zurück
Burgsinn
Besuch in der Backstube in Burgsinn: So entsteht die Neujahrsbrezel
Im ganzen Landkreis Main-Spessart sind die Neujahrsbrezeln beliebt. Wir verraten, was hinter dem Brauch steckt, was das Besondere an ihnen ist und wie sie zubereitet werden.
Das fertige Produkt: Bäcker Jürgen Kleespies mit seiner Angestellten Ann-Kathrin Thiele und zwei frisch gebackenen, unterschiedlich geformten Neujahrsbrezeln.
Foto: Nicole Schmidt | Das fertige Produkt: Bäcker Jürgen Kleespies mit seiner Angestellten Ann-Kathrin Thiele und zwei frisch gebackenen, unterschiedlich geformten Neujahrsbrezeln.
Nicole Schmidt
 |  aktualisiert: 11.02.2024 19:38 Uhr

In den Städten und Dörfern Main-Spessarts sind sie bis heute ein beliebtes Mitbringsel des Taufpaten, des "Douts", für die Patenkinder: die Neujahrsbrezeln. "Im 15. oder 16. Jahrhundert, so heißt es laut einer unbestätigten Legende, wurde Kindern der Neujahrsbrezel als Ring um den Hals gelegt, damit im neuen Jahr alles rund läuft und sie lernen, sich durchzubeißen", erzählt Jürgen Kleespies aus Burgsinn, der die Bäckerei Kleespies bereits in der siebten Generation führt.

Die Menschen seien früher im Sinngrund arm gewesen, ergänzt Mitarbeiterin Ann-Kathrin Thiele. "Die Kinder sollten sich an der großen runden Form auch satt essen können". Daraus könnte der Brauch entstanden sein, zum Jahreswechsel Neujahrsbrezeln zum Frühstück zu verzehren oder an (Paten)-Kinder, an Freunde und Nachbarn zu verschenken, um diesen so ein frohes neues Jahr zu wünschen, eines, in dem sie immer genug zu essen hätten.

Auch geflochtene Brezeln gibt es. Jeder Brezel ist ein Unikat.
Foto: Nicole Schmidt | Auch geflochtene Brezeln gibt es. Jeder Brezel ist ein Unikat.

Die meisten Neujahrsbrezeln gehen in der Bäckerei Kleespies am Silvestertag über den Tresen. "Es müssten allein an diesem Tag von jeder Größe circa 120 bis 160 Stück sein", schätzt der Chef. Für viele stelle der jährliche Neujahrsbrezel immer noch eine Besonderheit dar, die Erinnerungen an die eigene Kindheit wecke. Schon Tage vor Silvester, gleich nach den Weihnachtsfeiertagen, gingen die ersten Vorbestellungen ein.

Ein Kunde ist Jürgen Kleespies besonders in Erinnerung geblieben: ein älterer Herr, der seine Jugend in Burgsinn verbrachte und sich sehnlichst einen Neujahrsbrezel wünschte. "Ich habe ihm diesen dann kurz vor dem Jahreswechsel zugeschickt", berichtet der Bäcker. "Bei seinem Dankesschreiben war ich gerührt zu Tränen".

Brauchtum von Dorf zu Dorf unterschiedlich

Während in Würzburg zum Jahreswechsel Glücksschweine aus Mürbeteig verschenkt würden, lebe die beliebte Tradition der Neujahrsbrezel im Sinngrund weiter, differiere aber von Dorf zu Dorf. Dies lässt sich am Beispiel der Ortschaften Aura und Burgsinn verdeutlichen, die nur wenige Kilometer auseinander liegen. Trotzdem seien die geschmacklichen Vorlieben bei den Neujahrsbrezeln unterschiedlich. So müsse laut Kleespies in Aura ganz viel Zuckerguss auf die Brezeln, während danach in Burgsinn keine Nachfrage bestehe.

Unterschiede gebe es auch beim Teig. Im Sinngrund werden süße Hefe- oder Brötchenteige in Ringform bevorzugt, in anderen Regionen Frankens handele es sich häufig um normalgeformte Hefeteig-Brezeln. Unabhängig davon gelte aber für alle Neujahrsbrezeln: Ofenwarm schmecken sie am besten. Die einen mögen sie einfach blank, andere bestrichen sie mit Butter, Nutella oder Marmelade. Eine Angestellte belege sie sogar mit Käse.

Alle Neujahrsbrezeln, auch die kleinsten,  werden in der Bäckerei Kleespies per Hand geformt.
Foto: Nicole Schmidt | Alle Neujahrsbrezeln, auch die kleinsten,  werden in der Bäckerei Kleespies per Hand geformt.

Zubereitung nach altem Familienrezept

In der Bäckerei Kleespies werden die Neujahrsbrezeln nach einem altem Familienrezept zubereitet, dass von Generation zu Generation weitergegeben wird und einmalig ist. Die Philosophie: hochwertige Bio-Zutaten aus der Region (das Getreide/Dinkel stammt aus Gräfendorf), Handarbeit statt Massenproduktion und ganz viel Liebe bei der Zubereitung. Experimentiert werde nur wenig, denn für Jürgen Kleespies ist die Tradition der Zubereitung wichtig, zudem habe sich das Rezept bewährt.

Das genaue Rezept bleibt natürlich geheim. Was dem Bäcker zu entlocken ist: "Wir verwenden für unsere Neujahrsbrezeln ein Bio-Weizengemisch, Milch, Butter, Hefe, dazu eine kleine Prise Salz und Zucker sowie zwei geheime Zutaten." Einen Tipp für Hobbybäcker und Hobbybäckerinnen hat er dennoch. Sie sollen wenig Hefe verwenden, auf hochwertige Zutaten achten und den Teig lange ruhen lassen, damit sich das Aroma voll entfalten kann.

Ann-Kathrin Thiele bei der Verarbeitung eines Teiges.
Foto: Nicole Schmidt | Ann-Kathrin Thiele bei der Verarbeitung eines Teiges.

Große Pannen habe es bei der Zubereitung der Neujahrsbrezeln in den letzten Jahren dank des Vier-Augen-Prinzips nicht mehr gegeben. Freilich forderten die Sonderschichten und die Uhrzeit manchmal ihren Tribut. Es komme schon mal vor, dass wegen Übermüdung Salz mit Zucker verwechselt oder vergessen werde oder eine Charge zu lange im Ofen bleibt. Perfekt sei ein Neujahrsbrezel, wenn er blond gebacken wurde.

Flinke Hände und Muskelkraft sind gefragt

Für die Herstellung von Neujahrsbrezeln sind flinke Hände, aber auch Muskelkraft gefragt. Aus dem Teigkloß wird rasant eine lange, dünne Teigrolle geformt, anschließend folgt das sogenannte Brezelschwingen für die richtige Form – klein, mittel, groß, Butterbrezel oder geflochten – eine anstrengende Arbeit, die aber routiniert erfolgt. Danach wird mithilfe eines Holzstabes eine Mulde hineingedrückt und der Teig mit hochwertigem Öl bestrichen, damit sich der Ring schön abbackt und schöner aufplatzt. In liebevoller Handarbeit wird, für den Laien kaum mit den Augen zu verfolgen, ein Ring geformt.

Zwei weitere große Brezeln sind fertig und wandern nun in den Backofen.
Foto: Nicole Schmidt | Zwei weitere große Brezeln sind fertig und wandern nun in den Backofen.

Um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, lege das Team Sonderschichten ein. "Früher hatten wir hierzu noch Unterstützung von Altgesellen, heute sind wir so gut aufgestellt, dass wir keine Helfer benötigen", berichtet Jürgen Kleespies stolz. Bis zum Silvestertag stapelten sich täglich die vollen Bleche in der Backstube, weil immer gleich mehrere Ladungen Neujahrsbrezeln in den Ofen kommen.

Für alle, die jetzt Lust auf Neujahrsbrezeln bekommen haben: Es gibt sie in fast allen Bäckereien und Backfilialen der Region. Bei der Bäckerei Kleespies können sie sogar bis Ende Januar bestellt werden. Näheres unter www.baeckereikleespies.de oder Telefon (09356) 1235.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Burgsinn
Nicole Schmidt
Bäckereien und Konditoreien
Massenproduktion
Mitarbeiter und Personal
Teig
Weihnachtsfeiertage
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • c. k.
    Ist doch günstig!
    In Mittelsinn kostet der große 9,-€ und der ist sogar noch etwas kleiner wie der große Brezel von der Bäckerei Kleespies!
    Hole meine nächstes Jahr auch in Burgsinn.. grinsen da spare ich trotz der derzeitigen Benzinpreise immer noch einiges..
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. A.
    Ich finde die Preise mehr wie gerechtfertigt! Sie sind einfach lecker und vom Handwerksbetrieb vor Ort. Bevor ich mich zuhause selbst hinstelle und mir welche backe - was gar nicht so einfach ist, sie soo hinzubekommen wie hier, zahle ich das gerne! Am liebsten die Geflochtenen grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. S.
    Willkommen in der freien Marktwirtschaft. In Würzburg + Umgebung können Sie mit diesen Verkaufspreisen keinen "Krieg" gewinnen, da um den Jahreswechsel, jeder Bäcker dies im Sortiment hat.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. K.
    auf der Homepage steht das ein kleiner nen Euro
    und ein großer 5 bis 6 Euro kostet..
    finde ich fast noch zu billig...

    aber der Kunde will halt nur noch billig
    egal wo das Zeug herkommt
    und wie es schmeckt...

    so bekommt man es hin
    das es bald gar kein Handwerk mehr gibt..
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. M.
    Lt der Internetseite der Bäckerei Kleespies kosten die Brezen wie folgt:
    Kleine Breze 1,00 Euro
    Mittlere Breze 3,20 Euro
    Große Breze 5,00 Euro
    Geflochten 6,00 Euro
    Wenn man für eine größere Familie diese Brezen einkauft können so schon schnell einige Euro zusammenkommen. Aber es steht jedem frei zu entscheiden ob es ihm diese Ausgabe wert ist, ob er die Brezen irgendwo kauft wo diese billiger sind oder ob er ganz darauf verzichtet und sein Geld für andere Dinge ausgibt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    saufhauerl:
    heute habe ich für meine Enkel kleine Neujahrsbrezeln gekauft im Sonderangebot "2 Stück für 4,99 €"!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. R.
    Dann ist wohl was verkehrt gelaufen. Am ehesten könnte ich mir 4,99 € als Rabatt für 2 mittlere Brezn denken, die ohne 6,20 € kosten würden.
    Ich mag die Bäckerei Kleespies und das Café, das in der Verkaufsstube mit drin ist. Da die Sachen gut sind, es keine Kette ist (von der man nicht viel weiß) und ich oft vorbeikomme, kaufe ich sehr oft dort ein. Eier, Honig, Brot in allen Variationen, manches Mal sogar Camembert und Quark aus Hohenroth, die deftigen Süßwaren, ich hab's gern. Auf Geld schau ich dabei kaum. Ist halt ne Vertrauens- und Sympathiesache. Dort kann man sogar die Schrot&Korn (Bio-Verbrauchermagazin) gratis mitnehmen, ist doch'n Ding, was?
    Manchmal kauf ich da mehr ein als im Supermarkt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. R.
    "4,90 € für zwei kleine Neujahresringe als Sonderangebot"

    Wo steht, dass 2 kleine Kringel 4,90 kosten!? Kann ich mir auch nicht vorstellen, sicher kosten die Großen so viel.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. L.
    alles schön und gut, aber 4,90 € für zwei kleine Neujahresringe als Sonderangebot sind schon sehr mutig...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Dann geh doch zu Netto!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. M.
    Viele Menschen wissen es gar nicht mehr zu schätzen, einen Bäcker oder Metzger noch vor Ort zu haben. Genau dies "Geiz-ist-geil-Mentalität" macht die Städte und den Mittelstand kaputt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Meine Rede!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten