Eine stimmungsvolle Einführung in die Passionszeit erlebten die Zuhörerinnen und Zuhörer am Sonntagmorgen in der Evangelisch-Lutherischen Auferstehungskirche Lohr. An der Orgel saß Dekanatskantor Mark Genzel. Im Zentrum der geistlichen Musik standen Werke von Enjott Schneider, Johann Sebastian Bach und Mark Genzels Improvisation zu "Sollt ich meinem Gott nicht singen".
"Die halbstündige Orgelmatinée ist in Verlängerung des Gottesdienstes als bewusster Einstieg in die Passionszeit zu verstehen", begrüßte Genzel das Publikum und führte kurz in die Werke ein. Zum Auftakt erklang "Schmücke dich, o liebe Seele" aus dem Ansbacher Orgelbüchlein (Enjott Schneider). Der Münchner Komponist und Musikwissenschaftler unserer Zeit ist Tonschöpfer bedeutender Filmmusik, Orchester-, Kammer- und geistlicher Musik.
Brahms' Choralmotette forderte auf, sich für das Abendmahl mit Christus vorzubereiten. Mit seiner empfindsam schwingenden Interpretation gelang es Genzel vortrefflich, den Kirchenraum mit einer andächtigen, meditativen Stimmung zu füllen.
Gefühlvolle Dynamik
Religiöse Tiefe ließen vier Bach-Kompositionen, darunter Bachs wohl bekanntestes Orgelwerk "Toccata und Fuge d-Moll BWV 565", spüren: Präzise intoniert, mit gefühlvoller Dynamik und auch schwierige Rhythmen mühelos meisternd, machte Genzel das Zuhören zum Genuss. Sein ausdrucksvolles Spiel mit dem barocken und ebenso modernen Wohlklang der Orgel beruhte auf stilsicherem Einsatz der Solostimmen, verfeinert durch reiche Registrierfarben.
Herzstück der Matinée war Genzels Improvisation zu "Sollt ich meinem Gott nicht singen". Mit der Choralsonate im deutsch-romantischen Stil (Paul Gerhardt) schöpfte er den Reichtum an Klangfarben und das Mehr an Registern der 2021 erweiterten und überarbeiteten Orgel aus. "Wie ein Adler sein Gefieder über seine Jungen streckt": Mal würdig und erhaben, mal sanft und piano oder voller Energie und Dynamik baute Genzel Spannung auf, die im Finale Allegro con brio ihren Abschluss fand. Dem Dekanatskantor gelang es, Sprache, Mentalität und Emotionen vergangener Zeiten ins Hier und Jetzt zu übertragen.
"Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit": Mit Paul Gerhardts Werk erfüllte Genzel eine Bitte von Dekan Till Roth. "Im Rahmen der Spendenaktion zur Orgelsanierung hatte ich mir eine Improvisation dieses Liedes (EG 325) gewünscht, das ich inhaltlich wie melodisch sehr schätze", freute sich Roth nach der Matinée über Genzels äußerst gelungenes Projekt. Dankbar für die wohltuende Auszeit zum Durchatmen und Innehalten gab es von den Gästen herzlichen Applaus. Spenden kommen der Kirchenmusik des Gotteshauses zugute. 2024 steht einmal pro Quartal eine Orgelmatinée auf dem Programm der Auferstehungskirche.