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Würzburg
Barbershop-Chefs aus Main-Spessart wegen illegaler Beschäftigung und Betrug zu Geld- und Haftstrafen verurteilt
Die angegebenen Arbeitszeiten passten nicht zu den Öffnungszeiten der Läden, stellte der Zoll fest. Einer der Angeklagten versuchte es vergeblich mit wilden Erklärungsversuchen.
Zwei Chefs einer Barbershop-Kette standen in Würzburg vor Gericht.
Foto: Getty Images | Zwei Chefs einer Barbershop-Kette standen in Würzburg vor Gericht.
Christian Ammon
 |  aktualisiert: 06.01.2025 02:31 Uhr

Seit einigen Jahren erfährt das Handwerk des Herrenbarbiers einen unübersehbaren Boom. Stimmen, dass es dabei nicht immer mit rechten Dingen zugeht, gibt es schon länger. Nun hat das Würzburger Amtsgericht die Chefs einer hiesigen Barbershop-Kette wegen Schwarzarbeit, Unterschreitung des Mindestlohns und zu Unrecht bezogener Kurzarbeitergelder verurteilt: darunter mit gepflegtem Prophetenbart auch ein bekanntes Gesicht der regionalen Barbierszene, nach eigener Aussage Weltmeister der Barbiere. Seine geschickten Hände bewahrten den 41-Jährigen jedoch nicht vor Strafe.

Der Betrug soll laut Staatsanwaltschaft in den Jahren 2019 bis 2023 stattgefunden haben. Der 41-Jährige und ein 51-Jähriger, beide aus Main-Spessart, sollen in dieser Zeit als Chefs des Friseurbetriebs für "eine Vielzahl an Arbeitnehmern" – namentlich nachweisbar waren 14 Personen – zu geringe Arbeitszeiten abgerechnet, den geltenden Mindestlohn unterschritten und zu geringe Sozialbeiträge abgeführt haben. Ein Mitarbeiter aus Marokko besaß keine Arbeitserlaubnis. Zwei Putzkräfte, die jeden zweiten Abend den Salon reinigten, waren ohne Anmeldung.

 Barbershops, Automatenladen und Kosmetiksalon in Würzburg und Lohr

Aufgedeckt wurde der Betrug durch das Hauptzollamt Schweinfurt. Infolge anonymer Hinweise fand am 4. März 2020 eine gemeinsam mit einem Steuerfahnder durchgeführte Kontrolle der beiden Würzburger Läden, eines Automatenladens, der Lohrer Filiale und eines Kosmetiksalons in Lohr statt. Befragungen der Mitarbeiter ergaben Unstimmigkeiten. "Da passt was nicht", war der ermittelnden Zollbeamtin rasch klar, wie sie vor Gericht aussagte. Eine einfache Plausibilitätsprüfung habe genügt: Die angegebenen Arbeitszeiten passten nicht zu den Öffnungszeiten. Insgesamt 29.000 Euro soll sich der Betrieb so an Sozialversicherungsbeiträgen gespart haben.

Die Verantwortlichen scheinen den Warnschuss überhört zu haben. Kurz nach dem Corona-Lockdown Ende März 2020 schlossen sie auffallend viele neue Arbeitsverträge, die Arbeitszeiten und der Lohn stiegen. Selbst der Chef und seine Frau erhielten welche. Im Antrag auf Kurzarbeitergeld wurde jeder einzelne Arbeitstag von Mai bis Oktober voll angegeben und 80.000 Euro ausgezahlt. Glaubwürdig war dies nicht: Erkrankte Mitarbeiter oder Mitarbeiter im Urlaub gab es demnach nicht. Im Dezember kam es zur zeitgleichen Durchsuchung der Geschäftsräume aller Filialen. Zwischenzeitlich war eine weitere in Würzburg dazu gekommen.

Seltsame Erklärungsversuche eines angeklagten Barbers

Die Erklärungsversuche des 51-Jährigen hinterließen mehr Fragen als Antworten. Die Stundenlisten sollen die Mitarbeiter eigenhändig erstellt und unterschrieben haben. Ihre Stimmigkeit stellte er später selber in Frage. Die Beschäftigten seien beinahe ausschließlich aus dem Ausland und die "deutschen Richtlinien" nicht gewöhnt. Sie würden weder pünktlich kommen noch gehen und auch schon mal mehrere Tage lang verschwinden, um unerwartet wieder bei der Arbeit aufzutauchen. Dass sich die Mitarbeiter nicht im Plus befunden hätten, da sei er sich jedoch sicher.

Den Friseurladen beschrieb er ferner als eine Art "Treffpunkt". Mitarbeiter hätten ihre Freunde und Kumpels mitgebracht, um ihnen die Haare zu schneiden. Dies sei gang und gäbe in jedem Barbershop. Die versäumten Sozialbeiträge führte er auf einen alkoholabhängigen Steuerberater und einen Buchhalter, der sich als Steuerberater ausgab, zurück. Während der 51-Jährige einräumte, dass er für die Abrechnungen und Buchhaltung zuständig ist, blieb die Verantwortung des 41-jährigen Friseurmeisters, der sich auf das Handwerk konzentriert haben soll, zunächst unklar. Er lebt für seinen Beruf, er wählt aber auch die Mitarbeiter aus und unterschreibt die Arbeitsverträge.

Der 41-Jährige erhielt eine Geldstrafe von 8100 Euro, sein Geschäftspartner eine Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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