Herr Liebler, Sie sind seit knapp drei Monaten Betriebsratsvorsitzender bei Vacuubrand in Wertheim. Wie kam es dazu?
Alexander Liebler: Ich bin seit 2012 in der Firma. Ich habe dort erst eine Ausbildung zum Industriemechaniker gemacht. Danach wechselte ich in die Entwicklungswerkstatt. Den Betriebsrat haben wir im Dezember 2017 gegründet. Ich war zunächst ganz normales Betriebsratsmitglied. Zum Vorsitzenden bin ich gewählt worden, nachdem mein Vorgänger das Amt nach den ersten zehn Monaten aus persönlichen Gründen niedergelegt hat.
Wussten Sie, was auf Sie zu kommt?
Liebler: Ja, ich war vorher Protokollführer und habe insofern eng mit dem Vorsitzenden zusammengearbeitet.
Was war der Auslöser, 2017 den Betriebsrat zu gründen?
Liebler: In den letzten Jahren wurde Vieles neu eingeführt. Wir haben eine neue Unternehmenssoftware bekommen, es wurde ein neues Hallenschiff und ein automatisches Kleinteilelager gebaut. Der Firma geht es gut. Wir wachsen ständig, suchen neue Leute. Obwohl das positive Veränderungen sind, machen sie vielen Mitarbeitern auch Angst. Deshalb wollten wir eine Möglichkeit schaffen, zukünftig mitreden zu können.
War die Unternehmensleitung mit allem einverstanden?
Liebler: Uns war vor der Gründung schon mulmig, wie reagiert die Geschäftsleitung auf einen Betriebsrat. Aber es läuft gut. Ich habe regelmäßig ein Treffen mit der Geschäftsleitung zum Austausch, bin mit der Personaleferentin in Kontakt. Sicherlich muss ich noch Vieles lernen. Ich habe einfach noch nicht so viel Erfahrung wie ältere Kollegen. Momentan versuche ich rechtlich und diplomatisch die beste Lösung zu finden.
Sie sind erst 23 Jahre alt. Welche Motivation hatten Sie, den Vorsitz zu übernehmen?
Liebler: Ich bin schon immer sehr aktiv gewesen. Zum Beispiel war ich eine Zeit lang Trainer im Sportverein. Außerdem bin ich im Erlenbacher Carnevals Verein und in der SPD. Ich glaube, das Bedürfnis, aktiv zu sein, habe ich von meinem Vater geerbt. Das hat auch viele Vorteile: Ich habe gemerkt, dass dadurch viele Kontakte entstehen. Ich weiß genau, wen ich anrufen muss, wenn ich eine bestimmte Frage habe oder etwas Spezielles benötige.
Wie haben die älteren Kollegen in Ihrem Betrieb auf ihren sehr jungen neuen Vorsitzenden reagiert?
Liebler: Ich hatte vermutet, dass der eine oder andere mir kritisch gegenüber steht. Aber ich bekomme eigentlich nur positive Rückmeldung. Mein Vorteil ist, dass ich während meiner Ausbildung fast alle Kollegen kennengelernt habe. Außerdem habe ich einen lockeren Umgang mit den Menschen und bin auch mal für einen Spaß zu haben. Trotzdem kann ich gut zuhören und versuche immer eine gute und gerechte Lösung zu finden. Ich sehe in dem Job als Betriebsratsvorsitzender eine Chance, mit der Belegschaft gut zu kommunizieren und das Unternehmen voran zu bringen.
Was steht konkret bei Ihnen an? Wofür wollen Sie sich stark machen?
Liebler: Aufgrund der guten Auftragslage hatten wir zum Ende des Jahres 2018 in einigen Produktionsbereichen die 40 Stundenwoche ausgedehnt und mehr gearbeitet. Für so etwas muss eine Lösung gefunden werden, denn das belastet die Leute auf Dauer. Für 2019 möchten wir gemeinsam an neuen Ideen arbeiten, um als Arbeitgeber noch attraktiver zu sein. Allerdings sind wir auch noch sehr mit unserer Struktur beschäftigt. Die Betriebsratsarbeit an sich muss organisiert werden, Gremien gebildet, Betriebsvereinbarungen getroffen.
Sie sitzen jetzt Vollzeit im Betriebsratsbüro und beschäftigen sich mit ganz anderen Dingen als vorher. Wünschen Sie sich manchmal an Ihren technischen Arbeitsplatz zurück in die Werkshalle?
Liebler: Der Job in der Entwicklungswerkstatt hat mir viel Spaß gemacht, allerdings gefällt mir die neue Aufgabe als Betriebsratsvorsitzender auch sehr gut. Im Moment freue ich mich erst mal auf die drei kommenden Jahre. Die nächsten Wahlen sind erst Anfang 2022.