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MAIN-SPESSART
Bahnbrücken im Landkreis sind marode
Im Landkreis Main-Spessart ist kaum eine Eisenbahnbrücke ohne Mängel. Viele sind in einem bedenklichen Zustand und einige müssen sogar dringend ersetzt werden.
Hat „lediglich“ größere Schäden: Die über 30 Jahre alte Maintalbrücke für ICEs bei Langenprozelten.
Foto: Björn Kohlhepp | Hat „lediglich“ größere Schäden: Die über 30 Jahre alte Maintalbrücke für ICEs bei Langenprozelten.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 11.12.2019 15:02 Uhr

Vor lauter Gestrüpp ist es schwierig, die kleine Bahnbrücke am Fischgut Seewiese bei Schonderfeld überhaupt zu finden. Wenn man sich durchgekämpft hat, sieht man: Die ist in einem miserablen Zustand – so miserabel, dass sie ersetzt werden muss. Damit ist sie nicht allein. Anfragen der Grünen im Bundestag, die nun „Zeit online“ umfangreich ausgewertet hat, haben ergeben, dass Deutschlands Eisenbahnbrücken bröckeln. Fast ein Drittel der Brücken, über die tagtäglich Personenzüge fahren, haben massive Schäden, einige, wie die obige auf der Strecke der Saaletalbahn, sind sogar abrissreif. Demnach haben in Bayern 69 Prozent aller Bahnbrücken große bis sehr große Schäden oder müssen ersetzt werden.

Betrachtet man die Informationen, gibt es im Landkreis Main-Spessart nur ganz wenige Bahnbrücken, bei denen keine oder nur punktuelle (Zustandskategorie 1) Schäden bekannt sind. Der Großteil der Eisenbahnbrücken im Landkreis weist größere (Kategorie 2) oder umfangreiche (Kategorie 3) Schäden auf, die sich aber noch beheben lassen. Aber eine Handvoll Brücken, namentlich auf der Strecke der Saaletal- und der Werntalbahn, sind sogar so marode, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnt (Kategorie 4).

Die Brücken im Landkreis, die ersetzt werden müssen, liegen auf der Strecke der Saaletalbahn zwischen Schönau und Wolfsmünster und eben bei Schonderfeld, außerdem weitere drei auf der Strecke der Werntalbahn bei Stetten, Binsfeld und Heugrumbach. Eine sechste in Lohr, auf dem nicht mehr für den Personenverkehr genutzten Industriegleis ins Industriegebiet bei Wombach.

Ein Pressesprecher der Bahn, der nicht namentlich zitiert werden möchte, sagt auf Anfrage der Main-Post, dass in der Tat ein Sanierungsbedarf bestehe, vor allem weil von den 25 000 Brücken der Bahn bundesweit 10 000 älter als 100 Jahre seien. „Die Sicherheit der Brücken ist aber immer gewährleistet“, versichert er. Die Brücken würden mindestens alle drei Jahre geprüft und einmal pro Jahr bei einer Begehung in Augenschein genommen. Die 175 in Bayern nicht mehr wirtschaftlich zu reparierenden Brücken sollen in den kommenden 10 bis 15 Jahren ersetzt werden.

Main-Spessarter könnten künftig auch auf der Strecke Aschaffenburg–Würzburg von Reparaturarbeiten bzw. Bauarbeiten an neuen Brücken betroffen sein. So muss Richtung Aschaffenburg eine in Heigenbrücken sowie bis Aschaffenburg drei weitere ersetzt werden, weil sie so kaputt sind. Auf der Strecke nach Würzburg muss kurz vor und kurz nach Veitshöchheim je eine Brücke neu gebaut werden. Entlang der Schnellbahntrasse gibt es ebenfalls einige Brücken mit größeren oder gar umfangreichen Schäden. Drei Brücken bei Wiesenfeld und weitere im Sinngrund etwa finden sich in der Kategorie 2. Auch die vor über 30 Jahren fertig gestellte imposante Maintalbrücke in Langenprozelten, über die ICEs rauschen, weist größere Schäden auf. Die nächste ICE-Brücke Richtung Schaippach, die über die B 26, ist gar noch eine Kategorie schlechter eingestuft – dasselbe gilt für eine Schnellbahnbrücke bei Zellingen.

Nach Auskunft der Bahn müsse bei deutschlandweit rund 1200 Brücken dringend etwas getan werden – soll heißen: Sie müssen ersetzt werden. Der Sprecher spricht von einem „Investitionsrückstau“. „Das Thema Brücken ist nicht neu“, teilt er mit. Und: „Es ist unstrittig, dass nur eine deutliche Anhebung des Investitionsvolumens zur Stabilisierung des Gesamtzustands der Brücken beitragen kann.“ Statt der bisher 120 Brücken jährlich müssten eigentlich 250 im Jahr saniert werden. Der Bahnsprecher sieht hier den Bund in der Pflicht: „Die Wettbewerbsfähigkeit des Systems Schiene kann nur erhalten und gesteigert werden, wenn mehr Geld ins bestehende Netz investiert wird.“ Im Moment laufen Gespräche mit dem Bund über die weitere Finanzierung des bestehenden Eisenbahnnetzes. Derzeit stellt der Bund pro Jahr zusätzlich 250 Millionen Euro, insbesondere für den Erhalt und die Sanierung der Brücken bereit – zusätzlich zu dem jährlichen sogenannten Investitionsbeitrag von 2,5 Milliarden Euro.

Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen aus Schwaben, sieht im miesen Zustand vieler Brücken die Quittung für unterlassene Investitionen. Der Bund, so sagt er auf Anfrage, müsse dafür sorgen, dass die Mittel dahin fließen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Außerdem soll die Deutsche Bahn die Gewinne der Sparte DB Netz „vollständig ins Netz reinvestieren, anstatt diese beispielsweise auch für fragwürdige Auslandsgeschäfte aufzuwenden“.

Umfangreiche Schäden: Die Unterführung zum Parkplatz am Main in Gemünden.
| Umfangreiche Schäden: Die Unterführung zum Parkplatz am Main in Gemünden.
Muss weg: Wenn die Bahn sie findet, muss sie diese Brücke der Saaletalbahn bei Schonderfeld dringend ersetzen.
| Muss weg: Wenn die Bahn sie findet, muss sie diese Brücke der Saaletalbahn bei Schonderfeld dringend ersetzen.
 
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