Zu einer hitzigen Debatte kam es in der jüngsten Sitzung des Marktgemeinderats Thüngen wegen der Gasversorgung der Unteren Buchenhölle. Trotz des Wunsches eines Anliegers sehen die Planungen der "Energie Karlstadt" nicht vor, die Rohrnetzerweiterung im "Gas" bis ans westlichen Ende der Straße durchzuführen.
Begonnen hat alles mit einer Anliegerversammlung im November vergangenen Jahres, bei der Verantwortliche der "Energie" zugesichert hatten, dass jeder Anlieger einen Gasanschluss bekommt, wenn er ihn möchte. Auf Basis der durch die "Energie Karlstadt" durchgeführten Befragungen und Abstimmungen mit den Anwohnern wurde entschieden, die Rohrnetzerweiterung im Gas nur bis zur Hausnummer 7 durchzuführen, da lediglich bis dahin schriftliche Auftragsbestätigungen vorliegen. Westlich dieser Anwesen kam ein einziger Vertrag zustande – nur die Anwohner am Straßenende wollen einen Anschluss.
Änderungen in der Geschäftspolitik
Nun änderte sich im Frühjahr dieses Jahres die Geschäftspolitik des Versorgungsbetriebs und es werden aktuell keine eigenen Netzerweiterungen im Gas durchgeführt. Nachträglich eingegangene Interessensbekundungen für einen Gasnetzanschluss, die mit einem erweitertem Netzausbau verbunden sind, will das Unternehmen daher über ein individuelles Angebot abwickeln, welches dann allerdings vom Standardnetzanschluss abweicht und entsprechend höhere Kosten beinhaltet. Bisher kam es allerdings hierzu zu keinen konkreten Vertragsabschlüssen. Für die Betroffenen am Ende der Unteren Buchenhölle und die Gemeinderatsmitglieder ist das nicht nachvollziehbar.
Grundsätzlich werde ein solcher Ausbau im Zusammenhang mit anderen Gewerken vergeben. In dieser Straße muss die Gemeinde Thüngen weitere Versorgungsleitungen wie Abwasser neu verlegen. Die Untere Buchenhölle ist nur im südlichen Teil bebaut, der nördliche liegt direkt am Hang zur Werntalbahnstrecke. Deshalb will die "Energie" aus Kostengründen das bestehende Gasnetz ohne Abschluss von Netzanschlussaufträgen nicht bis zum letzten Grundstück ausbauen. Und "wo kein Netz vorliegt, muss für einen individuellen Anschluss über einen Zusatzbeitrag verhandelt werden, damit diese Kosten nicht der Allgemeinheit zur Last fallen", begründete Müller diese einheitliche Geschäftspolitik der "Energie" im gesamten Netzgebiet. Die Gesamtkosten für die Erschließung bis zum Anwesen Nr. 17 mit etwa 250 Meter Rohrleitung würden sich geschätzt auf mindestens 40.000 Euro belaufen.
Auch übrige Versorgungsleitungen werden verlegt
Dieser Argumentation wollten die Marktgemeinderatsmitglieder nicht folgen. Sebastian Heidenfelder wies darauf hin, dass den Anliegern Versammlung versprochen wurde, dass jeder der es wünscht, einen Gashausanschluss erhält. "Das gesprochene Wort hat Bindung!", erklärte Heidenfelder und da die übrigen Versorgungsleitungen für Strom und Wasser ebenfalls in der kompletten Straße verlegt werden, könne in diesem Zuge auch die Verlegung der Gasleitung erfolgen.
Auch seine Kollegin Kathrin Schilling sah diese rückwirkende Vertragsänderung kritisch. Die mündliche Zusicherung der "Energie" im Rahmen des Netzausbaues für einen Hausanschluss in der "Unteren Buchenhölle" werde in mehrfacher Hinsicht von den Anwesenden als bindendes Vertragsverhältnis angesehen. Sie schlug vor, von den in der Anliegerversammlung Anwesenden Bürgern einzelne schriftliche Stellungnahmen einzuholen, wie die Aussagen von damals interpretiert wurden.
Ein weiterer Kritikpunkt war die mangelnde Information seitens der "Energie". Es wurde den Anliegern zu keinem Zeitpunkt eine Frist genannt, bis wann der Vertrag für den Gasanschluss geschlossen werden muss.
Ukrainekrieg und Energiekrise
Die Geschäftspolitik wurde bereits im Frühjahr aufgrund des Ukrainekrieges und der daraus resultierenden Energiekrise geändert. Müller widersprach dieser Vorhaltung: Eine Information im Zuge der Baubesprechungen mit entsprechendem Protokoll vom 1. Juni 2022, indem sämtliche Beteiligte über den verkürzten Netzausbau schriftlich informiert wurden, läge vor.
Das dritte Problem in diesem Zusammenhang ist die Planung der gesamten Erschließungsmaßnahme. Christian Dehmer vom Tiefbautechnischen Büro Köhl, erinnerte an die erfolgte Besprechung vor rund drei Jahren, bei welcher die "Energie" den Ausbau des Gasnetzes in der Ortsstraße zusagten. Daraufhin seien die Erdarbeiten im Leistungsverzeichnis für die Planung mit aufgenommen worden. Bei einem Ausfall dieser ausgeschriebenen Leistung müsse eine Teilkündigung an die ausführende Baufirma erfolgen und es werde eine mögliche Abstandszahlung fällig.
Strifsky: Kommunikation ist verbesserungswürdig
Der Zweiter Bürgermeister Wolfgang Heß bedauerte, dass die Verantwortlichen der "Energie" bei der Sitzung im Marktgemeinderat nicht anwesend waren, und forderte Niklas Müller auf: "Die Herren sollten ihre Entscheidung noch mal überdenken und sich für einen kompletten Netzausbau aussprechen, wie dies in der Anliegerversammlung zugesagt wurde."
Insgesamt stellte Bürgermeister Lorenz Strifsky fest, dass die Kommunikation zwischen der Gemeinde, den Bürgern und der "Energie" augenblicklich verbesserungswürdig sei. Die starke Verbundenheit zwischen Markt Thüngen und dem Versorger in der Vergangenheit werde hoffentlich auch in Zukunft weiter bestehen.
Beide Seiten erklärten gegenüber dieser Redaktion, man werde konstruktiv im Gespräch bleiben und gemeinsam nach einer für alle vertretbaren Lösung suchen.
