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Gemünden
Betrunkene Autofahrerin fuhr Achtjährige um: Gutachten soll Widersprüche klären
Mit 2,02 Promille stieß die Angeklagte im September mit einem Mädchen zusammen. Vor Gericht sagte sie, der Unfall hätte sich auch ohne Alkohol so ereignet. War sie auf den Gehsteig gefahren?
Das Amtsgericht Gemünden.
Foto: Benjamin Brückner | Das Amtsgericht Gemünden.
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 04.02.2025 02:39 Uhr

Ein verletztes achtjähriges Mädchen, eine Autofahrerin, die mit 2,02 Promille Alkohol gefahren ist und ein Schaden am Fahrzeug von etwa 350 Euro – das ist die nüchterne Bilanz eines Verkehrsunfalls, der sich im September 2024 in Langenprozelten ereignet hat. Jetzt kam es zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Gemünden, weil die Frau gegen einen Strafbefehl über 4900 Euro (70 Tagessätze zu 70 Euro) Widerspruch eingelegt hat.

Der Geburtstag eines Arbeitskollegen oder einer Kollegin sorgte dafür, dass die 50-jährige Unglücksfahrerin aus dem Landkreis Bad Kissingen schon während des Tages Alkohol zu sich genommen hat. Nach Dienstschluss sei es dann weitergegangen, sagte die Frau, der aber Tage zuvor gekündigt worden war. Gegen Abend sei sie dann mit ihrem Dienstwagen nach Hause gefahren. "Ich habe mich nicht betrunken gefühlt", sagte die Angeklagte. Sie trinke schon mal was, aber nicht im Übermaß.

Angeklagte: "Dann gab es plötzlich einen Schlag"

Weit kam sie jedoch nicht. In der engen Straße einer Wohnsiedlung, auf der zudem noch einseitig Autos geparkt standen, erkannte sie eine kleine Gruppe von Kindern am linken Straßenrand. Denen widmete sie ihre Aufmerksamkeit. "Dann gab es plötzlich einen Schlag", schilderte sie in ihrer gerichtlichen Aussage. Der rührte von dem achtjährigen Mädchen, das mit seinen Inlinern auf dem Gehsteig unterwegs war. Die Frau hatte es mit der vorderen linken Fahrzeugseite erwischt und zu Boden gebracht.

Warum es zu dem Zusammenstoß kam, konnte das Gericht unter Vorsitz von Richter Sven Krischker nicht klären. "Wir haben zwei Varianten", erklärte der Richter. Die eine wäre, das Kind ist mit seinen Inlinern vom Gehsteig auf die Straße gerollt. Die zweite, die Autofahrerin ist mit ihrem Fahrzeug von der Straße abgekommen und auf den Gehsteig geraten.

Fahrerin hielt nach dem Zusammenstoß nicht gleich an

Das geschädigte Mädchens sagte aus, es habe mittig auf dem Gehsteig gewartet, um das Auto vorbeizulassen und dann zu ihren Freundinnen auf die andere Straßenseite zu wechseln. Ein 32-Jähiger berichtete, dass sich der Unfall ereignete, als er gerade aus seinem Auto ausstieg. So habe die Fahrerin erst 50 bis 60 Meter nach dem Anprall angehalten. Zusammen mit ihm habe sie sich um das Kind gekümmert, das etwa zehn Meter durch die Luft geschleudert worden sei. Diese dramatische Aussage hatte der Mann zuvor bei der Polizei nicht gemacht. Auch die erlittenen Verletzungen sprechen gegen diese Heftigkeit. Schürfwunden an den Händen, dem Rücken und an den Beinen wurden festgestellt. Ein Unterarm wurde für einige Zeit mit einem Gipsverband ruhig gestellt. Insgesamt leichte Verletzungen.

Kein gutes Licht auf die Angeklagte warf die Aussage eines der beiden Polizeibeamten, die den Unfall damals aufgenommen haben. Der 24-Jährige sagte aus, dass die Fahrerin sich nach einem Atemalkoholtest geweigert habe, ihre Fahrerlaubnis abzugeben. Darauf blieb den Beamten nichts anderes übrig, als das Dokument zu beschlagnahmen.

Angeklagte: Unfall hätte sich auch ohne Alkohol so ereignet

In der Verhandlung versteifte sich die Frau in ihrer Aussage darauf, dass "der Unfall sich auch ohne den Alkoholeinfluss so ereignet hätte". Auch der Verteidiger betonte, dass die Achtjährige "plötzlich und unvorhersehbar auf die Straße gefahren sei". Dem konterte die Staatsanwältin mit der Aussage der Frau, sie habe sich die Gruppe der Kinder auf der anderen Straßenseite konzentriert und daher die Seite, auf der das Kind stand, vernachlässigt.

Bei so vielen Widersprüchen setzte Richter Krischker die Verhandlung aus. Nun soll ein Gutachter ein Profil erstellen, wie sich der Unfall wahrscheinlich ereignet hat. Danach wird erneut verhandelt.

 
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Kommentare
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  • Peter Koch
    "Ich habe mich nicht betrunken gefühlt"
    Ich würde mich mit 2,02 Promille sicher auch nicht betrunken fühlen sondern richtig besoffen.
    Die Unfallfahrerin braucht ihren Führerschein ganz sicher erst nach Beweis der dauerhaften Abstinenz.
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  • Waldemar Thurn
    Da braucht es keinen Gutachter wer Besoffen fährt gehört die Fahrerlaubnis entzogen.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    §3 Abs. 2a StVO: "Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist."

    Man darf annehmen, dass das für eine Person ein wenig schwierig wird, die unter dem Einfluss von 2 Promille unterwegs ist, und sollte dafür sorgen, dass der Ärmsten so etwas nicht noch einmal passieren kann - zumindest nicht vor dem Bestehen einer MPU...
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