Wie arbeiten Landwirte im 21. Jahrhundert? Welche Herausforderungen müssen sie bewältigen? Antworten aus erster Hand bekam Bischof Dr. Franz Jung vor kurzem bei einem Besuch in zwei landwirtschaftlichen Betrieben im 185-Einwohner-Ort Stadelhofen. Der Bayerische Bauernverband hatte den Bischof laut Pressemitteilung des bischöflichen Ordinariats Würzburg zu der Begegnung eingeladen. „Mein erstes Jahr als Bischof galt dem Kennenlernen des Bistums, jetzt möchte ich mich auch näher mit der Lebenswelt der Menschen in Unterfranken beschäftigten“, sagte Jung.
Stefan Köhler, Bezirkspräsident des unterfränkischen Bauerverbands, hob bei der Begrüßung des Gasts hervor: „Wir sind uns der Verantwortung gegenüber der Schöpfung sehr bewusst.“ Er ließ zugleich durchblicken, dass sich die Landwirte durch gesetzliche Vorgaben gegängelt und zu Unrecht an den Pranger gestellt fühlen. „Auch über die Aussagen einiger kirchlicher Vertreter im Zusammenhang mit dem Bienen-Volksbegehren haben wir uns geärgert“, ergänzte Wilhelm Böhmer, Direktor des Bauernverbands Franken.
Schlangestehen am Melkroboter
Erste Station der Besichtigung war der Milchviehbetrieb der Brüder Martin (38) und Frank Scheiner (36). Beide führen die elterliche Landwirtschaft in fünfter Generation fort. Weil sie nicht auf jährlichen Urlaub und auch einmal ein freies Wochenende verzichten wollten, hätten die Brüder 2016 beschlossen, einen neuen größeren Stall zu bauen, von dessen Ertrag beide leben können. 120 Milchkühe plus Nachzucht sind in dem sogenannten Kaltluftstall untergebracht. „Das Futter erzeugen wir zu mehr als 99 Prozent selbst“, betonte Martin Scheiner. Mit seiner Bedarfsschätzung von rund 50 Kilogramm pro Tag und Kuh lag der Bischof zum Erstaunen von Martin Scheiner richtig.
Je nach Tier ein- bis viermal pro Tag reihen sich die Kühe beim Eingang zum Melkroboter ein. Fasziniert beobachte Bischof Jung, wie die Maschine die Zitzenbecher kameragesteuert ansetzt und melkt. „Wer bestimmt eigentlich den Milchpreis?“, wollte der Gast aus Würzburg wissen. „Die Discounter“, lautete die lakonische Antwort der Vertreter von Bauernverband und Katholischer Landvolkbewegung (KLB).
Schlachtgewicht per Computer messen
In Schutzanzug und Überschuhen ging es dann weiter in den Schweinemastbetrieb von Peter Kraft. 2000 errichtete Kraft den außerhalb des Orts gelegenen Stall, 2007 erweiterte er diesen laut Mitteilung nochmals um die gleiche Größe. Im älteren Teil sind jeweils 30 Schweine in Kleingruppen zusammen, im neuen werden die Tiere in Großgruppen gehalten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen könnte er in der Anlage insgesamt 1500 Tiere halten. Da er sich der Initiative für Tierwohl angeschlossen habe, halte er aber nur 1350 Tiere.
In viereinhalb Monaten werden diese dann auf das Schlachtgewicht von etwa 120 Kilogramm gemästet. Beim Gang durch die Ställe erfuhr Bischof Jung unter anderem, dass Schweine sehr reinliche Tiere sind. „Sie haben eine festen Bereich zum Koten, einen zum Fressen, einen zum Liegen und einen für Aktivität.“
Auch im Schweinestall gab es für Bischof Jung ein Beispiel des Einflusses der modernen Technik zu entdecken: Im Büro von Landwirt Kraft ließ er sich zeigen, wie anhand optischer Vermessung jedes einzelnen Tieres in der Futterbucht vom Computer bis auf 100 Gramm genau dessen Schlachtgewicht und das zu erwartende Gewicht von wichtigen Fleischstücken wie Schinken oder Lachs errechnet wird.
„Ich habe heute ganz viel über die moderne Landwirtschaft gelernt und gesehen, wie hier hochprofessionell daran gearbeitet wird, jedem einzelnen Tier gerecht zu werden. Und es ist deutlich geworden, wie viel Einfluss die Digitalisierung schon in den Ställen genommen hat“, lautete das Resümee des Bischofs zum Ende des Nachmittags.