
Der 24. Juli 2021 war für Familie Grell aus Neustadt in Man-Spessart ein Schock. Beim Schneiden seiner Hecke wurde es Winfried Grell schwindlig. Er spürte noch, wie ihn die Kraft in seinen Beinen verließ, dann überschlug er sich und stürzte den Hang hinab. „Was ich in diesem Moment gedacht habe? Jetzt ist es vorbei“, erzählt der Neustädter. An den Zeitraum von kurz nach dem Sturz bis zum Erwachen im Krankenhaus in Lohr erinnert sich der 65-Jährige nur noch bruchstückhaft.
Dabei lief in Grells Fall vieles richtig. Er wurde von seiner Tochter aufgefunden, die umgehend den Rettungsdienst alarmierte. Schnell war die Diagnose Schlaganfall gestellt und die Notaufnahme am Klinikum Main-Spessart in Lohr vorinformiert. Von da an begann für alle Beteiligten ein Wettlauf gegen die Zeit. In einer Pressemitteilung schildert das Klinikum Man-Spessart seine Behandlung.
Zeit ist der wichtigste Faktor
„Time is brain“ (Zeit ist Gehirn), dieser Satz fasst plakativ zusammen, worauf es bei der Versorgung eines Schlaganfalls ankommt: „Der Faktor Zeit und gutes Teamwork sind die wichtigsten Aspekte bei der Versorgung von Schlaganfallpatienten“, sagt Dr. Peter Kraft, Chefarzt der Neurologie am Klinikum. Sein Team und er behandeln jedes Jahr etwa 600 Patientinnen und Patienten mit Schlaganfall. „Studien haben gezeigt, dass bei einem noch unbehandelten Schlaganfall pro Minute etwa 1,9 Millionen Gehirnzellen irreversibel zugrunde gehen.“

Nach Einsetzen der Schlaganfallsymptome bleibt somit nur wenig Zeit, in der Kraft und sein Team die sogenannte Lysetherapie einleiten können, um das Blutgerinnsel in den Hirnarterien aufzulösen. Neben dem schnellen Notruf kommt es deshalb auf effiziente Abläufe im Krankenhaus an. „Idealerweise vergeht zwischen dem Eintreffen des Patienten bei uns und dem Verabreichen der Lyse maximal eine halbe Stunde. Dazwischen müssen die klinische Untersuchung, die Schnittbildgebung und Blutentnahme durchgeführt und ausgewertet werden“, so Kraft. Die Experten sprechen in diesem Zusammenhang von der sogenannten „Door-to-Needle-Zeit“ (von der Tür bis an die Nadel). Am Klinikum Main-Spessart lag sie 2020 im Durchschnitt bei 29 Minuten – deutlich unter dem bayernweiten Schnitt von 38 Minuten.
Rundum-Betreuung durch verschiedene Berufsgruppen
Christina Hörter, Leiterin der Ergotherapie, erinnert sich noch sehr gut an Winfried Grells erste Tage auf der Neurologie: „Als Herr Grell bei uns ankam, war er komplett pflegebedürftig.“ Mehrere Berufsgruppen waren daran beteiligt, dass sich sein Zustand rasch besserte. „Der Neurologe kann das niemals alleine schaffen. Wir brauchen Kollegen der anderen Fachabteilungen, vor allem die Radiologen und Kardiologen, um die Diagnose und ihre Ursachen festzustellen. Eine gute Behandlung von Schlaganfallpatienten im Team möglich: mit Pflegekräften, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Logopäden“, erläutert Kraft.
Grell litt unter einer Lähmung der rechten Körper- und Gesichtsseite sowie unter einer ausgeprägten Sprach- und Schluckstörung. Giulio Assandria, Stationsleiter der Neurologie, erinnert sich: „Nach einem akuten Schlaganfall werden Patienten zunächst auf die Stroke Unit, unsere Spezialeinheit, verlegt. Die Patienten sind körperlich häufig schwerst betroffen und leiden auch mental unter der Situation, dass sie viele vermeintlich einfache Fähigkeiten zunächst wieder erlernen müssen. Daran arbeiten wir gemeinsam mit den Therapeuten.“
Deshalb findet im interdisziplinären Team ein täglicher Austausch zu allen Patienten statt. Zum Team gehört auch Gerhard Müller, Leiter der Physiotherapie, der schwerpunktmäßig auf der Stroke Unit eingesetzt ist: „Nach einer Befunderhebung legen wir die weiteren Maßnahmen fest. Wir wollen den Patienten auf den ersten Schritten zu einer möglichst vollständigen Gesundung begleiten." Dabei sind Frustrationstoleranz und Motivation des Patienten äußerst wichtig. "Die war bei Herrn Grell besonders hoch, sodass wir bereits nach kurzer Zeit Fortschritte erzielt haben.“ Christina Hörter berichtet: „Wir haben mit der absoluten Basisarbeit begonnen: Wer bin ich? In welcher Zeit lebe ich? Frühstück selbstständig richten, einen Pullover an- und ausziehen. Dass Herr Grell am Ende seiner Zeit bei uns wieder mobil war, sich gut ausdrücken konnte und damit die Prognose hatte, wieder komplett selbstbestimmt leben zu können, war auch für mich eine große Freude.“

Giulio Assandria bestätigt dies: „Das war wirklich ein toller Prozess. Für uns sind das die schönsten Momente, wenn Patienten sich so gut erholen und wir auch ihre große Dankbarkeit spüren." Kraft ergänzt: „Es liegt mir und uns allen, Menschen zu helfen. Selbst wenn alles gut läuft, gibt es keine Garantie auf vollständige Genesung. Aber wir sind heute so weit, dass wir sehr oft erfreuliche Verläufe erleben.“
Nach wenigen Monaten wieder arbeitsfähig
Nach einem stationären Aufenthalt auf der Stroke Unit und später auf der Normalstation treten die Patienten in aller Regel eine Rehabilitationsbehandlung an, in der die Genesungsschritte weiter stabilisiert und ausgebaut werden sollen. Wenige Monate nach seiner Entlassung spricht Winfried Grell gelöst über seinen Zustand: „Ich fühle mich sehr gut und habe mich nahezu vollständig von meinem Schlaganfall erholt. Seit 14 Tagen kann ich sogar wieder arbeiten und befinde mich in der Wiedereingliederung“, so der 65-Jährige. „Ich hatte definitiv großes Glück, vor allem auch damit, dass ich am Klinikum Main-Spessart behandelt wurde. Alle Mitarbeiter waren sehr freundlich und kompetent. Ich möchte mich bei ihnen von Herzen bedanken.“
Winfried Grell wurde bereits im Juli benadelt. „Ich hatte definitiv großes Glück, vor allem auch damit, dass ich am Klinikum Main-Spessart behandelt wurde. Alle Mitarbeiter waren sehr freundlich und kompetent. Ich möchte mich bei ihnen von Herzen bedanken.“