Nachdem er den Deckel seines Gasgrills mehrfach auf und wieder zu und die Baconrollen gewendet hat, es kräftig gezischt und etwas gequalmt hat, sind die Happen fertig. Der knusprige Speck, die Süße des Honigs und die Würze des Bergkäses verbinden sich im Mund zu einem besonderen Geschmackserlebnis. Ein Geheimtipp von Simon sind mit fein gemahlenen Werther's-Echte-Bonbons panierte und in Speck eingewickelte Apfelstückchen.
Walter Simon ist ein leidenschaftlicher Griller, ein- bis dreimal die Woche wirft er seine Grills an, erzählt er. Und nicht nur für Bratwürste und Steaks.
Der gelernte Fernmelder verwaltet außerdem auf der Kommunikationsplattform Facebook eine inzwischen über 13.000 Mitglieder starke Grillgruppe namens „BBQ & Smokerfans“, bei der er darauf achtet, dass alles gesittet zugeht und dass keine Prostituierten oder Spamversender beitreten, die nur ihre Produkte und Dienstleistungen bewerben wollen.
„BBQ“ steht für das englische Wort für grillen, „Barbecue“. Der Begriff „Smoker“ führt manche Facebook-Nutzer in die Irre, die glaubten, es handele sich um eine Rauchergruppe, erzählt Simon. Dabei bezeichnet ein Smoker in Grillkreisen einen Räuchergrill. Der Rauchgeschmack sei aber nicht seins, sagt Simon.
Der 62-Jährige, der bei einem Grillwettbewerb in Köln schon Mitglied der Jury war, steht stattdessen beispielsweise auf eine Eigenkreation: den „Kachelburger“. Der bietet mächtig was zum Beißen und ist wegen der von Simon selbst hergestellten Burgerbrötchen und Kirsch-Curry-Soße kulinarisch wertvoll. Und dann kommt noch das besondere Fleisch: Kachelfleisch. Das kleine marmorierte Stück Fleisch, von dem jedes Schwein nur zwei kleine Stück hat, ist unter Grillern heiß begehrt, außerhalb von Grillkreisen jedoch kaum bekannt.
Simon: „Ein wunderbar zartes Fleisch.“ Auch beim Metzger seines Vertrauens musste er erst Aufklärungsarbeit leisten. Alte Metzger würden das Fleischstück noch eher kennen.
Natürlich besitzt Simon die entsprechende Ausstattung mit allem Pipapo. Er hat zwar nicht sieben, acht Grills wie manch anderer aus seiner Facebook-Grillgruppe, aber immerhin einen festen kaminartigen Betongrill zum „Flachgrillen“, also dem normalen direkten Grillen mit Holz und Kohle, mit dem er vor zehn Jahren angefangen hat, dann einen Kohlegrill, mit dem er auch indirekt, also nicht über der Glut, grillen kann, und einen professionellen Gasgrill. Hinzu kommen gusseiserne Töpfe, sogenannte Dutch Ovens („Holländische Öfen“), die auf glühende Kohlen gestellt werden und auf deren Deckel ebenfalls Glut kommt – laut Simon ideal für Gulasch und Schichtfleisch.
Je nachdem, was gegrillt werden soll, verwendet Simon bestimmte Briketts und so etwas Extravagantes wie ein Funkthermometer, das Alarm schlägt, wenn die nötige Temperatur unterschritten wird. Letzteres sei bei Pulled Pork nötig, langsam gegartem Schweinefleisch nach amerikanischem Vorbild, das sich am Ende mit der Gabel zerrupfen lässt. Das brauche schon mal 16 bis 20 Stunden – und irgendwann müsse er ja auch mal schlafen. Dann hole ihn das Thermometer aus dem Bett wie andere Leute ein Babyfon. „Beim Grillen gehört immer Zeit dazu, viel Zeit.“ Beim Grillen mit Kohle etwa müsse diese erhitzt werden, bis sie weiß ist, was gerade in Deutschland, wo alles schnell gehen müsse, oft nicht eingehalten werde.
So ausgestattet, zaubert Walter Simon einiges im Freien, zum Beispiel Schäufele und Krustenbraten, aber auch Ausgefallenes. Dass alles im Freien stattfindet, macht für ihn den zusätzlichen Reiz aus. Draußen Zubereitetes schmecke einfach besser, findet er, und räumt ein, dass das womöglich Einbildung ist. Das Dach seines Pavillons im Hof hat er oben mit Lkw-Plane und darunter mit Holzbrettern verstärkt. So manche Seitenplane fiel schon einem heißen Grill zum Opfer, erzählt er.
Bei Simon kommt aber nicht alles auf den Grill. Wenn schon, dann muss es Qualität sein, findet er. Supermarktfleisch rühre er deshalb nicht an – zum einen wegen der Qualität, zum anderen, weil er Massentierhaltung ablehnt: „Kauf Dir ein Kilo Fleisch und wirf es in die Pfanne oder auf den Grill und wieg es nachher noch mal.“ Fleisch aus dem Supermarkt werde oft legal mit Wasser aufgespritzt, erzählt Simon.
Bratwurst könne er fast täglich essen. Ihm schmecken beispielsweise Coburger und Ansbacher besonders gut. „Die schlechtesten Bratwürste gibt's in Norddeutschland.“ Weil er gerne alles selber macht, hat er sich auch an Bratwürsten versucht. Das habe eine Riesensauerei gegeben, war geschmacklich aber nicht der Gipfel des Genusses, räumt er ein. Für ihn müsse es auch nicht immer Fleisch sein: Er grillt auch gefüllte Paprika, Tomaten, Pilze, im Winter auch Bratäpfel.
Simon ist gebürtig aus Trier, wohnt aber seit gut 25 Jahren in Karsbach. Zuvor war er öfter auf dem Campingplatz in Gemünden, verguckte sich dabei in die Region und blieb. Sein Grillwissen habe er sich angelesen, durch Tipps aus der Grillgruppe erhalten oder in Kursen. „Für Anfänger sind Kurse auf jeden Fall lohnenswert“, findet er. In Sachen Grill rät er: „Das Teil sollte so groß sein, dass man indirekt grillen kann.“ Ob Gas oder Kohle, das mache geschmacklich nichts, sagt Simon. „Der größte Unterschied ist die Qualität des Fleisches und die Zubereitung.“
Eines geht ihm immer noch etwas nach: Bei der Zubereitung von Schweinebäckchen trat er gegen seine Frau an und sie gewann geschmacklich. Sie hatte die Bäckchen in der Küche im Topf auf dem Elektroherd zubereitet, er in einer Kasserolle, einmal auf Gas und einmal auf Holzkohle. Heute, glaubt er, würde er es besser hinkriegen.