Der einst sehenswerte Mittelsinner Bahnhof fristet nach der endgültigen Schließung am 14. Dezember 1998 ein tristes Dasein und verkommt immer mehr. Das denkmalgeschützte, um 1875 im Stil der Neo-Renaissance errichtete Gebäude befindet sich seit drei Jahren in privater Hand.
Abschreckend für Besucher
Zwar wurde ein Versuch einer Sanierung unternommen, doch inzwischen hat sich das Gelände um den Bahnhof zu einem Autofriedhof und Schrottplatz entwickelt. Den aus dem Zug steigenden Fahrgast empfangen ein heruntergekommenes Gebäude mit verbretterten Fenstern, fünf bis sechs, zum Teil aufgebockte und ausgeschlachtete alte Autos, gelagerte Metallabfälle, alte Balken, Bauschutt oder verrostete Geländer. Es ist zu vermuten, dass Touristen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Schönheiten des Sinngrunds oder Mittelsinns besuchen, schockiert und irritiert schnell wieder in den Zug einsteigen, um den unwirtlich anmutenden Ort schnell zu verlassen.
Konsortium kaufte Bahnhof zuerst
Ein Luxemburger Konsortium hat nach Auskunft von Bürgermeister Peter Paul rund 100 deutsche Bahnhöfe von der Bahn gekauft, darunter den in Mittelsinn, angeblich zu einem symbolischen Kaufpreis von einem Euro pro Gebäude. Dieses Konsortium verkaufte den Mittelsinner Bahnhof an die in Möckern (Sachsen-Anhalt) angesiedelte Firma „Zweitehandhaus“, die sich dem „Immobilienmarkt zu Discountpreisen“ verschrieben hat. Die Firma legte der Gemeinde ein Kaufangebot für den Bahnhof vor, das diese ablehnte. Bürgermeister und Gemeinderat sahen keine Verwendung für das sanierungsbedürftige Gebäude.
Ende 2013 an Privatmann verkauft
Im November 2013 kaufte ein rumänischer Staatsbürger, der in einer Gemeinde im Landkreis Fulda gemeldet war, die Immobilie. Damals, so Bürgermeister Paul, hatte der Bahnhof weder Strom-, Wasser- oder Kanalanschluss. Mittlerweile ist zumindest die Stromversorgung hergestellt. „Man merkte, dass im Gebäude gearbeitet wurde. Doch niemand hat je einen Blick in das Innere geworfen, da immer ein größerer Kampfhund vor der Türe lag“, sagt der Bürgermeister.
Nie irgendwelche Bauanträge gestellt
Eine Anfrage bei der Unteren Denkmalschutzbehörde am Landratsamt, ergab, dass der Besitzer geplant hatte, Fremdenzimmer und eine Art Billard-Bistro einzurichten, allerdings nie Bauanträge dafür gestellt hat. Die Pressestelle schreibt: „Anfang 2015 erhielt das Landratsamt Kenntnis darüber, dass der Eigentümer des Bahnhofsgebäudes in Mittelsinn offensichtlich Fenster getauscht und Reparaturen am Dach vorgenommen hatte. Da aber aufgrund der durchgeführten Maßnahmen verhindert werden konnte, dass weiterhin Feuchtigkeit in das Gebäude eindringen und dieses dadurch schädigen konnte, wurden die Arbeiten in Rücksprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege toleriert.“
Bauamt hat keine Schritte eingeleitet
Im Februar 2015 habe die zuständige Mitarbeiterin des Bauamtes den Eigentümer darauf hingewiesen, dass er für Änderungen an dem Gebäude oder für eine Nutzungsänderung (Bistro) Anträge stellen müsse. „Beim Landratsamt sind bis heute weder Anträge eingegangen, noch ist eine weitere Bautätigkeit am Gebäude erkennbar, sodass keine weiteren Schritte eingeleitet wurden“, teilt das Landratsamt weiter mit.
Tatsächlich wurde das Walmdach provisorisch abgedichtet, im ersten und zweiten Obergeschoss sind weiße Kunststofffenster eingebaut worden – vermutlich Einheitsfenster, da diese zu klein für die Fensteröffnungen im zweiten Obergeschoss sind. So klaffen Löcher, wo Oberlichter sein sollten, und Regenwasser kann ungehindert eindringen. Außerdem entsprechen Kunststofffenster nicht den denkmalpflegerischen Vorgaben. Einige Fensteröffnungen im Erdgeschoss sind mit Brettern verschlossen.
Bis zu fünf Autos abgestellt
Bürgermeister Paul erklärte weiter, dass Anfang 2014 der Eigentümer alte Autos und Transporter, den Länderkennzeichen zufolge aus Rumänien und England, angeliefert hat. Einige sind aufgebockt, ab und zu werde an diesen nicht zugelassenen Fahrzeugen „herumgewerkelt“. Zeitweise standen bis zu fünf Autos um den Bahnhof herum.
Bürgermeister sieht Bahn in der Verantwortung
„Wir sind nicht gerade glücklich über diesen Zustand“, betonte Paul. „Es handelt sich jedoch um Privatgrund und eine gewisse Duldung muss möglich sein.“ Im Namen der Gemeinde habe er bislang nichts unternommen. Die kommunalen Abgaben bezahle der Eigentümer jedenfalls. Die Kommune fühle sich nur begrenzt verantwortlich, erklärt der Bürgermeister. Er hält die Bahn für zuständig, da die Schrottautos direkt am Gleiskörper stehen und zudem Kraftstoff austreten könnte.