehr von einer Blutspende abhalten. Hoffentlich auch nicht meine Bequemlichkeit.

Blutspenden in der Region

Die Zahl der Blutspender geht zurück. Bayernweit gingen 2015 genau 489 896 Menschen zur Blutspende. 2014 waren es noch 518 599. Auch im Main-Spessart-Kreis sank die Zahl der Spender von 12 054 (2014) auf 11 696 (2015).

Wer sich für eine Spende entscheidet, sollte vorher viel trinken: Mindestens zwei Liter, bei Hitze entsprechend mehr. Auch sollte nicht mit nüchternem Magen gespendet werden. Nach der Spende sollte für zwei Tage auf schwere körperlichen Aktivitäten verzichtet werden.

Blutspendetermine können über www.blutspendedienst.com gefunden werden.

 
 
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