»Bahnhof frühestens 2018 barrierefrei«, hieß es vor sechs Jahren im Lohrer Stadtrat. Doch Fehlanzeige. Auch in absehbarer Zeit wird sich dahingehend nichts ändern.
»Mittelfristig sehen wir keine Chance, dass Lohr barrierefrei ausgebaut werden kann« - das erklärte ein Bahnsprecher auf Anfrage unseres Medienhauses. Hingegen werden die Bahnhöfe Gemünden und Partenstein »schon bald barrierefrei ausgebaut«, teilte der Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann (CSU) kürzlich mit. Der Bund übernehme dort die Kosten komplett.
Demnach sind für den Bahnhof Gemünden die Modernisierung des Bahnsteigs und der Bau eines Aufzugs sowie einer Personenunterführung beschlossen. Voraussichtlich im Lauf des Jahres 2021 sollen alle Planungen abgeschlossen sein. Am Bahnhof Partenstein soll ein Aufzug gebaut werden. Die dafür notwendigen Planungen sollen im Lauf des Jahres 2020 abgeschlossen sein.
Der städtische Seniorenbeirat fordert schon lange Barrierefreiheit auch am Lohrer Bahnhof, der täglich laut Bahn von gut 1100 Fahrgästen genutzt wird. Doch die Stadt Lohr hat sich bisher vergeblich bemüht, bei der Barrierefreiheit im Bahnhof voranzukommen.
Stadt erhielt Absage
Man wollte in ein Investitionsprogramm für kleinere Bahnhöfe aufgenommen werden. »Leider erhielten wir für diese Bewerbung eine Absage«, sagt Rathaussprecher Dieter Daus. Und weiter: »Zur Frage des Zeithorizontes bis zur Barrierefreiheit des Lohrer Bahnhofes liegen uns derzeit keine näheren Informationen vor.«
Weitgehend offen ist derzeit auch, wann und wie es mit dem Lohrer Bahnhofsgebäude selbst vorangeht. Seit 2016 gehört es der Aedificia GmbH mit Sitz in Frankfurt. Diese hat mehrere Dutzend Bahnhöfe in ganz Deutschland von der Bahn gekauft.
Das Geschäftsmodell ist es, die Gebäude zu sanieren und mit neuem Leben zu erfüllen. Auch in Lohr wolle man den Bahnhof wieder zu einer Visitenkarte der Stadt machen, erklärte Geschäftsführer Stefan Steinert vor einem Jahr.
Doch seither ist das Vorhaben offenbar kaum vorangekommen. Man suche noch immer nach Mietern, so Steinert nun auf Anfrage der Redaktion. Ohne unterschriebene Mietverträge erhalte man von den Banken kein Kapital für Sanierung und Umbau. Die Kosten für eine umfangreiche Sanierung hatte Steinert vor einem Jahr auf einen mittleren bis höheren sechsstelligen Betrag geschätzt.
Größerer Umbau vom Tisch
Ursprünglich sah der Plan vor, das Obergeschoss des insgesamt 1300 Quadratmeter Nutzfläche bietenden Gebäudes in mehrere kleine Wohnungen aufzuteilen und diese etwa an anerkannte Flüchtlinge zu vermieten. Doch der größere Umbau sei aktuell vom Tisch, so Steinert. Als Grund nennt er baurechtliche Hürden, beispielsweise den großen Aufwand für ein von den Behörden gefordertes schallschutztechnisches Gutachten.
Man plane daher nun, die vorhandenen vier Wohnungen zu renovieren und zu vermieten, so Steinert. Falls sich für die ehemalige Bahnhofsgaststätte im Erdgeschoss kein Bäcker oder anderer Gewerbetreibender als Mieter finde, könne man auch dort eine Wohnung schaffen. Dass die Lage für Wohnzwecke nicht die attraktivste sein dürfte, ist Steinert bewusst: »Jeder will lieber in die Stadt.«
Derzeit gibt es in dem Gebäude nur einen Mieter: Christian Schürger betreibt im Erdgeschoss einen Ticketshop mit Kiosk. Diese Einrichtung soll laut Steinert auf jeden Fall erhalten bleiben. Er hofft, dass sich bald auch Mieter für die Wohnungen finden. »Sobald wir die haben, legen wir los.«
Dienstleister beauftragt
Fast schon etwas ungehalten reagiert Steinert auf Nachfragen zum aktuell wenig ansprechenden Umfeld des Bahnhofs. »Das ist mein Gelände, das geht niemanden etwas an«, sagt er zum Hinweis auf Müll und sonstige Ablagerungen. Er habe keine rechtliche Verpflichtung zur Reinhaltung des Geländes und sei auch nicht dafür da, den Müll wegzuräumen, den die Lohrer dort offenbar abstellten. Man habe einen Dienstleister der Bahn damit beauftragt, das Gelände in gewissen Abständen zu reinigen. Am Donnerstagmorgen lag aber immer noch Müll am Bahnhofsgebäude.
Zum Thema Sauberkeit erklärt die Bahn, man habe Anfang November zur Reinigung der Bahnsteige und Zuwegungen einen neuen Dienstleister beauftragt: »Hierbei kann es in der Übergangszeit eventuell zu Problemen gekommen sein. Sollte dies der Fall sein, bitten wir unsere Fahrgäste um Entschuldigung.«
Der Bahnhof samt Umfeld wurden vor einigen Jahren im städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) der Stadt Lohr angesprochen. Das Gelände präsentiere sich, heißt es darin, »in einem teils sanierungswürdigen, teils in einem beklagenswerten Zustand«. So ist es bis heute geblieben.