Ein Bild sagt mehr als tausend Worte aber noch lange nicht alles. Das zeigte sich in einer Verhandlung vor dem Gemündener Amtsgericht: War sich der Gutachter anhand der „Blitzerfotos“ ziemlich sicher, dass ein 36-jähriger Geschäftsführer trotz Fahrverbots am Steuer saß, kam er beim Augenschein der beiden Personen zu einem ganz anderen Ergebnis.
Unstrittig war, dass am 6. Januar um 12.49 Uhr ein BMW X3 auf der Haseltalbrücke der A3 bei Bischbrunn geblitzt wurde, weil er zu schnell unterwegs war. Zugelassen ist das Auto auf die Recyclingfirma des Angeklagten. Dieser hatte aber infolge eines anderen Bußgeldverfahrens seinen Führerschein am 23. Dezember 2011 für einen Monat abgegeben.
„Ich saß zu diesem Zeitpunkt in meinem Büro in Pettstadt, da bin ich an Sonn- und Feiertagen immer“, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Für die Zeit des Fahrverbots habe er eigens einen Fahrer engagiert gehabt. Der fragliche BMW sei ein Firmenfahrzeug und fest seinem Mitarbeiter Alois (Name geändert) zugeordnet. Er selbst fahre gar nicht damit, andere Angestellter nur für kleinere Besorgungen im Raum Bamberg und zu den üblichen Bürozeiten.
Richter Alexander Milkau ließ gleich nach dem Angeklagten den Gutachter zu Wort kommen. „Ich muss mein schriftliches Gutachten stark relativieren“, erklärt dieser gleich am Anfang. Weil sich der Verhandlungsbeginn eine gute halbe Stunde verzögerte, hatte er genug Zeit, die beiden Männer ausgiebig zu betrachten. Ergebnis: Von zehn Merkmalen müsse er neun stark relativieren. Das gelte etwa für die Breite des Kinns oder die Gesichts-Schläfengrenze. Wirkten auf den Bildern die Haarfarben identisch, unterscheiden sie sich in Wirklichkeit stark, die Haare des Angeklagte sind auch länger.
„Die Identität ist nicht unterscheidbar“, erklärt der Gutachter schließlich. Im Vergleich mit den echten Personen passe die Augenregion auf dem Blitzerfoto gar nicht zum Angeklagten, die Ohrläppchen sprächen aber mehr für ihn als seinen Mitarbeiter. Eindeutig unterscheiden könnte man sie am Nasenbein, doch genau das ist auf dem Foto vom Scheibenwischer verdeckt.
Der 34-Jährige Mitarbeiter stritt als Zeuge nicht ab, dass er am Dreikönigstag mit dem X3 auf der A3 fuhr. Um einen gebrauchten BMW Z4 anzuschauen, habe er zusammen mit einem Bekannten die vierstündige Fahrt nach Frankfurt angetreten. Das wisse er noch wegen des Feiertags. „Auf der Heimfahrt bin ich dann wohl geblitzt worden“, sagte er vor Gericht, bemerkt habe er das nicht.
Bei dieser Beweislage waren sich Staatsanwalt, Verteidiger und Richter Alexander Milkau einig: Der Mann wurde freigesprochen. Die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse, gering sind sie nicht, wie Milkau anmerkt: „Sie sehen, bei Fahrverboten verstehen Polizei und Staatsanwaltschaft keinen Spaß. Da werden weder Kosten noch Mühen gescheut.“