So viele Zitate wie in der Sitzung zum Jahresabschluss sind Zellinger Gemeinderat selten zu hören.
Bürgermeister Wieland Gsell wählte für sein Jahresschlusswort den Blick vom Großen zum Kleinen. Dabei begann er mit dem kohlenstoffbasierten Weltwirtschaftssystem, das ob seiner Auswirkungen auf das Klima ein unhaltbarer Zustand sei. Weltweit wünschten sich angesichts von Flucht und Vertreibung, Klimaschutz, visualisierten Finanzmärkten (Bitcoins, Panama Papers) und Naturzerstörung viele Menschen einen Wandel hin zu Langfristigkeit und Nachhaltigkeit.
Umzudenken falle Menschen aber schwer. Menschen hielten sich auch aufgrund der Organisation des Gehirns lieber an Bewährtes und änderten Dinge erst, wenn bisher erfolgreiche Denkmuster völlig in Frage gestellt würden.
„Manchmal führen Vorstellungen und Strategien in eine Falle“, so Gsell. Ein Beispiel sei die Verknüpfung von „Mobilität und Verbrennungsmotor“. Ein Autokauf sei eine bewusste Handlung, aber selten ein rationaler Akt. Viele Dinge nähmen darauf Einfluss: ein zu Lasten des ÖPNV ausgebautes Straßennetz, staatliche Kauf- und Nutzungsanreize, der Wunsch nach Unabhängigkeit. Für manchen drücke das Auto auch den gesellschaftlichen Status oder die Kraft, Macht und Männlichkeit aus.
„Wir sollten uns im Kleinen, gerade im Markt Zellingen, Zeit zum rationalem Umdenken nehmen“, forderte der Bürgermeister. Statt „schneller, weiter, mehr“ und abstrakte Zahlen sei auf die Menschen zu achten. Er schloss mit einem Zitat des römischen Philosophen Seneca „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“
Wunsch nach Akribie
Rückblickend könne man nicht zufrieden sein, fand Barbara Gehrig stellvertretend für die CSU-Fraktion. Nur wenige Aufgaben seien erledigt, viel Unerledigtes werde die Nachfolger belasten. Damit zitierte sie den Anfang ihrer Rede vom Vorjahr. Sie wünschte sich, dass der Bürgermeister an die großen Projekte mit ebensolcher Akribie heran gehen würde wie an Umweltprojekte.
Für die Freien Bürger begann Andrea Heßdörfer mit dem demographischen Wandel. Dem sei man nicht hilflos ausgeliefert. In allen Ortsteilen neue Baugebiete auszuweisen sei ein mutiger Entschluss gewesen. Die Erweiterung des Gewerbegebiets Retzbach und der Breitbandausbau seien wichtige Standortfaktoren. Hervorzuheben sei die Familienpolitik mit Bildung und Betreuungsangeboten. Sie zitierte Henry Ford: „Das Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen.“
Mit dem Gedicht „Wann fängt Weihnachten an“ des Pädagogen Rolf Krenzer begann Wolfgang Rupp von den Grünen. Er interpretierte es danach um in Sachen Entscheidungsfindung: Mit offenen Türen, gemeinsamen Ziele, akzeptierten Argumenten, Teamgeist statt Egoismus und Vertrauen statt Argwohn fange Weihnachten für ihn an. Er endete mit einem Zitat des Filmregisseurs Francois Truffaut: „Das Leben hat viel mehr Phantasie als wir.“
Vertrauen in die Politik
„Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss“ – wer kennt dieses Cato dem Älteren, Senator im alten Rom, zugeschrieben Zitat nicht? Jürgen Keller begann seine Worte für die SPD damit, weil er zu Beginn vieler Sitzungen von seinem Gegenüber Kritik gehört habe, nichts oder zu wenig gehe voran. Er sehe aber ein anderes Zellingen. Mit Vertrauen in die Politik und unter zehn Prozent für die AfD in der Bundestagswahl. Mit engagierten Bürgern, Bürgerinitiativen und soliden Finanzen. Und mit Erfolgen: 2017 wurden ein Dorfladen und der Biergarten wiedereröffnet, die gefährliche Kreuzung „Zellingen Süd“ erhielt ein Ampel, für den Kindergarten Retzbach wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben.
Er sehe ein Zellingen, das für andere Gemeinde im Kreis Vorbild sei.