Elf Millionen Euro standen im Raum für das geplante „Eichenzentrum Hochspessart“ im Hofgut Erlenfurt und die Akademie „Wald und Gesellschaft“. Plötzlich aber ist von 26,5 Millionen Euro die Rede, die Sanierung und Ausbau des denkmalgeschützten Gebäudes im Hafenlohrtal, der Abriss alter Nebengebäude und der Neubau für die Akademie kosten sollen.
Walderlebniszentrum Bischborner Hof
Was in der Diskussion bislang verhältnismäßig kurz kam: Das Eichenzentrum soll ein zweites Standbein haben, und zwar am Bischborner Hof, direkt an der Bundesstraße 26 gelegen. Dieses Ziel zumindest verfolgt Thorsten Schwab, Bürgermeister von Hafenlohr und Landtagsabgeordneter der CSU. „Walderlebniszentrum“ nennt er seine Ideensammlung, über die das Kabinett voraussichtlich Mitte Juli entscheiden wird, wie Schwab im Gespräch mit der Redaktion mitteilte.
Als „Leuchtturmprojekt“ pries der ehemalige Landwirtschaftsminister Helmut Brunner das Eichenzentrum – ein Projekt des Aschaffenburger Landtagsabgeordneten Peter Winter (CSU) im östlichsten Zipfel des Landkreises Aschaffenburg. Bis zur Landkreisgrenze, zur Hafenlohrer Gemarkung, sind es keine 300 Meter.
Ein Turm und ein Spielplatz, der seinesgleichen sucht
Von einem Turm spricht auch Schwab: Nicht von einem „Türmchen“ allerdings, wie es für Erlenfurt vorgesehen ist, sondern von einem richtigen Aussichtsturm, an die 50 Meter hoch, barrierefrei zu begehen, von dem aus man einen Blick über die bewaldeten Bergrücken des Spessarts hat. Dazu soll es einen Walderlebnisspielplatz geben, „der in Unterfranken seinesgleichen sucht“, führt der Abgeordnete aus.
Vom Bischborner Hof aus soll das Eichenzentrum auch angefahren werden, wenn möglich organisiert mit Shuttle-Bussen, E-Bikes oder Elektrobussen, führt Schwab aus. Auf dieser Strecke über Lichtenau geht es sechs Kilometer durch den Wald. Für Wanderer sind es auf einer fast durchweg abschüssigen, geradlinigen Schotterpiste knapp vier Kilometer. Mitnichten solle das Eichenzentrum von Hafenlohr aus, die 14 Kilometer durchs Hafenlohrtal hinauf, angefahren werden, betont Schwab. „Das ergäbe wenig Sinn.“
Thorsten Schwab gibt sich zurückhaltend
Viele Vorschläge habe er gemacht, so Hafenlohrs Bürgermeister weiter, „da wird einiges berücksichtigt werden“. Auch eine Art Info-Center am Bischbrunner Hof könne er sich vorstellen, damit der Wanderer sich gut informiert auf den Weg ins Tal mache. Er wolle es sich aber „nicht selbst verhunzen“, begründet er seine momentane Zurückhaltung. Es seien schon so viele darüber gestolpert, dass sie etwas angekündigt haben, was dann nicht eingetroffen sei. „Es kommt“, weicht er aus, „es wird schon werden“, „schau mer mal“ ... Nur was den Aussichtsturm angeht, scheint er sich relativ sicher: „Die Chancen stehen sehr, sehr gut.“
Was dieser, was das ganze Walderlebniszentrum am Westrand des Landkreises Main-Spessart kosten wird, weiß er selbst nicht. „Ich mach Vorschläge und was am Schluss rauskommt, wird man sehen“, sagte er in einem Telefonat mit dieser Redaktion. Wobei er sich bei den Gesamtkosten für den Main-Spessart-Anteil daran orientiert, was zunächst für das Eichenzentrum veranschlagt war: elf Millionen Euro, eine zweistellige Millionensumme also.
Zwei Projekte, zwei Landkreise, zwei Ministerien
Doch diese wird nicht das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bezahlen, dessen Planung schon so weit fortgeschritten ist, dass von einem Baubeginn Ende 2019 und von einer Eröffnung im Jahr 2020 gesprochen wird. Das Walderlebniszentrum Bischborner Hof wird vielmehr vom Umweltministerium geplant. Sein Projekt vorgestellt hatte Schwab im März 2017, als Reaktion auf die Nationalpark-Pläne, die vier Monate später vom Tisch gefegt wurden.
Dass die ursprünglichen Gesamtkosten von elf Millionen Euro (noch im Dezember vom damaligen Forstminister Helmut Brunner genannt) inzwischen Schnee von gestern sind, wurde vergangene Woche bei einer Sitzung des Aschaffenburger Kreistags deutlich. Dort berichtete Ministerialrat Friedrich Nebl von der doch gewaltigen Kostensteigerung für das Eichenzentrum: Die Bausubstanz des Gebäudes sei offenbar erheblich schlechter als eingeschätzt, die Kosten für Wasser, Abwasser und Stromversorgung lägen höher. Für die Akademie sei ein Neubau aus Glas und Holz anstelle alter Stallungen aus den 1960er Jahren vorgesehen.
Über das zweite Standbein, das Walderlebniszentrum Bischborner Hof, verlor der Ministerialrat kein Wort. Verwundert ja auch nicht: Ist ein anderer Landkreis und ein anderes Ministerium. Thomas Marzahn, Pressesprecher des Umweltministeriums, erklärt in seiner schriftlichen Antwort auf konkrete Nachfragen zwar wortreich die Grundzüge der „neuen Naturoffensive Bayern“, um die „herausragende und vielfältige Heimat“ zu erhalten. Das Umweltministerium arbeite „mit großem Nachdruck an der Umsetzung der zukunftsweisenden Projekte in den verschiedenen Landesteilen“, so Marzahn. Zum Eichenzentrum nebst Walderlebniszentrum äußert er sich nur sehr allgemein.
Er schreibt von einem „innovativen Ausstellungsangebot“ und einem Angebot, das „Naturerlebnis erlebbar“ zu machen. „Erste Konzeptüberlegungen in Abstimmung und Ergänzung zu dem geplanten Eichenzentrum wurden bereits ausgearbeitet“, bleibt er dabei allgemein. „Das Areal rund um den Bischborner Hof wird in die Überlegungen einbezogen.“