Ist ein 33-jähriger Baumaschinenführer Täter oder "Opfer"? Dies zu beurteilen, sah sich Strafrichterin Maryam Neumann am Gemündener Amtsgericht auch nach mehr als einer Stunde Verhandlung nicht in der Lage. Angeklagt war der Mann wegen eines besonders schweren Falls von Diebstahl in Form eines Minibaggers im Wert von 15.000 Euro. Für die Richterin käme auch eine Verurteilung wegen Hehlerei in Betracht.
Alle wollen schnelle Internetverbindungen haben. So ist es kein Wunder, dass der Ausbau mit Glasfaserkabel schon seit Jahren boomt. Im Jahr 2019 war auch der Ausbau entlang der Kreisstraße zwischen Gössenheim und Gambach zu Gange. Eine Firma aus dem Landkreis war mit den Arbeiten betraut. Am 19. September 2019 zum Feierabend stellte die Firma nach Feierabend auf einem Feldweg ihren Minibagger ab. Als die Arbeiter am Folgetag gegen 8 Uhr zur Baustelle kamen, war der Bagger verschwunden.
Auf einer anderen Baustelle in Hammelburg wieder aufgetaucht
Erstmals wieder aufgetaucht ist der Bagger wohl im Oktober in Hammelburg. Dort war eine andere Firma im Auftrag von HAB-Net mit dem Internetausbau beschäftigt. Im Bereich des Schwimmbades konnten die Arbeiter ein städtisches Grundstück zum Abstellen ihrer Maschinen und Lagern von Material nutzen.
Und ab hier scheint die Geschichte dubios zu verlaufen. Der 33-jährige Angeklagte erläuterte, dass er in der betreffenden Woche für seine Firma in Hammelburg eingesetzt war. Auf besagtem Platz stand auch ein Minibagger. Von einem unbekannten Arbeiter, "der nicht gut Deutsch sprach", sei ihm der Bagger zum Kauf angeboten worden.
Da er in seinem Wohnort Arbeiten an seinem Wohnhaus auszuführen hatte, zeigte der Angeklagte Interesse. Allerdings war ihm der Kaufpreis von 12.000 Euro zu hoch. Schließlich einigten sich die Männer auf 8000 Euro in bar. Einen schriftlichen Kaufvertrag schlossen die beiden Geschäftspartner nicht. Auch hat der Angeklagte keinen Namen oder den einer Firma, geschweige denn eine Quittung. Lediglich der 33-jährige Projektleiter seiner Firma für die Arbeiten in Hammelburg, hat die Verkaufsverhandlungen mitbekommen und war zur Geldübergabe sowie die der Fahrzeugschlüssel als Zeuge hinzu gerufen worden.
Lange währte die Freude an dem Arbeitsgerät allerdings nicht. Der zur Fahndung ausgeschriebene Minibagger wurde durch einen anonymen Hinweis gemeldet und durch thüringische Polizeibeamte ausfindig gemacht und beschlagnahmt.
Wurde der Angeklagte selbst getäuscht?
Nun stand das Gericht vor der Frage, ob der Angeklagte mit dem Diebstahl des Baggers in Verbindung gebracht werden kann oder er "nur" auf einen betrügerischen Dieb hereingefallen ist, der ihm Hehlerware verkauft hat? Die Auswertung der Arbeitszettel durch Beamte der Polizeistation Gemünden hatte ergeben, dass der Mann in der Zeit, in der der Bagger in Gössenheim gestohlen worden ist, auf Baustellen im hiesigen Bereich eingesetzt worden war.
Ebenfalls im Oktober, in der Zeit, wo er den Bagger gekauft haben will. In diesem Punkt hatte der Mann für etwas Verwirrung gesorgt. In seiner ersten Vernehmung hatte er bei der Polizei Frühjahr 2020 angeben. Doch da war er auf anderen Baustellen in Nordbayern im Einsatz.
Der Verlauf der Verhandlung brachte Richterin Neumann schließlich dazu, den Angeklagten nicht nur wegen des Verdachts des Diebstahls, sondern auch noch wegen Hehlerei zu belangen. Dazu benötigt sie allerdings eine schriftliche Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft. Einer freiwilligen Erweiterung der Anklageschrift in dieser Verhandlung stimmte die Verteidigerin nicht zu. "Wir gehen sowieso von einem Freispruch aus", ließ sie das Gericht wissen. Nun muss die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln. Wenn sie genug Beweismaterial zusammen hat, will das Gericht einen neuen Verhandlungstermin ansetzen.