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WERNFELD
Besuch in Gemündens großer Weinbau-Zeit
Robert Lampert, bisher Stadtkämmerer und jetzt zertifizierter „Gästeführer – Weinerlebnis Franken“, tauscht den Schreibtisch im Gemündener Rathaus mit den Weinbergen der Region.
Foto: Hannelore Lampert | Robert Lampert, bisher Stadtkämmerer und jetzt zertifizierter „Gästeführer – Weinerlebnis Franken“, tauscht den Schreibtisch im Gemündener Rathaus mit den Weinbergen der Region.
Michael Fillies
Michael Fillies
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:27 Uhr
„Gemünden ist für mich besonders, weil die Stadt noch viele versteckte Schätze in sich verbirgt.“
Robert Lampert, Gästeführer – Weinerlebnis Franken

Mit 63 Jahren hat Robert Lampert noch einmal die Schulbank gedrückt. Von Anfang März bis Ende Ende Oktober bereitete sich der Gemündener Stadtkämmerer auf seinen neuen Beruf oder, besser, seine Berufung vor: „Gästeführer – Weinerlebnis Franken“. Es war auch eine Vorbereitung auf den Ruhestand, in den der Wernfelder mit Ablauf des Jahres tritt.

21 Unterrichtstage

„Ich habe viel von der Stadt bekommen: einen ordentlichen Arbeitsplatz, und den vor der Haustür. Da will ich ä bissle was zurückgeben“, erklärt Robert Lampert, warum er künftig Interessenten den Weingenuss und die Weingeschichte Gemündens näher bringen will. Überzeit und Urlaub, zum Teil noch aus dem Vorjahr, verwandte er auf die anspruchsvolle Ausbildung an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. 21 Unterrichtstage waren bis zur fünfstündigen Prüfung am 27. Oktober zu leisten.

Zwei der 29 Teilnehmer gaben vorzeitig auf, ein Prüfling fiel durch, zwei fehlten wegen Krankheit. Kristin Langmann (Uffenheim), die vormalige Weinkönigin, stand zusammen mit Lampert und Annemarie Sauer (Escherndorf) in der mündlichen Prüfung. Main-Spessart war außerdem mit Babette Menz (Himmelstadt) vertreten.

Acht Führungen plus

So etwa zwei Führungen je Jahreszeit will Robert Lampert in Gemünden anbieten, dazu weitere auf Anfrage. Keinesfalls möchte er in Konkurrenz zu den Stadtführerinnen Lotte Bayer und Monika Steger treten – mit seinem Thema Wein und Weinbau in Gemünden sieht er sich als Ergänzung. Vertretungsweise einspringen kann der zertifizierte Weinerlebnisführer auch in Gambach und an der Homburg. Hier der Buntsandstein und dort, nur wenige 100 Meter weiter, der Muschelkalk - „da gibt es interessante Unterschiede zu schmecken; dazu die Flora, die Fauna . . .“, schwärmt der 63-jährige Fachmann.

Wein genossen hat er schon immer, früher mehr Rotweine, heute die Weißen, ab und an noch einen Spätburgunder. Er bevorzugt den Silvaner, den er „die Identität von Weinfranken“ nennt. „Der kommt mit allen Böden in Unterfranken zurecht. Ich mag die Nuancen der Böden, den Buntsandstein, den Muschelkalk, den Keuper. Ich bin aber durchaus neugierig auf Neues.“

„Laufend Überraschungen erlebt“

Und Neues gab es in der Ausbildung genug zu lernen: „Ich habe laufend Überraschungen erlebt. Die Kollegen waren da weiter als ich, weil die oft Winzer waren oder aus Winzerfamilien stammten. Für mich war vieles Neuland.“

Boden, Klima, Kleinklima – alle diese Faktoren, die unter dem neuen Winzerbegriff Terroir zusammengefasst werden, dazu Reb- und Pflanzenkunde, Weinbaugeschichte und -technik, Kellerwirtschaft, Sensorik (rund 800 Aromen), Pädagogik und Präsentationstechniken umfasste der Unterricht, der in Veitshöchheim und an anderen Orten erteilt wurde.

„Wir sind an Stellen und in Keller gekommen, die man sonst nie sieht“, erzählt Robert Lampert. „Das hat für die Strapazen beim Lernen entschädigt. Und das kleine Einmaleins der Winzerei auch noch vom Präsidenten der Landesanstalt (Hermann Kolesch) selbst beigebracht zu bekommen – Herz, was willst du mehr?“

Hochachtung vor dem Winzerberuf

Seine Hochachtung vor dem Beruf des Winzers und der vielen Arbeit, die dann letztlich einmal im Glas steckt, sei durch den Lehrgang noch gestiegen, sagt der Wernfelder, der seine Entscheidung, Zeit und Geld in die Ausbildung investiert zu haben, nicht bereut. Die Idee, Gästeführer zu werden, sei während einiger gemeinsamer Mittagspausen mit Jasna Blaic und Lissy Halbritter von der Gemündener Touristinfo aufgekommen. Den letzten Anstoß habe gegeben, dass Winzer Ralf Schwarz (Gräfendorf) im Mai 2015 den Gemündener Stadtwengert am Schulberg übernahm und dass die Stadt Gemünden der Saaletal-Initiative „Wein-Genuss-Wanderweg“ beigetreten ist.

Kaum bekannt sei, dass die Dreiflüssestadt einmal zu den großen Weinbauorten Frankens gehörte. Und schon doziert Robert Lampert: Zu Beginn der 1830er Jahre habe Gemünden rund 75 Hektar Rebfläche besessen, im schlechten Weinjahr 1831 habe der 1500-Einwohner-Ort dennoch 550 Hektoliter Wein produziert. Es gab viele Wein- und Heckenwirtschaften. Alle Südhänge bis nach Langenprozelten, heute bewaldet, waren mit Rebstöcken bestanden.

Dies und viel mehr werden die Interessenten erfahren, die über die Touristinfo eine Weinerlebnisführung mit dem ehemaligen Stadtkämmerer buchen. Er wird ihnen dazu alte Stadtansichten zeigen, außerdem die Relikte der großen Zeit wie den Weinheiligen Urban am Madlon-Haus, den Rebzweig an der Stadtpfarrkirche, die zahlreichen (Wein-)Keller in der Altstadt oder die Trockenmauern und verwilderten Weinstöcke nahe der Scherenburg. Die Referate, die Weinprobe im Ronkarzgarten und die Führung durch Gemünden und auf die Burg hat Lampert in einer dicken Mappe beschrieben – sie war ein Teil der Gästeführer-Prüfung. Sie ist mit 1,5 benotet worden.

Präsente aus der Heimat

Bei der Übergabe der Urkunden an die neuen Gästeführer hielt der Wernfelder in ihrem Namen die Dankesrede an die Dozenten. Sie sollten nichts am Konzept ändern, riet er. Jeder Tag in der Landesanstalt sei für ihn spannend und interessant gewesen – „ich habe mich immer auf den nächsten Tag gefreut“. Als Präsente überreichte er aus seiner Heimatstadt Weinpralinen von „Connys Confiserie“ und Löwenzahnlikör von Hubert Fröhlich.

Insgesamt vier Aktenordner hat der Wernfelder mit Unterlagen aus dem sechsmonatigen Lehrgang „proppevoll“ gefüllt. „Ständige“ Fort- und Weiterbildungen über den Gästeführerverein werden folgen. An Themen für Führungen wäre kein Mangel. So schwärmt Lampert: „Gemünden ist für mich besonders, weil die Stadt noch viele versteckte Schätze in sich verbirgt. Man lernt immer etwas Neues über sie. Man muss nur mit offenen Augen durch die Stadt oder das Umland gehen, um Interessantes zu entdecken.“

 
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  • A. T.
    Werde sicherlich mal dabei sein ...
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