Generationenwechsel im Lohrer Stadtrat: Für die auf eigenen Wunsch aus dem Gremium ausscheidende Bärbel Imhof (60) rückte in der Sitzung am Mittwochabend Lena Werner in das Gremium nach. Die heute 34-Jährige war gerade einmal drei Jahre alt, als Imhof 1990 als erste Vertreterin der Grünen in den Stadtrat gewählt wurde.
Bürgermeister Mario Paul hob denn in seiner Abschiedslaudatio "die schiere Zahl an Jahren" hervor, in denen sich Imhof in verschiedensten Funktionen in der Stadtpolitik engagiert habe. So sei sie langjährige Fraktionsvorsitzende der Grünen, von 2008 bis 2012 zweite Bürgermeisterin und über all die Jahre Mitglied in verschiedensten Ausschüssen und Beiräten gewesen.
Grüne Pionierin
Imhof habe "Aufbauarbeit für die Partei der Grünen" geleistet, sagte Paul. Auch so manche Anfeindung habe Imhof nicht von ihrem politischen Weg abgebracht. Sie habe mit Fachkompetenz und Durchsetzungsvermögen "die Geschicke der Stadt wie kaum eine andere Person maßgeblich mitgeprägt" und deutliche Fußspuren hinterlassen. Dafür sprach der Bürgermeister Imhof seinen herzlichen Dank aus und überreichte ein Präsent.
Für die Fraktion der Grünen würdigte Clemens Kracht Imhofs "unerschöpflicher Energie und Überzeugungskraft". Sie habe von ihrem Elan über all die Jahre in der Stadtpolitik nichts verloren und "keine Diskussion gescheut". Gerade die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Stadtpolitik war Imhof nach Ansicht Krachts stets wichtig. Er hoffe, dass im Stadtrat wieder mehr öffentlich sichtbar diskutiert werde.
Als große Erfolge Imhofs listete Kracht unter anderem das erste und erfolgreiche Lohrer Bürgerbegehren im Jahr 1997 gegen ein Baugebiet in den Obstwiesen oberhalb Sendelbachs sowie die Arbeit am Stadtentwicklungskonzept auf. Imhof sei Mitgründerin der Lohrer Kinderlobby, aus der später der Waldkindergarten hervorgegangen sei. Außerhalb der Politik habe sie sich in der Begleitung sozial benachteiligter Menschen engagiert.
Nach Krankheit zurückgekehrt
Eine Krebserkrankung sei für Imhof 2012 ein großer Einschnitt gewesen. Sie sei deswegen vom Amt der Bürgermeisterstellvertreterin zurückgetreten, habe sich eine Auszeit genommen, sei danach jedoch mit "scheinbar nie zu Ende gehender Energie" zurückgekehrt. Wenn Imhof nun aus der Stadtpolitik ausscheide, sei dies ein trauriger Tag, so Kracht. Allerdings gönne man ihr die Zeit, die sie nun für sich selbst und andere Interessen habe.
Imhof hatte ihr Ausscheiden aus dem Stadtrat unter anderem damit begründet, dass sie einen Hofladen für den gemeinsam mit ihrem Mann geführten landwirtschaftlichen Betrieb eröffnen wolle. Dort sollen auch Gartenerzeugnisse verkauft werden. Für die Begleitung der Produktion schenkten die Grünen Imhof ein Set Gartengeräte.
Das letzte Wort gehörte schließlich Imhof selbst. Gleich zu Beginn ihrer Rede gestand sie, dass der Abschied aus dem Stadtrat für sie ein sehr emotionaler Moment sei. Jedoch empfinde sie bei allem Wehmut auch Stolz und Freude, so lange in der "Herzkammer" der Lohrer Stadtpolitik mitentschieden zu haben. Es sei ihr eine Ehre gewesen, einen Beitrag zur Stadtentwicklung leisten zu können, sagte Imhof.
Sie erinnerte sich an teils hitzige Debatten und auch daran, mitunter verspottet und belächelt worden zu sein. Wie Kracht kritisierte auch Imhof durch die Blume die in ihren Augen offenbar nicht genug ausgeprägte öffentliche Diskussion im Stadtrat. Durch Vorabsprachen in kleinen Zirkeln der Fraktionsvorsitzenden sollten "lästige Debatten verhindert" werden.
Imhof: Politik braucht Seele
"Politik braucht eine Seele und Leidenschaft", sagte Imhof, die mit leidenschaftlich vorgetragenen Beiträgen so manche Diskussion im Stadtrat befeuert hat. Bei allem Diskurs in der Sache sei es jedoch wichtig, dass sich Stadträte abseits der Politik auch menschlich austauschten. Sehr zu bedauern sei daher, dass die Corona-Pandemie seit zwei Jahren die sich früher an Stadtratssitzungen häufig anschließenden Treffen der Rätinnen und Räte im Wirtshaus verhindere.
Sie bedanke sich für eine spannende und aufregende Zeit im Stadtrat, in der sie "sehr viel gelernt und hoffentlich auch etwas bewegt habe", schloss Imhof ihre Rede, die Teile des Stadtrats mit stehenden Ovationen quittierten. Sodann musste Bärbel Imhof ihren Platz im Rat räumen. Ihn nahm nach der Vereidigung durch Bürgermeister Paul sogleich Lena Werner ein.