Bayerstürmer
Eigentlich verbietet es sich, über Kunst ein Urteil zu fällen. Denn bekanntlich ist sie die Tochter der Freiheit. Kunst kann und darf fast alles, ist mitunter schwer und manchmal gar nicht zu fassen. Doch in Lohr könnte es jetzt soweit kommen, dass über Kunst doch ein Urteil gefällt werden muss – ausgerechnet von Juristen. Wie ich in dieser Woche in der Zeitung lesen musste, bahnt sich zwischen dem Schneewittchen-Künstler Peter Wittstadt und der Stadt Lohr ein Rechtsstreit an. Es geht um die Urheberrechte an der Schneewittchenfigur, mit der Wittstadt den ersten Lohrer Kunstpreis gewonnen hat. Auch darüber, ob der Künstler zum Schneewittchen nun eine Stele oder Reliefplatten liefern soll, wird gestritten.
Diesen Streit verstehe, wer will. Ich nicht. Natürlich verwundert es nicht, dass manche Stadträte der Verlockung erlegen sind, sich per Beschluss an Wittstadt dafür zu rächen, dass dieser Lohr ein Kunstwerk beschert hat, welches nicht gerade Mainstream ist. Doch was will man damit bezwecken? Es ist nicht Wittstadts Schuld, dass die Stadt beim Kunstpreis viele Fehler gemacht hat. Die Entscheidung für seine Skulptur zählt im Nachhinein betrachtet ganz sicher nicht dazu.
Kunstgeschmack hin oder her, Wittstadt hat der Stadt Lohr einen grandiosen Werbeeffekt beschert, dazu eine ganz neue Verbundenheit mit der zuvor über Jahrzehnte dahindümpelnden Werbefigur.
Statt den Künstler zu gängeln, sollte die Stadt endlich Frieden mit ihm schließen, den ersten Lohrer Kunstpreis in Würde zu Ende bringen und darauf hoffen, dass der zweite ein ähnlicher Erfolg wird. Wenn man betrachtet, welche Unsummen die Stadt mit nicht selten zweifelhaftem Ergebnis in den Rachen von Beraterbüros schmeißt, nimmt sich das Honorar, das Wittstadt für sein Schneewittchen verlangt, wie ein Taschengeld aus, denkt sich Euer Bayerstürmer (jun)