
Beatrice Bayerlein aus Karlstadt hat beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" in der Kategorie Popgesang 23 von 25 möglichen Punkten erhalten und damit einen zweiten Preis erreicht. Sie interpretierte zwei gecoverte Songs und drei eigene: "16 Tons" von Ernie Ford sang sie a cappella, bei "Just like a child" von James Morrison begleitete sie sich ebenso selbst am Klavier wie bei den drei Eigenkompositionen.
Diese nüchternen Zeilen drücken längst nicht aus, was die junge Sängerin durchlebt hat und wie sie zum Popgesang steht. Beatrice Bayerlein trat zu einem denkbar schwierigen Zeitpunkt zu dem Wettbewerb in Halle an - mitten in den Abiturprüfungen. Und sie sieht die Ausbildung sowie den Wettbewerb teilweise kritisch.
Handy klingelte auf der Bühne
Offen räumt sie ein, dass sie ein "verpeiltes Auftreten" abgeliefert habe: "Ich bin mit einem zerfetzten Block auf die Bühne gelaufen, auf dem schnell mein Text vom Lied, das ich am Abend vorher komponiert hatte (da mein Kopf die Wochen zuvor beim Abi war), provisorisch aufgekritzelt war. Das erste, was ich auf der Bühne gemacht habe, war, mein Handy auszuschalten, da es angefangen hat zu klingeln. Ich muss zugeben, ich war alles andere als perfekt und viel zu zerstreut."
40 Teilnehmer waren zu dem Bundeswettbewerb aufgrund ihrer vorangegangen Qualifikationen zugelassen worden. Beatrice Bayerlein: "Ausgerechnet die Teilnehmerin vor mir war leider durch und durch perfekt. Ihr Partner hat sie zweistimmig begleitet und es wurde deutlich, dass sie schon seit geraumer Zeit ein trainiertes Duo sind. Ihr Auftritt war bis aufs Kleinste geplant; sie haben sogar einen Stuhl mitgenommen, der passend zu ihrem Outfit abgestimmt war."
"Musiker sollten authentisch sein"
Die Jury kritisierte, dass Beatrice Bayerlein keinen Song im Stehen dargeboten hatte, sondern ausschließlich am Klavier sitzend. "Diese Kritik wurde auch in den Wettbewerben vorher geäußert, aber trotzdem möchte ich das nicht an mir ändern, denn das macht gerade meine Musik persönlich und individuell. Ich mag es, wenn Musiker auf der Bühne authentisch sind."
Mehr noch: "Wir haben das Problem, dass es wenig ausgebildete Popmusik-Lehrer gibt. So müssen viele klassisch ausgebildete Musiker Pop lehren und unterschätzen die Schwierigkeit darin oft."
Perfektion wurde stark gewichtet
Von den vier Juroren beim Bundeswettbewerb sei "keiner wirklich im Pop-Bereich ausgebildet" gewesen. "Die Jury hat auf die ,Glattheit' des Gesamteindrucks geachtet sowie auf das einstudierte Vorführen. Sie haben auf die Perfektion viel Wert gelegt und dass alles bis ins kleinste Detail ausgearbeitet wurde."
Beatrice Bayerlein: "Das kann ich vollkommen verstehen, und das sollte auch Voraussetzung für einen Bundeswettbewerb sein. Jedoch sollte man genauso viel Gewicht auf eine persönliche Note und auf die Stimme legen. Das wurde vielen Teilnehmern, nicht nur mir, zum Verhängnis. Gelobt wurde bei mir die persönliche Note in meiner Stimme, die facettenreichen Farben und die Vielfalt in meinen Liedern. Ich habe es sogar geschafft, in allen drei Wettbewerben mindestens eine Jurorin zum Weinen zu bringen. Die Texte waren immer tiefgründig, in meinem neuen Lied ging es zum Beispiel um die Oberflächlichkeit der Gesellschaft, in ,Mom' über den Verlust einer Mutter und in ,Land full of Lies' über unterdrückte Meinungsäußerung."
Lob für die Gesangslehrerin
Trotzdem sei sie "super zufrieden", weil sie trotz der mangelhaften Vorbereitung einen zweiten Preis erhalten hat und zudem noch ihre Abiturprüfungen besser als erwartet bestanden hat.
"All das wäre nicht ohne die Gesangslehrerin an der Karlstadter Musikschule, Ulia Frank, möglich gewesen. Sie hat mich in meinen Gesangsunterricht-Jahren so gut und stark ausgebildet, dass ich es ohne Vorbereitung, selbstständig geschafft habe, solch einen Erfolg erleben zu dürfen. Ich kann mir keine bessere Gesangslehrerin vorstellen."
Mit acht Jahren Liebe zum Pop entdeckt
Mit zwölf Jahren begann ihr Gesangsunterricht bei Ulia Frank an der Karlstadt Sing- und Musikschule. Ihr Faible für den Popgesang entwickelte sich mit acht Jahren. Obwohl ihre Mutter Klavierlehrerin ist, hat Beatrice Bayerlein sich das Klavierspielen selbst beigebracht. "Es ist immer schwierig, die eigenen Eltern als Lehrer zu haben." Nach vier Jahren Unterricht trat sie bei "Jugend musiziert" an und erreichte schon da auf Anhieb den zweiten Preis auf Bundesebene. Der Wettbewerb in der Kategorie Popgesang wird nur alle drei Jahre ausgetragen. Ulia Frank: "Zu der Zeit hat Beatrice erstmals Persönliches in die Interpretation gelegt."
In einem Frankfurter Studio nahm die damals 16-Jährige etliche Songs auf, nur für den Privatgebrauch. "Ich hätte die Chance gehabt auf mehr, aber die Schule ging vor." Jetzt, nach dem Abitur will sie sich stärker auf den Gesang konzentrieren. "Für nächstes Jahr habe ich größere Pläne."
