
"Willkommen zu den Bremer Wochen in Marktheidenfeld", so scherzte Bürgermeister Thomas Stamm vor knapp 40 Gästen im Franck-Haus. Denn nachdem gegenwärtig im Galeriebereich neben dem Festsaal der Bremer Künstler Klaus Zwick seine "Literarischen Blätter" zeigt, wurde nun im rückwärtigen Ausstellungsbereich auf drei Ebenen die Präsentation "Von Raum zu Raum" mit Skulpturen von Barbara Deutschmann und Hinterglasmalerei von Bernd Müller-Pflug eröffnet. Auch sie sind von der Weser an den Main gekommen, um bis Mitte Juli ihre Werke im städtischen Kulturzentrum zu zeigen.
Auf das Franck-Haus wurde Bernd Müller-Pflug durch eine Ausstellungsbeteiligung seiner Künstlerkollegin Stefanie Supplieth im Jahr 2016 aufmerksam. Er erkannte, dass die dortigen groben Bruchsteinmauern eine interessante Beziehung zu seiner farbkräftigen Hinterglasmalerei auf Acrylscheiben eingehen könnte. Das reizte ihn und zusammen mit Barbara Deutschmann und deren geometrisch bestimmten Skulpturen ergibt sich nun eine spannungsreiche Raumbeziehung in der Ausstellung. Die Gäste zeigten sich unumwunden begeistert, nachdem die beiden in ihre Präsentation eingeführt hatten.
Die 1961 in Coburg geborene Barbara Deutschmann studierte nach einer Ausbildung im Bereich Bühnenbild in Bremen Bildhauerei. Sie arbeitete anfänglich klassisch figürlich und ist seit 1992 freischaffend tätig.
Skulpturen aus Stein und Paraffin
In Marktheidenfeld zeigt sie abstrakte, konstruktivistische Skulpturen aus Stein und Paraffin, aber auch einige Wandarbeiten mit Paraffin auf Papier. Ihre Werke zeichnet ein hoher ästhetischer, von Klarheit bestimmter Reiz aus. Die Widersprüchlichkeit der Materialien Stein und des transparenten Wachses gestaltet sie wie einen Raumblick in das Innenleben und macht dabei die Geometrie zu ihrer Sprache. Dabei kristallisiert sich eine selbstverständliche Proportion des Wesentlichen heraus.
Für "Bewegung im Denkraum Kopf" möchte Bernd Müller-Pflug mit seiner Malerei auf Acrylglas sorgen. 1955 in Frankfurt geboren, absolvierte er zunächst eine Tischlerlehre und studierte danach Malerei und Grafik in Kiel und Ottersberg. An der dortigen privaten Hochschule für Künste im Sozialen war er lange als Professor für Bildende Kunst tätig. Auch Müller Pflugs Beginn lag bei klassischer Malerei auf Leinwand im Figürlichen, bevor er sich über den Umweg des Scherenschnitts eine moderne Form der Hinterglasmalerei erarbeitete.
Gemälde mit hoher Farbkraft
Diese führt zu nicht völlig kalkulierbaren Gemälden mit hoher Farbkraft. Der Künstler wies auf die besondere Technik der Hinterglasmalerei hin, in der die Bildwerke mit Acrylfarben gespiegelt vom Vordergrund her Schritt für Schritt "nach hinten" entwickelt werden müssen. Manchmal sorgt eine abschließende weiße Grundierung für eine besondere Brillanz einer bewusst gewählten Farbpalette. Intuitiv schafft Müller-Pflug in einem langwierigen Prozess in seiner Werkreihe "Terrain" unlogische Illusionsräume. Bei der Gruppe "Taxon" scheinen organische Zusammenhänge wie bei einem Blick durch ein Mikroskop vor das Auge zu treten.
Was im Franck-Haus zunächst mit Deutschmanns geometrischer, klarer Schlichtheit im Widerspruch zu Müller-Pflugs farbiger Expressivität zu stehen scheint, findet in der durchdachten Inszenierung der Ausstellung dann doch zusammen. Die Betrachtenden können "von Raum zu Raum" eine neue, eigene Bilderwelt zusammensetzen. Es lohnt sich, dafür ein wenig Zeit und Ruhe mitzubringen.